Die Experten des Institutes haben sich in dem Projekt mit den rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen beschäftigt. Jetzt liegt der Projektbericht vor und zugleich sind die Ergebnisse der Forschungsarbeit in einer Broschüre veröffentlicht worden. Die wichtigste Ursache für den Verlust von Agrobiodiversität sei laut Bericht die moderne "Hochleistungs-Landwirtschaft", die vor allem auf einen kurzfristigen Ertrag ausgerichtet ist.
Die Risiken dieser industrieller Agrarproduktion würden hingegen nicht ausreichend berücksichtigt: Wenn nur wenige Sorten und Rassen die landwirtschaftliche Nutzung dominieren, werden unter anderem die genetischen Grundlagen für die Züchtung zerstört. "Damit gehen zukünftige Optionen für die Ernährungssicherung verloren. Die verschiedenen Möglichkeiten sind jedoch notwendig, um den sich wandelnden Umweltbedingungen und Bedürfnissen gerecht zu werden", gibt Ruth Brauner, Biologin im Forschungsbereich "Biodiversität, Ernährung & Landwirtschaft" zu bedenken. Lebensmittelverarbeitung und Handel, die sich auf immer weniger Unternehmen konzentrieren und gängige Abnahmepraktiken förderten ebenfalls die Standardisierung in der Landwirtschaft und damit die Monotonie auf Feldern und Weiden, so ein weiteres Ergebnis der Studie.
Auch die bestehende Gesetzgebung und Förderpraxis leisteten einförmigen Zuchtzielen und einer starken Ertrags- und Leistungsorientierung Vorschub, die sich nachteilig auf die landwirtschaftliche Vielfalt auswirkten. Zwar sei die Förderung der Diversität zumindest im Tierzuchtgesetz als Ziel genannt, es fehle aber an wirksamen Politikinstrumenten, dieses Ziel auch umzusetzen. "Bisher gibt es kaum politische Instrumente, um den Verlust der Agrobiodiversität zu verhindern und die landwirtschaftliche Vielfalt aktiv zu entwickeln", sagt die Juristin Miriam Dross.
Erste Ansätze fänden sich in den Fachprogrammen zum Erhalt pflanzen- und tiergenetischer Ressourcen, die 2005 nun endlich auch durch ein Förderprogramm unterlegt werden sollen. "Die EU hat sich verpflichtet, den Verlust von Biodiversität bis 2010 zu stoppen - dies schließt die landwirtschaftliche Biodiversität ein. Die Agrarwende muss hierzu aktiv beitragen", fordert Franziska Wolff, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Öko-Instituts. Ein wichtiger Schritt auf politischer Ebene wäre es, Vorsorge- und Verursacherprinzip auch im Bereich der Tier- und Pflanzenzucht zu stärken. Als anerkannter Grundsatz der deutschen Umweltpolitik fordert das Vorsorgeprinzip ein vorbeugendes Handeln vor allem dann, wenn wissenschaftliche Unsicherheiten bestehen und nicht umkehrbare Folgen zu befürchten sind - wie es im Bereich der Agrobiodiversität der Fall ist.
Weitere Handlungsstrategien für mehr Vielfalt sind im Einzelnen in der Broschüre "Agrobiodiversität" zusammengefasst. Das Projekt "Agrobiodiversität entwickeln!" wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Förderschwerpunkt "Sozial-ökologische Forschung" gefördert. Das Projektteam bestand aus dem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), dem Öko-Institut e.V., der Schweisfurth-Stiftung, dem Landesumweltamt Brandenburg, dem Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin und der Projektkoordination Tiergesundheit und Agrobiodiversität.