DIE Internet-Zeitung
EU-Beitrittsverhandlungen

Türkei Menschenrechte - Amnesty fordert Garantien Rechtsreformen

Am

Die türkische Regierung muss nach Ansicht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai) die Umsetzung ihrer innenpolitischen Reformen gegen Folter und für die Wahrung von Frauenrechten garantieren. Die internationale Staatengemeinschaft müsse in diesen Punkten auch unabhängig von möglichen Beitrittsverhandlungen der EU mit der Türkei Druck auf Ankara ausüben, so die Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland, Barbara Lochbihler.


Lochbihler räumte ein, dass Folter in der Türkei nicht mehr systematisch vom Staat aus angeordnet werde. Das neue Strafrecht bewertete sie in dieser Hinsicht als sehr positiv, doch gebe es bei der Umsetzung der Gesetze noch Defizite. Sie verwies in diesem Zusammenhang auf die immer noch gängige Folterpraxis innerhalb des Polizeiapparats. Gerade in entfernten Provinzen werde die Folter weiter praktiziert, so Lochbihler: "Hier gibt es Widerstand bei der Polizei, die kaum bestraft wird dafür oder zur Verantwortung gezogen wird. Die Straflosigkeit für die Täter ist weit verbreitet."

Bei der Wahrung von Frauenrechten attestierte die ai-Generalsekretärin der Türkei große Fortschritte. Sie begrüßte ausdrücklich, dass viele Forderungen von Frauengruppen in das neue Strafrecht aufgenommen worden seien. Dazu zählte sie die Strafverfolgung von Vergewaltigung, sexueller Gewalt, Belästigung sowie von so genannten Ehrenmorden.

Hessen

Nach Angaben des Hanauer Bündnisses für Bleiberecht habe CDU und FDP im Petitionsausschuss des hessischen Landtags beschlossen, dass der 20jährige Kurde Serif Akbulut abgeschoben werden kann. Die "Vorprüfungskommission" des Ausschusses habe dem entsprechenden Antrag des Innenministeriums stattgegeben. Die Folge sei, dass die für Freitag Abend geplante Abschiebung des 20jährigen, der zur Zeit in Wiesbaden in Abschiebehaft sitze, durchgeführt werden könne.

Obwohl die Eltern Ali und Fatma Akbulut vorerst offenbar nicht abgeschoben werden sollen, sieht das Bündnis für Bleiberecht auch erhebliche Risiken für Leben und Gesundheit der Mutter. Frau Akbulut reagiere auf jedes als Bedrohung wahrgenommene Geschehnis mit Panikattacken und Epilepsie-ähnlichen Anfällen, verbunden mit plötzlichen Stürzen und entsprechenden Verletzungen. Hinzu komme die von Ärzten festgestellte latente Selbstmordgefahr.

"Diese Einschätzung der gesundheitlichen Situation Frau Akbuluts, die in der Türkei offensichtlich Opfer der landesweit praktizierten Folter wurde, wurde dem Petitionsausschuss vor drei Tagen in einer 19 Seiten umfassenden Eingabe vorgelegt." Diese zitiere im Detail aus den etwa 30 Attesten verschiedener Ärzte, die Frau Akbulut bisher behandelt hätten und unisono zu dem Schluss gekommen seien, dass sie nicht reisefähig sei, also nicht abgeschoben werden dürfe.

Einer zentralen Forderung von gut dreißig Unterzeichnern einer Petition, dass der Main-Kinzig-Kreis eine amtsärztliche Überprüfung der gesundheitlichen Situation Fatma Akbuluts vornehmen möge, werde jetzt auf Anweisung des zuständigen Dezernenten André Kavai nachgekommen. Diese Untersuchung sei bisher verweigert worden, solle nun aber am kommenden Montag stattfinden.

Dem Sohn Serif Akbulut drohe nach seiner Abschiebung die Einziehung zum türkischen Militär. Das könne bedeuten, dass er im Grenzgebiet zum Irak eingesetzt werde. Dort komme es immer wieder zu Gefechten mit kurdischen Guerillagruppen, wobei auch vor Angriffen auf irakisches Gebiet nicht Halt gemacht werde.

Lediglich ein Eilantrag könnte jetzt offenbar noch die Abschiebung verhindern. Doch die Bundespolizei, der ehemalige BGS, habe den Abschiebeflug offenbar schon gebucht. Die Abschiebegegner wollen im Frankfurter Flughafen dagegen protestieren.

Am 21. Jul. 2006 unter: nachrichten

Zusammenarbeit in Außen- und Sicherheitspolitik

CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer fordert als Konsequenz aus dem irischen Nein zum EU-Reformvertrag einen Stopp der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Haderthauer sagte, ohne den Vertrag von Lissabon stoße schon die jetzige Europäische Union an ihre Grenzen. Deshalb sei es "völlig abwegig, über einen Beitritt der Türkei weiter zu verhandeln".

"Die Eröffnung neuer Kapitel ist ein schwerer Fehler und weckt falsche Erwartungen auf türkischer Seite", meint Haderthauer. Sie verwies zugleich darauf, dass die Türkei "in zentralen Fragen nach wie vor meilenweit vom EU-Standard entfernt" sei. So gebe es dort die Gleichberechtigung von Mann und Frau "nur auf dem Papier". Außerdem habe "das Militär noch immer großen Einfluss auf die Politik".

Die CSU-Generalsekretärin betonte, eine privilegierte Partnerschaft sei "für Europa und die Türkei die beste Lösung".

Die Türkei könne als Teil einer Freihandelszone auf dem Gebiet der Außen- und Sicherheitspolitik verstärkt mit der EU zusammenarbeiten. Zugleich gewinne sie "Zeit für Reformen im Inneren, die sie dringend braucht".

Die Grünen wollen hingegen den Erweiterungsprozess der EU weiterführen. Verfehlt seien Äußerungen von Martin Schulz (SPD) oder Peter Ramsauer (CSU), die laufenden Beitrittsverhandlungen mit Kroatien und der Türkei zu stoppen. "Die Verhandlungen wurden einstimmig eröffnet und müssen fair und ehrlich weitergeführt werden."

Am 17. Jun. 2008 unter: welt-online

Massaker

Der Grünen-Europaabgeordnete Cem Özdemir fordert von der Türkei eine kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte. Das Land müsse sich auch den dunklen Kapiteln seiner Vergangenheit stellen wie den Massakern an der armenischen Bevölkerung, sagte Özdemir in einem Interview der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Der Politiker forderte von der Türkei zugleich schmerzhafte Reformen, vor allem in der Landwirtschaft.

Dies sei zwar kein offizielles Kriterium beim angestrebten Beitritt der Türkei zur EU. Doch habe sich gezeigt, dass diejenigen, "die sich ehrlich mit ihrer Geschichte befasst haben und Versöhnungsarbeit leisten, am ehesten in der Lage sind, die Herausforderungen der Zukunft zu meistern".

Özdemir sagte, viele Gesellschaften seien bereit, sich zu erneuern und zu demokratisieren, um Mitglied der EU zu werden. "Das sehen wir ja gerade am Beispiel der Türkei und der Reformen, die dort in den letzten Jahren durchgeführt worden sind", sagte der Abgeordnete. Der Europaparlamentarier kritisierte zudem anhaltende Probleme bei der Einhaltung der Menschenrechte und betonte: "Jeder einzelne Folterfall ist immer noch einer zuviel."

Die Türkei müsse sich allerdings auch klar darüber werden, dass sie noch viele schwierige und auch schmerzhafte Reformen vor sich habe, insbesondere in der Landwirtschaft, wo aktuell 35 Prozent der türkischen Bevölkerung beschäftigt seien. "Das wird sicher in zehn, fünfzehn Jahren nicht mehr so aussehen können", sagte Özdemir.

Am 07. Feb. 2005 unter: nachrichten

Türkei

Zur Aufnahme eines Verfahrens gegen die Türkische Menschenrechtsstiftung TIHV am 12.11.2003 in Ankara erklärt die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe im Auswärtigen Amt, Claudia Roth: "Ich hoffe und gehe davon aus, dass die Richter das Verfahren gegen die renommierte türkische Menschenrechtsstiftung rasch einstellen werden. Der Vorwurf an die Stiftung, die Hungerstreikenden in türkischen Gefängnissen unterstützt zu haben, ist absurd. Im Gegenteil: Mitglieder der Stiftung haben als Vermittler alles versucht, um diesen Streiks ein friedliches Ende zu bereiten."

Am bedenklichsten sei für Roth der Vorwurf, die Stiftung habe durch illegale Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen gegen das türkische Stiftungsgesetz verstoßen. Zu diesen Organisationen gehöre der Europarat, dessen Mitglied die Türkei seit 1949 ist. Der Weg der Türkei in die Europäische Union messe sich nicht an bedrucktem Papier, sondern an tatsächlichen Fortschritten. Die unabhängige Ausübung der Rechtssprechung gehöre zu den unabdingbaren Voraussetzungen für einen EU-Beitritt. Die Richter des 15. Zivilgerichts in Ankara hätten die Chance, dies unter Beweis zu stellen.

Am 12. November 2003 beginnt vor dem 15. Ankaraner Zivilgericht mit der Vernehmung von neun Verwaltungsratsmitgliedern ein Verfahren gegen die Türkische Menschenrechtsstiftung TIHV. Der Stiftung wird von der staatlichen Generaldirektion für Stiftungen vorgeworfen, die Hungerstreiks von türkischen Häftlingen im Jahre 2001 gegen die Verlegung in neue Gefängnisse des Typs "F" unterstützt zu haben und illegal mit internationalen Organisationen wie dem Europarat zusammengearbeitet zu haben. Den Verwaltungsratsmitgliedern droht die Entlassung, der Stiftung die Schließung. Die türkische Menschenrechtsstiftung unterhält Büros in Ankara, Istanbul, Izmir, Adana und Diyarbakir. Die deutsche Botschaft in Ankara unterstützt die Arbeit der Stiftung seit langem und wird den Prozess begleiten.

Am 12. Nov. 2003 unter: nachrichten

Demonstration für Kriegsdienstverweigerung in der Türkei

Für das Recht auf Kriegsdienstverweigerung in der Türkei haben am Sonnabend 39 türkische und kurdische Wehrpflichtige in der Innenstadt von Frankfurt/Main demonstriert. Vor dem türkischen Generalkonsulat in der Zeppelinallee unterzeichneten sie eine Erklärung, in der sie ihre Kriegsdienstverweigerung begründeten. Die Annahme wurde vom Konsulat abgelehnt. "Wer in der Türkei verweigert, wird zum Straftäter erklärt und verfolgt", erläutert A. C. die Situation. Er ist Vorsitzender des Berliner Landesverbandes der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK). In ihrer Erklärung werfen die Kriegsdienstverweigerer dem türkischen Militär vor, junge Männer mit "nationalistischer und rassistischer Propaganda gegen die angeblichen Feinde der Türken" aufzuhetzen.

"Wir werden den militärischen Zielen des türkischen Staates, der Krieg und Gewalt organisiert, nicht dienen", so die Kriegsdienstverweigerer mit Blick auf die Menschenrechtsverletzungen in Kurdistan. Fast alle Teilnehmer der Demonstration haben in der Bundesrepublik Asyl beantragt. "Es werden aber immer wieder Kriegsdienstverweigerer in die Türkei abgeschoben", kritisiert A. C. Dort drohen ihnen schwere Misshandlungen; Offiziere drohen ihnen, sie im Falle einer Dienstverweigerung "auf der Flucht" zu erschießen. Cirakoglu weist auf den Fall von Mehmet Sait Demir hin: Der heute 23jährige war 1998 abgeschoben worden - angeblich war er nicht in Gefahr. Heute, nach mehrfacher Folter, befindet er sich wieder in Deutschland und muss aufgrund einer Posttraumatischen Belastungsstörung und Selbstmordgefahr behandelt werden.

Den Kriegsdienstverweigerern droht bereits für ihre öffentlich vorgetragene Kritik Verfolgung: Nach türkischen Gesetzen handelt es sich dabei um "Distanzierung des Volkes vom Militär", worauf mehrjährige Haftstrafen stehen. Wie konkret diese Gefahr ist, zeigte sich heute darin, dass die Demonstranten aus dem Konsulatsgebäude heraus gefilmt wurden. "Es ist dringend notwendig, dass diese Kriegsdienstverweigerer von den deutschen Behörden als politisch Verfolgte wahrgenommen werden", fordert A. C.. Es dürfe nicht sein, dass Deutschland dem türkischen Militär weiterhin durch die Auslieferung von Zwangsrekrutierten zuarbeite.

Am 02. Sep. 2002 unter: welt-online

OLG Stuttgart

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat am Montag die Auslieferung eines anerkannten Asylbewerbers an die Türkei gestoppt. Wie das OLG am Montag mitteilte, war der Mann 1995 durch ein türkisches Staatssicherheitsgericht zu zwölfeinhalb Jahren Haft wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verurteilt worden. 1996 reiste er nach Deutschland ein und wurde als Asylberechtigter anerkannt, weil das türkische Strafverfahren als politische Verfolgung gewertet wurde.

Nachdem 2005 ein türkisches Gericht die Strafe auf sechs Jahre und drei Monate herabgesetzt hatte, hatte die Türkei um Auslieferung des Mannes zur Vollstreckung dieser Strafe gebeten. Das Bundesjustizministerium hatte mitgeteilt, in der Bundesregierung bestünden keine Bedenken, die Auslieferung zu bewilligen, wenn sie gerichtlich für zulässig erklärt werde. Das OLG erklärte nun aber die Auslieferung für unzulässig, weil die damalige türkische Verurteilung "nicht mit den völkerrechtlich verbindlichen Mindeststandards" im Einklang gestanden habe.

Das OLG sah begründete Anhaltspunkte dafür, dass der Mann "1993 in türkischem Polizeigewahrsam gefoltert wurde und seine Verurteilung auf einem hierdurch erzwungenen Geständnis beruhte". Es gebe zudem Hinweise, dass "die früheren türkischen Staatssicherheitsgerichte keine unabhängigen und unparteilichen Gerichte waren, weil einer der drei Richter dem Militär angehörte". Ob der Mann politisch verfolgt wurde und ob ihm noch heute politische Verfolgung droht, ließ das OLG offen.

(AZ: 3 Ausl. 87/2006 - Beschluss vom 14. Mai 2007)

Am 14. Mai. 2007 unter: justiz

Asyl

Die "Gruppe der türkisch-kurdischen Kriegsdienstverweigerer in Deutschland hat am Freitag in Frankfurt/Main gegen die Beteiligung der Türkei am Irak-Krieg demonstriert. Die Aktivisten fordern von der Türkei außerdem, das Recht auf Kriegsdienstverweigerung anzuerkennen. Der Sprecher der Gruppe, Zeynettin Er, sprach sich auf einer Kundgebung vor dem türkischen Konsulat gegen die Absichten der türkischen Regierung aus, bis zu 10.000 Soldaten in den Irak zu entsenden.

Das Menschenrecht Kriegsdienstverweigerung gilt in der Türkei als Straftat. Wer sich weigert, im Militär zu dienen, muss mit rigoroser Verfolgung und Folter rechnen. Wer diese politische Verfolgung vermeiden will, dem bleibe oftmals nur die Flucht ins Ausland.

"Die Bundesrepublik weigert sich aber beharrlich, Kriegsdienstverweigerern Asyl zu gewähren. Stattdessen werden sie abgeschoben - direkt in die Hände Ihrer Verfolger, direkt in die Hände des Militärs. Diese menschenverachtende Praxis der Auslieferung von Kanonenfutter muss sofort beendet werden", fordert Gerit Ziegler, Bundessprecherin der DFG-VK.

Die rund 30 Kriegsdienstverweigerer, die heute demonstriert haben, wurden vom Konsulat aus gefilmt. Das Risiko für sie ist erheblich, da die Mehrzahl von ihnen akut von Abschiebung bedroht ist. Ihre Asylanträge werden häufig abgelehnt, weil die Bestrafung der Kriegsdienstverweigerung "nicht asylrelevant" sei.

Auch der Sprecher der Gruppe der türkisch-kurdischen Kriegsdienstverweigerer, Zeynettin Er, muss jederzeit mit seiner Abschiebung rechnen. Im Hinblick auf die bevorstehende Beteiligung türkischer Truppen an der Besetzung des Irak erklärte er auf der Kundgebung, dass abgeschobene Kriegsdienstverweigerer auch mit ihrer Verwendung bei dieser völkerrechtswidrigen Kriegshandlung rechnen müssten -und sei es zu Strafzwecken.

"Tagtäglich werden mit menschenverachtenden Praktiken Hunderttausende von jungen Menschen gezwungen, das Töten und Sterben zu lernen und sich so an der verbrecherischen Politik des türkischen Staates zu beteiligen", kritisierte Zeynettin Er in seinem Redebeitrag. Unterstützt wurde die Aktion von connection-ev und der DFG-VK.

Am 10. Okt. 2003 unter: welt-online

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