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Dienstleistungen im Binnenmarkt

EU-Richtlinie will Binnenmarkt drastisch deregulieren

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An der geplanten EU-Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt, die morgen beim Wirtschaftsministertreffen in Brüssel beraten wird, hat das globalisierungskritische Netzwerk Attac scharfe Kritik geübt. Der im Januar von Binnenmarkt-Kommissar Frits Bolkestein vorgelegte Richtlinienentwurf sei das radikalste Deregulierungsvorhaben seit Beginn des Europäischen Binnenmarkts, so der Vorwurf. Neben zahlreichen Verboten der staatlichen Wirtschaftsaufsicht sehe er vor, dass Dienstleister künftig nur noch den Auflagen ihres Herkunftslandes unterliegen. Anforderungen des Tätigkeitslands würden gänzlich unterbunden. Der dadurch vorprogrammierte Abwärtswettlauf bei sämtlichen Sozialstandards hatte bereits zu heftigen Kontroversen geführt.


"Mit einem einzigen Rechtsakt will die Kommission die Regulierung von 70 Prozent der europäischen Wirtschaftstätigkeit auf das Niveau einer Sonderwirtschaftszone senken", sagte Thomas Fritz, Handelsexperte von Attac. Künftig könnte sich jedes Unternehmen durch Verlagerung des Firmensitzes oder durch die simple Gründung einer Briefkasten-Firma im europäischen Ausland sämtlicher inländischer Auflagen entledigen.

"Wir erwarten eine riesige Ausflaggungswelle von Dienstleistern, die sich nationaler Standards beim Arbeits-, Umwelt- oder Verbraucherschutz entziehen werden", sagte Stephan Lindner von der Attac-EU-AG. Da die Kommission zudem sämtliche Gebührenordnungen schleifen wolle, würden Preis- und Qualitätsdumping Tür und Tor geöffnet. "Die Dienstleistungsrichtlinie setzt einen gnadenlosen Verdrängungswettbewerb auf Kosten von Arbeitnehmern und Verbrauchern in Gang", so das Fazit von Thomas Fritz.

Der Richtlinienvorschlag wird morgen beim Rat für Wettbewerbsfähigkeit von den europäischen Wirtschaftsministern beraten. In der Bundesrepublik liegt die Federführung bei Wirtschaftsminister Wolfgang Clement. Die Richtlinie müsste sowohl vom Ministerrat als auch vom Europaparlament angenommen werden. Mit den zahlreichen Einwendungen gegen dieses umfassende Deregulierungsvorhaben befassen sich derzeit fünf Parlamentsausschüsse.

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