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Verbraucherschutz

Bei Lebensmitteln wird gestrickst und getäuscht

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Die "Illusion", sämtliche Lebensmittel seien zu Discount-Preisen zu bekommen, beruht auf weit verbreiteter Verbrauchertäuschung. Das meint der Verbraucherzentralen-Bundesverband (vzbv). Anlässlich der Eröffnung der Internationalen Grünen Woche in Berlin kritisierte vzbv-Vorstand Edda Müller am Mittwoch, viele Kennzeichnungen hielten nicht, was sie versprechen. Eine steigende Zahl von Verbrauchern lege beim Lebensmittelkauf auf besondere Qualitäten Wert. Deshalb versuchten Warenhersteller die Verbraucher in die Irre zu führen. Den Verbrauchern zunehmend wichtige Aspekte seien beispielsweise eine sozial-, tier- oder umweltgerechte Herstellung. Auch Herkunft und regionale Verankerung zählten dazu. Vor allem bei den beiden letzten Kriterien sowie bei der Tierhaltung werde getäuscht, so der Verbraucherzentralen-Bundesverband.


Über die Anbau- und Produktionsbedingungen für Mensch und Natur seien die Verbraucher noch viel zu wenig informiert, als dass in diesen Bereichen schon so umfassend getäuscht werde.

Viele Bezeichnungen seien nicht geschützt oder definiert, so Verbraucherschutz-Chefin Müller. Produktnamen seien oft missverständlich und Verbraucher würden "sysematisch in die Irre geführt". So gebe es "Wildwasserlachse", die in Käfigen, jedoch in "wildem" Wasser gezüchtet würden. Für den "kontrollierten Anbau" einer Pflanze reiche es, sie großflächig geplant anzubauen. Ähnlich würden Produkte, die mit den Bezeichnungen "kontrollierte Tierhaltung" oder "bäuerliche Aufzucht" Werbung machten, den Hersteller zu überhaupt keinen Leistungen verpflichten. Jenseits von Geflügel gebe es so gut wie keine Normen für die Tierhaltung, betonte ein Verbraucherzentralen-Sprecher.

Bei den Herkunftsangaben wird in "geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.)", "geschützte geografische Angabe (g.g.A.)" und "garantiert traditionelle Spezialität (g.t.S.)" unterschieden. Die erste davon ist laut Müller "die wahrhaftigste", weil sowohl die Erzeugung, als auch die Herstellung und die Verarbeitung eines Agrarproduktes an einen bestimmten Ort gebunden sei. Dazu zählten auch die die Rohwaren, wie beispielsweise die Milch für einen Käse.

Bei der Bezeichnung "g.g.A." müsse mindestens eine Verbindung zwischen dem namensgebenden Gebiet und einer Produktionsstufe bestehen. Die Produkte müssten in dem Gebiet erzeugt und/oder verarbeitet und/oder hergestellt werden. Eine Beziehung zwischen namensgebender Region und Endprodukt sei nicht zwingend gegeben.

Die Bezeichnung "g.t.S." beziehe sich nicht auf einen geografisches Gebiet, sondern auf die traditionelle Zusammensetzung eines Produkts und/oder ein traditionelles Herstellungs- und/oder Verarbeitungsverfahren. Hierbei sei ganz egal, in welchem EU-Land dies geschehe, so die Verbraucherschützer. Als besonders bizarres Beispiel führen die Verbraucherschützer den "Mozzarella" an, der mit besagtem "g.t.S." bezeichnet sei. Er sei traditionell aus Büffelmilch und von Hand in Italien hergestellt worden. Das Original mache jedoch nur noch 15 Prozent der gesamten "Mozzarella"-Produktion aus. Die "handelsübliche Standardware" werde nahezu vollautomatisch aus Kuhmilch hergestellt. Trotzdem scheine der Käse dank seiner Verpackung eine italienische Spezialität zu sein, auch wenn er aus einem norddeutschen Milchwerk komme.

Kriterien des fairen Handels würden dagegen kaum genutzt um irreführend Werbung zu betreiben, meint der Verbraucherzentrale Bundesverband. "Es herrscht keine Transparenz über die Herstellungsbedingungen in diesem Bereich. Der Käufer weiß nicht, ob bei der Produktion eines Fußballs Kinderarbeit im Spiel war oder ob ein T-Shirt in offenenen Bottichen mit Chemikalien gebleicht wurde."

Verbraucherzentralen-Vorstand Müller sieht Handlungsbedarf bei Verbraucher- und Landwirtschaftsministerin Renate Künast (Grüne). Da die Bezeichnungen "g.U.", "g.g.A." und "g.t.S." EU-Richtlinien seien, müsse die deutsche Bundesregierung diese Themen "in Brüssel" zur Sprache bringen. Es sei auf jeden Fall "mehr Wahrhaftigkeit auf dem Lebensmittelmarkt" nötig. Die deutschen Bundesländer müssten solche Missstände "kontrollieren und sanktionieren".

Denn auch Produkte, die negativ aufgefallen sind, werden nicht unbedingt aus dem Handel genommen. Die Initiative "Slow Food" Deutschland berichtete von einer Aktion, bei der die Magazine "Stern" und "Merum", das ZDF und das Slow-Food-Magazin 2004 zusammen einen unabhängigen Test von 18 Ölen in Auftrag gegeben hatten. Die Öle waren als "extra vergine" (extra nativ) gekennzeichnet. Die Prüfung konnte diese Bezeinung bei nur zwei der Öle bestätigen. Bei einigen handelte es sich sogar um "nicht handelsfähiges Lampant-Öl". Diese Produkte seien trotzdem weiterhin im Handel erhältlich. Ganz im Gegenteil: Wie "Merum" in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, geht einer der betroffenen Hersteller jetzt juristisch gegen das Analyse-Labor vor. Was ein gerichtlicher Erfolg für den Hersteller bedeuten würde, hat das Magazin in einem Satz zusammengefasst: "Damit würde der einzige Weg, der Öffentlichkeit reinen Wein über Olivenöl einzuschenken, verschüttet."

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