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Die Nazis bezeichneten lose Gruppierungen von Jugendlichen aus der Wandervogelbewegung als "wilde Jugendgruppen". Der Begriff "Edelweißpiraten" setzte sich vornehmlich für Jugendgruppen aus dem rheinisch-westfälischen Industriegebiet durch, die ab 1941/42 verstärkt auftraten. Dabei handelte es sich um mehrere tausend Jugendliche, die in der Regel aus dem Arbeitermilieu stammten. In kleineren Gruppen trafen sie sich regelmäßig außerhalb der Hitler-Jugend (HJ) in bestimmten Parks oder Stadtvierteln.
Nach ihrem Erkennungszeichen - einer Edelweißanstecknadel - wurden die verschiedenen "wilde Cliquen" offenbar von den Nationalsozialisten als "Edelweißpiraten" bezeichnet. Die Mitglieder dieser subkulturellen Jugendgruppen nannten sich selbst "Navajos" (Köln), "Fahrtenjungs" (Düsseldorf), "Ruhrpiraten" oder "Meuten" (Leipzig).
Freiheit statt Zwangscharakter, Drill und Militarisierung
Sie verbrachten zusammen ihre Freizeit beispielsweise bei gemeinsamen Zeltlagern in der Natur. Ihre Haltung gegenüber dem Regime war von wenigen Ausnahmen abgesehen unpolitisch. Im wesentlichen ging es ihnen - wie auch der "Swingjugend" - um die Schaffung eines Freiraums, der es erlaubte, eine eigene Jugendkultur und Identität auszuleben. Erst die Verfolgung durch staatliche Organe wie die Geheime Staatspolizei (Gestapo) drängte einzelne Gruppen in eine Protesthaltung und verursachte eine gewisse Politisierung.
Vom NS-Regime als "verlottert", "sittlich verwahrlost" und "kriminell" bezeichnet, lehnten sie vor allem den während des Zweiten Weltkriegs zunehmenden Zwangscharakter, den Drill und die wachsende Militarisierung der HJ ab.
Von der einheitlich uniformierten HJ hoben sich die "Edelweißpiraten" durch eine eigene Kluft - oft Skihemden, Wanderschuhe, Halstuch und kurze Lederhosen - ab. Auf ihren Wochenendausflügen, Fahrten und Wanderungen in das Umland der Großstädte kam es nicht selten zu handgreiflichen Auseinandersetzungen mit der HJ. Im Unterschied zu der strengen geschlechtlichen Trennung in Schule und HJ gingen bei den "Edelweißpiraten" Jungen und Mädchen gemeinsam auf Fahrt.
Sie versteckten Deserteure und verübten Attentate auf NS-Funktionäre
Die Nazis versuchten dem ein Ende zu bereiten. Jugendliche sollten zur besseren politischen Indoktrination möglichst alle in die Hitlerjugendbewegung gepresst werden. Mit steigendem Druck des Naziapparats und Verboten freier Organisationen wuchs der Widerstand. Am Anfang standen Schlägereien mit der verfeindeten HJ, später entwickelte sich militanter Widerstand. Sie versteckten Deserteure, Kriegsgefangene und Juden. Später verübten Edelweißpiraten Attentate auf NS-Funktionäre.
Eine der radikalen Gemeinschaften war die "Ehrenfelder Gruppe", benannt nach dem gleichnamigen Kölner Stadtteil. 1944 wurden 13 Edelweißpiraten von den Nazi-Machthabern in Köln-Ehrenfeld hingerichtet. Sie wurden erhängt. Bartholomäus Schink, das jüngste Opfer, war gerade mal 16 Jahre alt.
Der Kölner "Proletarische Widerstand" versteckte Juden und versorgte Zwangsarbeiter mit Nahrung
Während der etablierte, adelige Widerstand in Deutschland schon frühzeitig gewürdigt wurde, musste der Kölner Widerstand fast sechzig Jahre auf die Anerkennung als Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime warten. Die Widergutmachungsstelle in der Bezirksregierung Köln hatte nach dem Krieg Aussagen der Gestapo höher bewertet, als die von Verfolgten. Erst im Jahr 2003 hat der Kölner Regierungspräsident Jürgen Roters die Mitglieder der Edelweißpiraten als Widerstandskämpfer gewürdigt.
Roters betonte, dass es sich bei den vom NS-Regime Verfolgten nicht um Kriminelle gehandelt habe, sondern um politisch Verfolgte und Widerstandskämpfer. Gegenüber wdr.de sagte Roters, dass es wichtig sei, diese Gruppe des proletarischen Widerstands zu rehabilitieren. Und Roters weiter: Es müsse den Umständen Rechnung getragen werden, unter denen die Edelweißpiraten dafür gesorgt hätten, dass Juden versteckt wurden und Zwangsarbeiter Nahrung bekamen.
Der Film: Beratung durch einen Überlebenden der Gruppe
Ein Überlebender der Kölner Gruppe, Jean Jülich, beriet die Filmleute. Sie waren keine Helden, so Jülich, sondern Jugendliche, die sich ihr Handeln und Denken nicht vorschreiben lassen wollten. Doch in der Zeit der Diktatur ist jede Form von Protest gefährlich. 1944 wurde Jülich inhaftiert. Nach der Befreiung 1945 gelang es ihm, die schrecklichen Erfahrungen zu verarbeiten.
Der Film entstand frei nach tatsächlichen Ereignissen in Köln-Ehrenfeld im Herbst 1944: Köln, kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Stadt ist eine Trümmerwüste. Alle haben Angst, viele sind tot, die Unmenschlichkeit regiert.
Die jungen Edelweißpiraten in Köln verweigern sich den Nazis. Sie prügeln sich mit der HJ, schmieren Antikriegsparolen an die Wände. Karl ist Edelweißpirat, sein jüngerer Bruder Peter bei der HJ. Sie leben allein, ihre Mutter wurde bei einem Bombenangriff getötet, der Vater ist an der Front, der ältere Bruder Otto gefallen. Dessen Verlobte Cilly versucht, ihre Kinder durch den Krieg zu bringen, und Karl will ihr helfen. Bei ihr verbergen die Edelweißpiraten den verletzten KZ-Flüchtling Hans, in den Cilly sich verliebt. Als der Vater fällt, stößt auch Peter zu ihnen, in Hans findet er sein Idol. Einige der Jugendlichen planen mit Hans ein Attentat auf die Gestapo, Karl hingegen will nicht mitmachen. Die Pläne fliegen bei einer Razzia auf, nachdem der Ortsgruppenleiter erschossen wurde. Die Gestapo stürmt das Haus und findet zwei Jüdinnen und das Waffenlager. Cillys Befreiung scheitert, die meisten Edelweißpiraten werden gefasst.
Karl will Peter retten und verrät ihn… aus Liebe. Sie werden brutal gefoltert. Doch Peter will Hans nicht im Stich lassen, bis zum bitteren Ende. Denn Edelweißpiraten sind treu.
Regisseur Niko von Glasow: "Die Ereignisse, die im Film erzählt werden, haben stattgefunden, aber die Wirklichkeit war noch viel verrückter und komplexer. Wir haben einige Charaktere vermischt und einigen neue Namen gegeben. Aber Spielfilme müssen keine historische Wahrheit erzählen. Wichtiger war uns, dass der Film das für uns lebendig macht, was unsere Eltern und Großeltern erlebt haben."