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Wald Bündnis Bayern

Bewertung der Waldreform der bayerischen Staatsregierung

Am

ngo-online dokumentiert im Wortlaut eine Bewertung der geplanten Waldreform der bayerischen Staatsregierung durch das "Wald Bündnis Bayern" sowie der eigenen Vorschläge für eine Waldreform, die im Rahmen eines Volksbegehrens durchgesetzt werden sollen.


Bewertung

Forst-"Reform" oder Volksbegehren "Aus Liebe zum Wald"- entscheiden Sie selbst!

Gesamtbewertung Aufgrund geänderter Rahmenbedingungen ergeben sich erhöhte Anforderungen an den öffentlichen Wald, an die Unterstützung für die Körperschaftswälder und an die Beratung der Privatwälder - angesichts des Klimawandels, - angesichts erhöhter Stickstoffeinträge in die Wälder, - angesichts vieler sanierungsnotwendiger Bergwälder, - angesichts von über 600.000 Hektar Nadelholzreinbeständen - angesichts der Verpflichtungen aus der Biodiversitätskonvention und Natura 2000

Die vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwürfe zielen auf eine Kommerzialisierung des öffentlichen Waldes zu Lasten des Gemeinwohls und auf eine schrittweise Privatisierung des Staatswaldes. Sie bringen keine Verbesserungen für die Wälder, sondern stellen einen Rückschritt gegenüber den heutigen Regelungen dar und gefährden die bislang erreichten Fortschritte. Insbesondere wird die Effizienz der Verwaltung durch Zersplitterung der Zuständigkeiten geringer und die Kosten der Verwaltung werden höher. Zusammenfassend betrachtet werden die Gesetzentwürfe der bayerischen Staatsregierung zur Forstreform den Anforderungen an eine zukunftsorientierte und nachhaltige Waldwirtschaft nicht gerecht, weil sie eine Erfüllung der vielfältigen Aufgaben unmöglich machen! Das Wald Bündnis Bayern lehnt deshalb die Forstreformgesetze der Staatsregierung entschieden ab.

1. Gemeinwohlfunktionen im öffentlichen Wald

Die Waldgesetzänderung der Staatsregierung beläßt es dagegen bei einer unverbindliche "Vorbildlichkeit" der Bewirtschaftung für den öffentlichen Wald, die schon in der Vergangenheit einseitig als "wirtschaftlich vorbildliche Bewirtschaftung" uminterpretiert wurde. Die Gemeinwohlfunktionen müssen künftig aus dem Betrieb finanziert werden. Niedrige Holzpreise lassen die Erfüllung der Gemeinwohlfunktionen zu einer dauerhaften Zitterpartie werden. "Besondere Gemeinwohlleistungen" sollen aus "allgemeinen Förderprogrammen" erfolgen. Diese jedoch sind nicht nur von der allgemeinen Haushaltslage abhängig, sondern stehen darüber hinaus in direkter Konkurrenz zu den Zuschüssen für private Waldbesitzer.

Im Gesetzestext des Volksbegehrens "Aus Liebe zum Wald" erhalten die Gemeinwohlfunktionen im öffentlichen Wald Vorrang vor den Nutzfunktionen. Die Nutzfunktion des Privatwaldes bleibt unangetastet. Die Finanzierung der Gemeinwohlfunktionen ist von der Haushaltslage und den Einnahmen aus dem Holzverkauf unabhängig.

2. Privatisierungsgefahr

Die Waldgesetzänderung der Staatsregierung legt nur fest, dass der Staatswald in öffentlich-rechtlicher Verantwortung zu bewirtschaften sein soll. Dies schließt damit eine Privatisierung in keiner Weise aus. Denn in Zukunft kann die geplante Anstalt des öffentlichen Rechts ohne eine weitere Waldgesetzänderung in eine GmbH oder Aktiengesellschaft mit öffentlich-rechtlicher Mehrheitsbeteiligung umgewandelt und damit der Staatswald formell privatisiert werden.

Nach der im Volksbegehren vorgesehenen Regelung ist der Staatswald (= Bürgerwald) in seinem Flächenbestand und in öffentlich-rechtlicher Rechtsträgerschaft auf Dauer gesichert; eine Privatisierung oder der Verkauf auch von größeren Teilflächen des Staatswaldes ist damit unmöglich.

3. Neue Geschäftsfelder der Bayerischen Staatsforsten

Das Errichtungsgesetz für die Bayerischen Staatsforsten erweitert die Aufgaben in Bereiche wie Waldpflege für Dritte, Holzhandel, Planungen und Inventuren, Tourismus, Energiewirtschaft, Verkauf von Forstgrundstücken, Abbau von Bodenschätzen, usw. (Art. 3, Abs. 6). Damit wird eine massive Konkurrenz zu privatwirtschaftlichen Unternehmungen geschaffen. Besonders gravierend ist, dass damit der gewinnträchtigen Vermarktung von Ressourcen des Staatswaldes (Wald, Boden, Erholung) Tür und Tor geöffnet wird. Um die Einnahmen zu steigern, wird der Abbau von Bodenschätzen wichtiger als der Walderhalt. Dieser Öffnungsklausel stehen erhebliche EU-wettbewerbsrechtliche Bedenken entgegen, die sogar eines Tages als Begründung für den endgültigen Verkauf des Staatswaldes dienen können. Des weiteren ist bestimmt, dass die Bayerischen Staatsforsten auch außerhalb von Bayern tätig werden kann. Auch hier ist zu kritisieren, dass eine staatliche Anstalt mit Steuergeldern finanziert wird, die auch im Ausland wirtschaftlich tätig wird.

Das Volksbegehren sieht vor, dass sich das Forstamt bei der Bewirtschaftung des Staatswaldes (= Bürgerwald) nur mit den im Gesetz festgelegten Aufgaben zu beschäftigen hat.

4. Wald und Wild

Die Waldgesetzänderung der Staatsregierung fordert für den Staatswald dagegen, dass bei allen Maßnahmen die "sonstigen Belange der Jagd" (also nicht Wald vor Wild) zu berücksichtigen sind. Die an anderer Stelle enthaltene Formulierung, wonach die "natürliche Verjüngung der standortgemäßen Baumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen" ermöglicht sein soll, bedeutet dass auf dem aller größten Teil der Waldstandorte Bayerns selbst nachwachsende Monokulturen aus Fichte bzw. Kiefer von dieser Definition gedeckt sind.

Das Volksbegehren garantiert, dass es beim bisherigen Grundsatz "Wald vor Wild" bleibt und dass alle standortheimischen Baumarten ohne besondere Schutzmaßnahmen aufwachsen können und die standorttypische Flora und Fauna sich entwickeln kann. Diese entscheidende Voraussetzung für die natürliche Verjüngung des Waldes erspart nicht nur Kosten, sondern sichert im Bergwald auch die Schutzfunktion des Waldes.

5. Körperschaftswald

Nach dem Gesetzentwurf der Staatsregierung sind die Kommunen die Verlierer der Forstreform, weil jegliche Personalkostenzuschüsse für qualifiziertes Forstpersonal gestrichen werden, obwohl die Verpflichtung zur vorbildhaften Waldbewirtschaftung bestehen bleibt. Dies stellt einen klaren Verstoß gegen das Konnexitätsprinzip dar. Die Bewirtschaftung des Kommunalwaldes durch die Forstverwaltung ist nicht mehr gewährleistet und nur gegen Vollkostenerstattung möglich. Die Feststellung, den Kommunen entstünden im Vergleich zur geltenden Rechtslage keine zusätzlichen Kosten ist völlig falsch. Es entstehen jährliche Verluste in Millionenhöhe.

Im Gesetzentwurf des Volksbegehrens teilen sich– gesetzlich verankert - Staat und Kommune die Personalkosten. In Körperschaftswäldern unter 50 ha übernimmt der Staat, wie bisher, die Personalkosten für die vorbildliche Waldbewirtschaftung durch kompetentes Forstpersonal. Aufgrund der enormen Bedeutung von Körperschaftswäldern für das allgemeine Wohl stellt die Kostenerstattung eine Gegenleistung für umgleich höhere Gemeinwohlleistungen dar.

6. Privatwald

Das veränderte Waldgesetz der Staatsregierung ersetzt die bisherige qualifizierte Beratung durch ordnungspolitische Maßnahmen. Unmittelbare staatliche Beratung soll sich künftig nur noch am Gemeinwohl orientieren. Aufgaben der betriebsbezogenen Einzelberatung sollen dagegen die forstlichen Selbsthilfeeinrichtungen übernehmen. Anscheinend um das Wohlverhalten der Forstbetriebsgemeinschaften (FBGs) zu sichern, bekommen diese Verwaltungszuschüsse von 4,4 Mio. € pro Jahr. Dies ist ein Nachteil für alle sonstigen Forstsachverständigen oder Forstberatungsbüros, denen derartige Zuschüsse nicht zustehen. Auch ist es abzusehen, dass die EU dieser Förderung wegen Wettbewerbsverzerrung einen Riegel vorschiebt. Wenn die Förderung gestrichen wird, werden die Privatwaldbesitzer für die Beratung teuer bezahlen müssen, weil die Staatsregierung ihr "Versprechen" nicht einhalten kann.

Nach der Regelung im Volksbegehren bleibt die unabhängige und kostenlose Beratung durch den Förster für den Privatwald und Körperschaftswald erhalten. Sie ist sowohl an den Belangen des Waldbesitzers als auch am Gemeinwohl orientiert. Darüber hinaus bleibt es wie bisher bei den liberalen waldgesetzlichen Vorgaben, wobei zusätzliche Fördermöglichkeiten eingeräumt werden, wenn freiwillige Gemeinwohlleistungen im Privatwald Kosten verursachen.

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