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1000 Patente menschlicher Gene

Bundestag beschließt Gesetz zur Umsetzung der EU-Biopatentrichtlinie

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Nach jahrelangen Diskussionen hat der Bundestag am Freitag das Gesetz zur Umsetzung der EU-Biopatentrichtlinie in nationales Recht beschlossen. Mit den Stimmen von Rot-Grün und Union billigte das Parlament einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace protestierte vor dem Bundestag mit in Eisblöcken eingefrorenen Babypuppen gegen die Entscheidung. "Seit 1999 hat das Europäische Patentamt (EPA) in München über 1000 Patente auf menschliche Gene vergeben", unter anderem das so genannte "Babypatent" (EP 1121015) im November 2003", schreibt die Organisation. Neben einem Verfahren zum Tiefkühlen von menschlichen Eizellen, Sperma und Embryonen umfasse das Patent "die Embryonen selbst".


Ziel der Richtlinie seien EU-weit harmonisierte Regelungen für die Patentierung von biotechnologischen Innovationen, schreibt die Nachrichtenagentur ddp. Mit der Umsetzung in deutsches Recht werde ermöglicht, dass Patente auch für Erfindungen erteilt werden könnten, die biologisches Material betreffen. Klarer als bisher würden zudem Patentierungsverbote im Zusammenhang mit biotechnologischen Erfindungen festgeschrieben.

Greenpeace betonte, die heute zur Abstimmung stehende Gesetzesvorlage schränke zwar Patente in Deutschland ein, die menschliche Gene betreffen. "Sie hat aber keinen Einfluss auf die weitreichenden Patentvergaben des Europäischen Patentamts". Greenpeace fordert die Bundesregierung auf, sich in Brüssel für ein europäisches Verbot der Patentierung von Genen und Lebewesen einzusetzen.

"Die Bundesregierung hat sich bis heute nicht für die dringende Neuverhandlung der europäischen Patentrichtlinie eingesetzt", sagte Christoph Then von Greenpeace, in Berlin. "Inzwischen schafft das Europäische Patentamt weiter Fakten. Stück für Stück erfolgt der Ausverkauf des menschlichen Erbgutes und der belebten Natur. Die Bundesregierung macht sich mitschuldig an dieser ethisch unerträglichen Entwicklung."

Greenpeace begrüßt, dass der Bundestag die Bundesregierung heute in einem begleitenden Antrag auffordern wird, sich für notwendige Änderungen des Patentrechtes in Brüssel einzusetzen. Die französische Regierung habe die Reichweite von Patenten auf Gene bereits klar begrenzt. Die deutsche Gesetzesvorlage sei diese Woche noch "nachgebessert" worden, so dass sie Patente auf menschliche Gene, die in Deutschland erteilt werden würden, auf einzelne technische Anwendungen einschränke.

Greenpeace geht davon aus, dass neben Frankreich und Deutschland auch weitere EU-Länder Maßnahmen ergreifen werden, um die Reichweite von Patenten einzugrenzen. "Mit den zu erwartenden Beschlüssen des Bundestags gerät die Europäische Kommission weiter unter Druck. Das deutsche Patentgesetz ist eine eindeutige Aufforderung, die europäischen Patentgesetze grundlegend zu korrigieren", erklärt Then.

Bleibt das Europäische Patentamt frei von politischen Einschränkungen?

Der deutsche Gesetzentwurf schafft nach Einschätzung von Greenpeace allerdings eine große Grauzone: Es fehlten Regelungen zur Überprüfung von Patenten, die bereits erteilt wurden. Unklar sei auch, inwieweit Patente, die das Europäische Patentamt erteile und die auch für Deutschland gelten, überhaupt vom neuen Patentgesetz betroffen seien.

Greenpeace hält es grundsätzlich für einen schweren und folgenreichen Fehler, dass das novellierte Patentgesetz erstmals Patente auf Pflanzen und Tiere ausdrücklich erlaubt – das Bundesministerium für Justiz hatte alle Änderungsanträge blockiert. Die Umweltschutzorganisation fordert ein generelles Verbot der Patentierung von Genen und Lebewesen.

Regierung: "Nicht der Weisheit letzter Schluss"

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) verteidigte zugleich die EU-Biopatentrichtlinie gegen "zum Teil sehr emotionale Kritik", die weitgehend ungerechtfertigt sei. Die Richtlinie weite das Patentrecht nicht aus, sondern schränke es "auch und gerade aus ethischen Gründen" ein. Allerdings könne die Richtlinie "nicht der Weisheit letzter Schluss bleiben". Deshalb werde die Bundesregierung die Aufforderung des Parlaments sehr ernst nehmen, sich EU-weit für eine Verbesserung einzusetzen.

Moralische und wirtschaftliche Fragen

Der CDU-Abgeordnete Norbert Röttgen betonte, das Thema werfe zahlreiche grundsätzliche Fragen sowohl moralischer als auch wirtschaftlicher, rechtlicher und forschungspolitischer Art auf. Dabei werde das Gesetz seiner Auffassung nach den Anforderungen gerecht. Moralisch gesehen gehe es insbesondere um den "Schutz vor Patentierung". Dabei sei in dem Gesetz ausdrücklich geregelt, dass der menschliche Körper "in all seinen Teilen nicht patentfähig ist".

Sind Stoffpatente forschungsfeindlich?

Grünen-Fraktionsvize Reinhard Loske begrüßte, dass Stoffpatente auf menschliche Gene oder Gensequenzen mit dem Bundestagsbeschluss klar eingeschränkt würden. Zugleich habe das Parlament festgestellt, "dass auch für tierische und pflanzliche Gene in Zukunft kein umfassender Stoffschutz mehr gewährt wird". Loske verwies zudem darauf, dass sich "großzügige Stoffpatente auf Gene" forschungsfeindlich auswirken könnten, weil sie Wissenschaftler von Forschungen an bereits patentierten Genen abhalte.

Die FDP-Parlamentarierin Sibylle Laurischk kritisierte, dass die Richtlinie mit dem Gesetz nicht "eins zu eins" umgesetzt werde. Eine solche Umsetzung hätte bedeutet, ein Stoffpatent auf eine DNA-Sequenz ohne Beschränkung auf die konkrete Anwendung zu erteilen. Im Gegensatz zum ursprünglichen Regierungsentwurf habe sich die Koalition aber nun auf eine solche Beschränkung verständigt.

Der Bundesrat wird sich voraussichtlich am 17. Dezember mit der Vorlage befassen. Das Gesetz bedarf allerdings nicht der Zustimmung der Länderkammer.

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