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Gegen Privatisierung der Kultur

Kulturrat für Ausnahmen bei EU-Dienstleistungsrichtlinie

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Der Deutsche Kulturrat warnt vor der Umsetzung der geplanten EU-Dienstleistungsrichtlinie und fordert eine Ausnahmeregelung für den Kunst-, Kultur- und Medienbereich einschließlich des Films. Der Kulturbereich müsse von der Richtlinie ausgeschlossen werden, sagte Kulturrat-Geschäftsführer Olaf Zimmermann am Montag in Berlin. Es sei zu befürchten, dass ansonsten die bestehenden Qualitäts- und Sozialstandards unterlaufen werden könnten. Der Kulturrat kritisiert, dass in der geplanten Richtlinie Dienstleistungen des Bildungs- und Kulturbereiches, der audiovisuellen Medien und Dienstleistungen der Gebietskörperschaften, insbesondere der Kommunen, "wie Waren angesehen werden" und damit "in vollem Umfang den Marktgesetzen unterliegen, ohne dass ihr besondere Charakter oder ihr gesellschaftlicher Nutzen berücksichtigt würden".


Kernbestandteil der EU-Dienstleistungsrichtlinie ist das so genannte Herkunftslandprinzip. Das bedeutet, der Dienstleister unterliegt ausschließlich den Rechtsvorschriften des Landes, aus dem er kommt und nicht mehr denen, in dem er seine Dienstleistung erbringt.

Die Richtlinie soll den Dienstleistungsbereich im Binnenmarkt liberalisieren und den europäischen Markt stärker zusammenwachsen lassen. Die Besonderheiten der einzelnen Branchen finden dabei keine Berücksichtigung.

Eine rein marktbezogene Denkweise sei für kulturelle Güter nicht angemessen, meint der Kulturrat. Sie sei letztlich für die notwendige kulturelle Vielfalt schädlich. Diese Erkenntnis ist für den Rat der Grund für entsprechende Schutzklauseln und Sonderregelungen, so etwa auch für die Bemühung um eine Konvention zum Schutz kultureller Vielfalt: "zwar sind in Teilbereichen auch künstlerische Prozesse und Produkte Waren, aber es sind auch dann Waren eigener Art, deren kulturelle Bedeutung als werttragend und identitätsstiftend nicht durch eine Behandlung als bloßes Wirtschaftsgut in Frage gestellt werden darf".

Der Kulturrat schließt sich der Forderung des Europäischen Parlaments an, einen gesetzlichen Rahmen für "Dienstleistungen im allgemeinen Interesse" vorzuschlagen. Alle von der öffentlichen Hand geleisteten und finanzierten Dienstleistungen sollten ausdrücklich vom Anwendungsbereich der geplanten "Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt" ausgeschlossen werden. Diese Ausnahme solle auch öffentlich geförderte oder in Trägerschaft der öffentlichen Hand befindliche Kultureinrichtungen wie zum Beispiel Theater, Museen oder Musikschulen umfassen, die "Privatisierungstendenzen unterliegen" und von der Richtlinie "potenziell gefährdet" seien.

Die EU-Richtlinie fände "ohnehin Anwendung auf private Kultureinrichtungen - und seien auch es Scheinprivatisierungen der öffentlichen Hand", schreibt der Deutsche Kulturrat, sowie "auf die Tätigkeit von Künstlerinnen und Künstler sowie die Unternehmen der Kulturwirtschaft.

Die Einbeziehung audiovisueller und kultureller Dienstleistungen sowie der Filmförderung verbietet sich nach Auffassung des Kulturrats "schon aus Art. 151 des EG-Vertrags zur Wahrung und Förderung der kulturellen Vielfalt". Indem der Kommissionsvorschlag in Artikel 2 audiovisuelle und kulturelle Dienstleistungen nicht komplett ausschließe, unterlaufe er die Position der EU-Kommission im Zusammenhang mit den GATS-Verhandlungen, bei denen diese explizit nicht in den Angebots- bzw. Forderungskatalog einbezogen waren. Der Deutsche Kulturrat fordert deshalb, sämtliche audiovisuellen und kulturellen Dienstleistungen einschließlich der kollektiven Verwertung von Urheberrechten aus dem Geltungsbereich des Richtlinienvorschlag herauszunehmen.

Zu den kulturellen Dienstleistungen zählt auch die Tätigkeit von Verwertungsgesellschaften. Die Tätigkeit der Verwertungsgesellschaften ist in den einzelnen Mitgliedsstaaten der EU unterschiedlich geregelt. In einigen Staaten dürfen Verwertungsgesellschaften nur mit staatlicher Genehmigung und unter strenger staatlicher Aufsicht tätig werden. Dies gilt nach dem Wahrnehmungsgesetz auch für Deutschland. Nach der Dienstleistungsrichtlinie könnten dagegen, so der Kulturrat, Verwertungsgesellschaften aus allen Mitgliedsstaaten der EU in allen anderen Mitgliedsstaaten tätig werden, ohne der dortigen Staatsaufsicht unterworfen zu sein. "Die - im Interesse von Urhebern und Nutzern eingeführte - durch die staatliche Kontrolle garantierte Qualitätssicherung der Tätigkeit von Verwertungsgesellschaften würde damit beseitigt." Ebenso würden dadurch die nach deutschem Recht wichtigen sozialen und kulturellen Aufgaben der Verwertungsgesellschaften (vgl. §§ 7 S. 2 und 8 Wahrnehmungsgesetz) umgangen, kritisiert der Rat.

Nach Auffassung des Deutschen Kulturrats haben Kunst und Kultur einen Doppelcharakter. "Sie sind Wirtschaftsgüter aber auch kulturelle Güter, die von großer gesellschaftliche Bedeutung sind." Unter kultureller Daseinsvorsorge versteht der Deutsche Kulturrat "ein kontinuierliches flächendeckendes Kulturangebot in verschiedenen künstlerischen Sparten zu erschwinglichen Preisen mit niedrigen Zugangsschwellen". Der Deutsche Kulturrat befürchtet, dass bei der Anwendbarkeit der geplanten EU-Dienstleistungsrichtlinie auf den Kulturbereich, der "Ökonomisierung von Kunst und Kultur" weiterer Vorschub geleistet wird und die Qualität des künstlerischen und kulturellen Angebotes leiden würde.

Der Kulturrat verweist darauf, dass die Bewahrung und Förderung der kulturellen Vielfalt zu den Grundwerten der Europäischen Gemeinschaft zählt. Neben ihrer Festschreibung in Artikel 151 EG-Vertrag seien sie in Artikel 22 der Charta der Grundrechte der EU verankert und würden in der von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union noch zu ratifizierenden Verfassung an mehreren Stellen zu finden sein.

Nach dem so genannten Subsidiaritätsprinzip dürfe die Europäische Union in den Kulturbereich nur insoweit eingreifen, wenn dies zwingend erforderlich sei und die Mitgliedsstaaten den Bereich nicht besser regeln könnten. Die EU-Dienstleistungsrichtlinie würde insofern die Gestaltungsmöglichkeiten der Mitgliedsstaaten im Kulturbereich unzulässig einschränken. Da die Europäische Union im Kulturbereich nach Artikel 151 EG-Vertrag nur subsidiär handeln dürfe, würde eine Anwendung der EU-Dienstleistungsrichtlinie auf den Kulturbereich diesem Vertragsartikel zuwider laufen. "Die Bewahrung und Förderung der kulturellen Vielfalt" in den verschiedenen Mitgliedsstaaten seien Grundwerte und verbieten nach Auffassung des Kulturrats eine zentralisierte Kulturpolitik der Europäischen Union.

Ferner muss nach Auffassung des Deutschen Kulturrates bei komplexen freiberuflichen Dienstleistungen wie zum Beispiel Architekturdienstleistungen das Bestimmungslandprinzip erhalten bleiben, da nur so anerkannte Qualitätsstandards gesichert werden könnten.

Ebenso müssten erreichte Sozialstandards im Kulturbereich fortgelten, da sie wesentliche Voraussetzung für die Qualität künstlerischer Leistungen seien. Das kulturellen Leben in Deutschland zeichne sich nicht nur durch eine große Quantität und Vielfältigkeit des kulturellen Angebotes aus, sondern auch durch eine hohe Qualität. Diese dürfe durch die Einführung des Herkunftslandsprinzips nicht gefährdet werden.

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