"Das bis heute von der Welternährungsorganisation FAO sowie Industrie und Agrarforschung propagierte Landwirtschaftsmodell mit seinen Hochertragssorten, Pestiziden und chemischen Düngern hat drei Viertel der Sortenvielfalt verdrängt", berichtet Misereor-Entwicklungsexperte Bernd Nilles. Damit hingen immer mehr Kleinbauern "am Tropf der Agrarkonzerne".
In fast allen Entwicklungsländern seien Bauern inzwischen dazu gebracht worden, auf ihr lokales Saatgut zu verzichten und statt dessen kommerzielles Saatgut zu kaufen. "Das damit verbundene Versprechen höherer Erträge kann aber oft nicht eingelöst werden", sagt Nilles. "Und wenn überhaupt, dann nur unter Einsatz teurer Pestizide und Dünger."
Für Anja Mertineit, Agrarexpertin bei Misereor, ist eine so betriebene Landwirtschaft besonders für arme Kleinbauern riskant: "Setzt ein Bauer etwa auf eine kommerzielle Sorte, die nicht an seinen Standort angepasst ist, dann kann beispielsweise eine Dürre zum Totalausfall der Ernte führen." Wer hingegen die Vielfalt auf den Feldern sichere, der schütze Bauern vor Ernteverlusten: "In der Regel leiden nur anfällige Pflanzen unter Schädlingen und schlechten Witterungseinflüssen, während andere Sorten weiter Ertrag bringen", so Mertineit.
Nach Angaben der FAO werden weltweit nur noch 150 von etwa 10 000 Nahrungspflanzen für die menschliche Ernährung angebaut. Allein vier von ihnen - Reis, Weizen, Mais und Kartoffeln - decken inzwischen 60 Prozent des Nahrungsbedarfs.