DIE Internet-Zeitung
Modell von CDU & CSU

Das solidarische Gesundheitsprämienmodell der Union

Am

ngo-online dokumentiert das Konzept der CDU/CSU-Bundestagsfraktion "Reform der gesetzlichen Krankenversicherung – Das solidarische Gesundheitsprämienmodell der Union" vom 15. November 2004 im Wortlaut.


Reform der gesetzlichen Krankenversicherung – Solidarisches Gesundheitsprämien-Modell

I. CDU und CSU: Den Wandel im Gesundheitsbereich gestalten - Zukunft für alle gewinnen Angesichts des medizin-technischen Fortschritts und der demographischen Entwicklung sowie der erheblichen Unwirtschaftlichkeit des deutschen Gesundheitswesens konnten die im Rahmen vieler Gesundheitsreformen eingeleiteten Maßnahmen stets nur für kurze Zeit sicherstellen, dass der Problemdruck im System der gesetzlichen Krankenversicherung beherrschbar blieb.

Wenn die deutsche Politik den Weg des Reformstillstands fortsetzt, führen die beschriebenen Entwicklungen in Zukunft zu dramatisch steigenden Ausgaben im Gesundheitsbereich. Gleichzeitig wird die Einnahmebasis durch die demographische Verschiebung und den massiven Verlust von Arbeitsplätzen schwinden, wobei der Arbeitsplatzabbau wiederum durch steigende Krankenversicherungsbeiträge mit verursacht wird.

So drohen in Zukunft ohne grundlegende Änderungen in noch stärkerem Maße als bisher Budgetdefizite der Krankenversicherungen. Eine Reform allein im bestehenden System wird in Zukunft nicht ausreichen.

Damit bleibt bei einer im Wesentlichen unveränderten Finanzierung die politische Alternative, entweder die Lohnzusatzkosten steigen zu lassen und damit weitere Arbeitsplätze zu gefährden, oder aber Leistungen zu kürzen und eine Verschlechterung der Versorgung hinzunehmen.

Beide Wege sind für CDU und CSU nicht akzeptabel – Auch die Bürgerversicherung ist kein Beitrag zur Lösung der Probleme, da sie die Eigenverantwortung aufhebt und Wettbewerb im Versicherungsbereich verhindert.

Steigende Beitragssätze machen Arbeitsplätze teurer und verschlechtern damit die Chancen unseres Landes im globalen Standortwettbewerb. Sie vergrößern zudem den Abstand zwischen Brutto- und Nettolöhnen und erhöhen damit den Druck in die Schwarzarbeit. Das zerstört Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung in Deutschland. Leistungskürzungen und eine Verschlechterung der Versorgung führen zu einer Zwei-Klassen-Medizin. Das trifft vor allem diejenigen, die die Kosten ihrer Krankheit nicht aus eigener Kraft tragen können.

Deshalb wollen CDU und CSU ein neues, zukunftsfähiges System der gesetzlichen Krankenversicherung. Nur so können wir Spitzenmedizin für alle sichern, neue Arbeitsplätze schaffen und die Wachstumschancen des Gesundheitssektors ausschöpfen.

II. Gesundheitspolitische Leitsätze von CDU und CSU Für CDU und CSU gelten dabei folgende gesundheitspolitischen Leitsätze:

  • Wir wollen auch in Zukunft Spitzenmedizin für alle, die unabhängig vom Einkommen und Alter jedem zugute kommt.
  • Wir wollen eine Gesundheitsfinanzierung, die niemanden überlastet und die solidarische Gerechtigkeit für Geringverdiener und sozial Schwache gewährleistet. Es muss auch künftig einen sozialen Ausgleich zwischen gesunden und kranken Menschen, Beziehern höherer und niedriger Einkommen sowie zwischen Alleinstehenden und Familien geben.
  • Wir wollen ein Gesundheitssystem, das der überragenden Bedeutung von Kindern für die Zukunft der Gesellschaft gerecht wird. Deshalb sollen Kinder beitragsfrei mitversichert sein. Ziel ist, die Beitragsfreiheit von Kindern durch die Allgemeinheit aus Steuermitteln zu finanzieren. Bis dieses Ziel erreicht ist, werden als Zwischenfinanzierung auch Arbeitgeberbeiträge eingesetzt.
  • Wir wollen eine Gesundheitsfinanzierung, in dem die Gesundheitskosten transparenter werden.
  • Wir wollen eine Gesundheitsfinanzierung, die zu mehr Wettbewerb zwischen den Kassen und Versicherungen um die Versicherten führt. Mehr Wettbewerb bedeutet mehr Wirtschaftlichkeit und deshalb geringere Kosten für die Versicherten.
  • Wir wollen eine Gesundheitsfinanzierung, die eine möglichst weitgehende Abkopplung der Gesundheitskosten von den Lohnkosten erreicht. Dies beinhaltet immense positive Effekte sowohl für die Arbeitnehmer wie für die Arbeitgeber: - Für die Arbeitnehmer wird mehr Leistungsgerechtigkeit geschaffen. Denn die Abkopplung der Gesundheitskosten von den Lohnkosten beim Arbeitnehmer bedeutet, dass der Anreiz zu Mehrarbeit steigt, weil vom Zuverdienst netto mehr übrig bleibt. Das ist ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen Schwarzarbeit.
  • Für die Arbeitgeber steigt der Anreiz, Arbeitsplätze zu schaffen, denn die Lohnnebenkosten werden begrenzt.
  • Wir wollen eine Gesundheitsfinanzierung, die durch Wettbewerb, Transparenz und Abkopplung von den Lohnkosten die großen Chancen des Gesundheitssektors als Wachstumsbranche nutzbar macht, anstatt sie zu bremsen und zu verhindern.
  • Wir wollen eine Gesundheitsfinanzierung, die die Einnahmen im Gesundheitsbereich stabilisiert und damit bei den Krankenkassen zumindest zum Teil die höheren Belastungen durch den demographischen Wandel auffängt.

III. Eckpunkte der Reform der gesetzlichen Krankenversicherung – für ein solidarisches Gesundheitsprämien-Modell Zur Umsetzung ihrer gemeinsamen gesundheitspolitischen Leitsätze gehen CDU und CSU von folgenden Eckpunkten aus:

Wir führen ein solidarisches Gesundheitsprämien-Modell ein, bestehend aus einer persönlichen Gesundheitsprämie und einer Arbeitgeberprämie, die zusammen eine Gesamt-Gesundheitsprämie ergeben.

1. Persönliche Gesundheitsprämie Die persönliche Gesundheitsprämie beträgt für jeden Erwachsenen auf heutiger Basis monatlich 109,-- Euro. Für Kinder wird keine eigene Gesundheitsprämie erhoben. Die Versicherten zahlen jeweils 7 Prozent ihres Einkommens bezogen auf eine persönliche Gesundheitsprämie von maximal 109,-- Euro. Bei einem Einkommen von 1.000 Euro monatlich beträgt die Zahlung des Versicherten an die Krankenversicherung also 70,-- Euro. Kleinere Einkommen zahlen damit auch in Zukunft geringere Beträge als mittlere und größere Einkommen. Alle Versicherten, die heute über die persönliche Gesundheitsprämie hinausgehende Beiträge zahlen, werden in Zukunft gegenüber dem bisherigen System entlastet. Das schafft mehr Anreize für Arbeit und Wachstum und größere Spielräume für die Eigenvorsorge der Menschen.

Für Versicherte, bei denen die persönliche Gesundheitsprämie 7 Prozent des Einkommens übersteigt, wird der Differenzbetrag direkt im automatisierten Verfahren unter Zugriff auf das Sondervermögen an die jeweilige Krankenkasse entrichtet.

Sind Ehepartner ohne eigenes Haushaltseinkommen vorhanden, wird das gemeinsame Haushaltseinkommen herangezogen, um ein Überschreiten der Belastungsgrenze zu vermeiden.

Bisher freiwillig in der GKV Versicherte können sich auch zukünftig in der GKV versichern. Soweit für sie keine Arbeitgeberprämien geleistet werden, ist für sie ihre persönliche Gesundheitsprämie identisch mit der Gesamt-Gesundheitsprämie. Es gilt ebenfalls eine ihren heutigen Belastungen entsprechende Belastungsgrenze.

2. Arbeitgeberprämie Die bisher dynamischen Arbeitgeberbeiträge werden grundsätzlich auf 6,5 Prozent des beitragspflichtigen Einkommens festgeschrieben. Die Arbeitgeberbeiträge bleiben damit fester Lohnbestandteil, werden aber von der künftigen Ausgabendynamik aus Demographie und medizinisch-technischem Fortschritt abgekoppelt. Das verbessert die Anreize für die Arbeitgeber, Arbeitsplätze zu schaffen.

Der festgeschriebene Arbeitgeberanteil und die Beiträge der Sozialversicherungsträger zur Krankenversicherung fließen künftig an ein Sondervermögen.

Aus dem Aufkommen dieser Arbeitgeberanteile wird der Solidarausgleich für Versicherte, bei denen die persönliche Gesundheitsprämie 7 Prozent des Einkommens übersteigt, finanziert. Dies führt dazu, dass für jeden Versicherten bei der Versicherung die persönliche Gesundheitsprämie ankommt, der einzelne Versicherte aber nur bis zur Belastungsgrenze von 7 Prozent herangezogen wird.

Aus dem Sondervermögen wird im Übrigen die Arbeitgeberprämie an die Kassen gezahlt. Dazu werden die zur Verfügung stehenden Mittel pro Versichertem in einheitlichen Beträgen an die Kassen abgeführt. Im Ergebnis ist gewährleistet, dass die Kassen einheitliche Beträge pro Versicherten erhalten, die der Höhe der durchschnittlichen Gesundheitskosten der jeweiligen Kasse entsprechen. Durch das Heranziehen des Arbeitgeberbeitrags wird der Solidarausgleich innerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert.

3. Gesamt-Gesundheitsprämie Aus der persönlichen Gesundheitsprämie und der Arbeitgeberprämie wird eine Gesamt-Gesundheitsprämie gebildet. Sie ist ein einheitlicher Betrag, den die Kassen für jeden Versicherten unabhängig von dessen Einkommen, Alter, Gesundheit, Geschlecht oder Familienstand erhalten. Diese Prämie entspricht den durchschnittlichen Ausgaben der jeweiligen Kasse pro Versichertem. Auf heutiger Basis betragen die Gesundheitskosten pro Versichertem durchschnittlich monatlich 169 €.

Damit ist in Zukunft ein Versicherter mit 1.000 Euro Monatseinkommen für die Versicherungen ein gleich guter Kunde wie ein Versicherter mit 3.500 Euro Monatseinkommen. Dies ist die Voraussetzung für mehr Wettbewerb der Versicherungen um die Versicherten. Darüber hinaus kann dadurch die aufwendige Bürokratie des Risikostrukturausgleichs für unterschiedliche Einkommensstrukturen bei den Versicherten entfallen.

Durch die Gesamt-Gesundheitsprämie werden insbesondere die Arbeitnehmer mit mittleren Einkommen gegenüber dem heutigen System im erheblichen Umfang entlastet.

4. Prämienfreie Mitversicherung der Kinder Die Kinder der gesetzlichen Krankenversicherten zahlen keine eigene Gesundheitsprämie. Da Kinder die Voraussetzung für die Fortführung des Solidarsystems in unserer Gesellschaft in der Zukunft sind, soll die Mitversicherung aller Kinder – einschließlich der Privatversicherten - von der Allgemeinheit getragen werden. Ziel ist es deshalb, die Kosten für die Finanzierung der Mitversicherung der Kinder auf alle Generationen umzulegen und aus Steuermitteln, zu denen alle Bürger nach ihrer Leistungsfähigkeit beitragen, zu finanzieren. Dazu soll eine Absenkung des Spitzensteuersatzes von 42 Prozent auf 39 Prozent statt wie bisher vorgesehen auf 36 Prozent erfolgen. Zum Zeitpunkt der Umstellung wird die sich daraus ergebende Steuereinnahme festgelegt und eine notwendige Zwischenfinanzierung für die beitragsfreie Mitversicherung der Kinder durch Arbeitgeberbeiträge gesichert. Zusätzlich soll zum Zeitpunkt der Umstellung geprüft werden, welche steuerlichen Mittel im Rahmen des Steuerkonzepts von CDU/CSU zur Verfügung stehen. Die Finanzierung der Kinder wird in einem Leistungsgesetz festgeschrieben.

Abgesehen von der geringeren Absenkung des Spitzensteuersatzes wird das Merz-Faltlhauser-Steuerreformkonzept nicht verändert. Die Steuersätze werden gesenkt, die5

Steuervereinfachungen bleiben erhalten. Die Union bleibt damit Steuervereinfachungs- und Steuersenkungspartei.

5. Einstieg in eine zukunftsfeste Gesundheitsfinanzierung Mit der Einführung des solidarischen Gesundheitsprämien-Modells bietet sich darüber hinaus die Möglichkeit, in einem weiteren Schritt kapitalgedeckte Vorsorgeelemente einzuführen. Dazu können auch Beträge aus dem Sondervermögen verwendet werden.

IV. Wettbewerb zugunsten der Patienten und Versicherten schaffen Wir schaffen mit unserer Reform einen echten Wettbewerb der Kassen um die Versicherten. Die Krankenkassen müssen wesentlich stärker als bisher wettbewerbsorientiert arbeiten und den Wünschen der Versicherten entsprechende unterschiedliche Tarife anbieten. CDU und CSU wollen darüber hinaus den Wettbewerb zugunsten der Patienten und Versicherten auch auf der Seite der Anbieter von Gesundheitsleistungen, bei den Ärzten, Krankenhäusern, Arzneimittelherstellern und Apotheken stärken.

  • Im deutschen Gesundheitssystem ist der Wettbewerb auf Seiten der Anbieter wie auf Seiten der Kostenträger sehr stark eingeschränkt. Vorrangig muss der Wettbewerb im gesamten System deutlich verstärkt werden. Durch mehr Wettbewerb können die Qualität der Versorgung gesteigert und zusätzliche Effizienzpotentiale erschlossen werden. Dies gilt für die Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen, aber auch für den Wettbewerb der Kassen und Versicherungen untereinander, sowohl innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung und der privaten Krankenversicherung wie auch zwischen diesen beiden Systemen.
  • Wir wollen durch zielgerichtete Maßnahmen die Defizite bei der Versorgung der gesetzlich Versicherten mit dem Ziel beseitigen, vorhandene Über-, Unter- und Fehlversorgungen im Bereich der GKV abzubauen. Dies kann am ehesten dadurch erreicht werden, dass der Wettbewerb in allen Versorgungsbereichen durch eine weitgehende Liberalisierung des Vertragssystems ausgeweitet wird.
  • Besonders im ambulanten Bereich ist eine flexiblere Vertragsgestaltung dringend zu empfehlen. Dabei sind auch die künftige Rolle der Kassenärztlichen Vereinigungen, die Ausgestaltung der fachärztlichen Versorgung und die Verantwortlichkeit für den Sicherstellungsauftrag nach zeitgemäßen Erfordernissen präzise zu definieren und festzulegen.
  • Eine flexiblere Vertragsgestaltung sollte auch im stationären Bereich erfolgen. Individuelle Vertragsabschlüsse zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern müssen künftig möglich sein.
  • Wir sehen in der integrierten Versorgung ein wichtiges Instrument, um die Schnittstellenprobleme zwischen der ambulanten sowie der stationären Versorgung und der Rehabilitation effektiv in den Griff zu bekommen und Fehlallokationen erheblicher Finanzressourcen zu verhindern. Die integrierte Versorgung ist auf einzelvertraglicher Grundlage weiter zu fördern.
  • Die Marktmechanismen auf dem Arzneimittelmarkt sind angesichts der dort anzutreffenden starken Anbieterdominanz und des nur schwach ausgeprägten Wettbewerbs bei Herstellern und Händlern dringend reformbedürftig.

V. Private Versicherungen in Wettbewerb einbeziehen

Der Wettbewerb zugunsten der Versicherten und Patienten muss auch bei den privaten Krankenversicherungen verbessert werden. Insbesondere der Wechsel der bereits Privatversicherten zu einer anderen privaten Krankenversicherung muss besser möglich werden als bisher. Dazu ist es notwendig, die kapitalgedeckten Vorsorgeanteile, die die privaten Krankenversicherungen aus den Beiträgen bilden, übertragbar zu gestalten.

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