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Nigeria

Umweltsünder soll für Verschmutzungen im Niger-Delta zahlen

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Der britisch-niederländische Ölgigant Royal Dutch/ Shell muß für seine Umweltsünden im Niger-Delta zahlen. Das entschied letzte Woche eine Kammer des nigerianischen Parlaments. Die Vertretung des Volks der Ijaw aus dem Bundesstaat Bayelsa, der in der Ölförderregion liegt hatte bereits im vergangenen Jahr vom Repräsentantenhaus recht bekommen. Nun bestätigte auch der Senat, daß der Ölkonzern mit 1,25 Milliarden Euro für die angerichteten Umweltschäden in der Region aufkommen muß. Allerdings gestand Senatssprecher Henry Ugbolue gegenüber der Presse ein, daß die Parlamentskammer keine Mittel habe, die Anordnung gegen Shell durchzusetzen.


Er hoffe aber, daß Präsident Olusegun Obasanjo dies übernehmen werde. Um so leichter fällt es dem Ölmulti, auf stur zu stellen. Am Montag und Dienstag schaltete der Konzern in nigerianischen Zeitungen Anzeigen, in denen die Verantwortung abgelehnt wird. Die Schäden seien vor allem eine Folge von Sabotage gewesen. Außerdem können nur ein außerordentliches Gerichtsverfahren über die Frage entscheiden. Das Parlament habe sich nicht an die üblichen Verfahrensregeln gehalten.

Umweltschützer sind über die Haltung des Konzerns empört. "Ein ums andere Mal weigert sich Shell, die Verantwortung für die Schäden zu übernehmen", klagt Nnimmo Bassey, Direktor von Friends of the Earth Nigeria. "Shells Ölförderung hat Verschmutzungen in schrecklichen Ausmaßen verursacht. Die Menschen haben ihr Acker- und Weideland verloren, das Wasser wurde vergiftet, und die Gesundheit der Bewohner des (Niger-)Deltas hat sich deutlich verschlechtert. Shell behauptet, sich wie ein guter Bürger aufzuführen, aber die Beweise erzählen eine ganz andere Geschichte." Bassey gehört mit seiner Organisation einem weltweiten Verband von Umweltschutzorganisationen an, der ihm hilft, die Anklage gegen den Multi über die Landesgrenzen zu tragen.

Im Londoner Büro von Friends of the Earth International schloß sich der Vizevorsitzende, Tony Juniper, der Kritik an: "Shells Verhalten in Nigeria ist eine Schande. Dieser riesige Konzern nimmt für sich in Anspruch, ein Vorbild an Verantwortung abzugeben, aber seine Hinterlassenschaften in Nigeria sind tiefe Narben, die noch in Jahrzehnten zu sehen sein werden. Die britische Regierung muß das Unternehmen zwingen, seine Verpflichtungen im Ausland nachzukommen. Und sie muß andere britische Unternehmen davon abhalten, sich ähnlich aufzuführen."

Die Entscheidung des Senats geht auf eine Petition der Ijaw zurück, die vor über zwei Jahren eingereicht wurde. Die Ijaw hatten Entschädigung für die seit 1956 in ihren Gebieten angerichteten Schäden verlangt. Shell gab nach einem Bericht der britischen Zeitung The Scotsman zu, daß es im Delta allein im Jahre 2002 262 Lecks gegeben hat, bei denen insgesamt 2700 Tonnen Öl in die Umwelt flossen.

Doch das schwarze Gold ist der Lebenssaft in den Adern der nigerianischen Wirtschaft und dominiert den Außenhandel vollständig. Erdöl hatte im Jahre 2001 an den Exporten einen Anteil von 94,2 Prozent, weitere 3,9 Prozent machte Erdgas aus. Rund die Hälfte der nigerianischen Förderung wird von Shell bzw. deren Gemeinschaftsunternehmen mit der Nigerian National Petroleum Corporation aus dem Boden des Nigerdeltas oder dem küstennahen Meeresboden gepumpt.

Im Nigerdelta im Süden Nigerias lebt eine Vielzahl kleiner Gruppen wie der Ijaw oder der Ogoni, die meist ihre eigen Sprache haben und vom Reichtum unter ihren Füßen ausgeschlossen wurden. Während die Ölgesellschaften seit den 1950ern Milliarden verdienten, blieb bei den Menschen in den Fördergebieten so gut wie nichts hängen. Mehr noch: Ölförderung und -transport vernichtete oft die Grundlagen ihrer bisherigen Existenz, tötete die Fische in den Flüssen und hinterläßt praktisch verbrannte Erde. Allein auf dem 400 Quadratkilometer kleinen Gebiet der Ogonis wurde in den letzten 40 Jahren Erdöl im Wert von schätzungsweise 25 Milliarden Euro gefördert. Als die Ogonis Anfang der 1990er begannen, ihren Anteil zu fordern, reagierte das seinerzeit noch herrschende Militärregime mit brutaler Gewalt. Im Frühjahr 1994 wurde das Kriegsrecht über das Ogoni-Land verhängt. Rund 2 000 Menschen starben durch Militäraktionen. Am 10. November 1995 wurde der Schriftsteller und Ogoni-Aktivist Ken Saro-Wiwa gemeinsam mit acht Mitstreitern erhängt. Bis heute behaupten die Ogonis, Shell habe seinerzeit einen Teil der Militäreinsätze finanziert.

Unterdessen berichtet die nigerianische Zeitung This Day, daß Anfang August eine weitere Gemeinschaft aus dem Delta eine Petition mit Entschädigungsforderungen eingereicht hat. Eine Shell-Vertragsfirma soll vor drei Jahren in Egbemo-Angalabiri, ebenfall im Bundesstaat Bayelsa, eine illegale Giftmülldeponie eingerichtet haben. Inzwischen sei die ganze Umgebung vergiftet und unfruchtbar. Die Bewohner hätten nicht einmal mehr unbelastetes Trinkwasser, zitiert die Zeitung den Präsidenten der Niger Delta Oil Communities Development Front, Donyefa Ogoye. Die Organisation fordert von Shell 1,3 Millionen Euro Schadensersatz.

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