Überblick
Dabei habe jede Seite Zugeständnisse machen müssen, doch verringere dies den Wert des Kompromisses nicht, fügte Schily hinzu. "Wenn alle sich als Gewinner sehen, muss das Ergebnis gut sein", unterstrich der Minister. Es diene den wirtschaftlichen Interessen des Landes, mildere die Folgen der demographischen Entwicklung und bremse den Zuzug in die sozialen Sicherungssysteme. Auch werde damit die Integration hier lebender Ausländer verbessert und die Sicherheit erhöht. Zudem gebe das Gesetz "die Möglichkeit, mit menschlichen Schicksalen auch menschlich umzugehen".
Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) betonte, der Kompromiss weiche in wesentlichen Punkten vom ursprünglichen Gesetzentwurf der rot-grünen Koalition ab. Erzielt worden sei ein "Zuwanderungsbegrenzungsgesetz", das im Interesse des Landes liege. Zwar sei es richtig, dass Deutschland ein Zuwanderungsland sei, doch gelte ebenso, dass die Zuwanderung begrenzt und gesteuert werden müsse. Dabei sei der Sicherheitsaspekt eine zentrale Frage.
Der Grünen-Parlamentarier Volker Beck sagte, mit dem Zuwanderungsgesetz werde anerkannt, dass Deutschland ein Einwanderungsland sei. Die Union habe zwar "auf Grund ideologischer Verbohrtheit" die generelle Aufhebung des Anwerbestopps für ausländische Fachkräfte verhindert. Deutschland sei aber nun im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe "gut aufgestellt". Zudem sei künftig garantiert, dass Menschen in Deutschland Schutz vor nichtstaatlicher Verfolgung finden können.
Der FDP-Innenexperte Max Stadler würdigte die Verdienste Schilys um das Zustandekommen des Gesetzes. "Kein anderer als er hätte es geschafft, ein solch schwieriges Gesetz in dieser Verhandlungskonstellation überhaupt durchzusetzen". Erreicht worden sei eine "durch und durch vernünftige Neuregelung". Sie enthalte eine "vorsichtige Öffnung" des Arbeitsmarktes für ausländische Arbeitnehmer, die hier zu Lande bei der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen helfen werden. Zugleich werde die humanitäre Tradition des Grundgesetzes bewahrt und etwa mit neuen Regeln zur geschlechtsspezifischen und nichtsstaatlichen Verfolgung ausgebaut.
Eckpunkte der Zuwanderungsregelung
ARBEITSMIGRATION: Hochqualifizierte erhalten die Möglichkeit eines Daueraufenthalts. Erleichtert wird auch die Zuwanderung Selbstständiger. Studenten können nach Ende des Studiums einen Job in Deutschland aufnehmen. Das Punktesystem zum Zuzug von Arbeitsmigranten kommt nicht. Auch bleibt es beim generellen Anwerbestopp.
INTEGRATION: Der Bund zahlt für 50 000 Plätze in Integrationskursen pro Jahr. Werden die Plätze nicht von Neuzuwanderern ausgeschöpft, können auch "Bestandsausländer" zu solchen Kursen verpflichtet werden, wenn die Ausländerbehörden dies für notwendig halten (nachholende Integration). Wer sich verweigert, muss mit Leistungskürzungen rechnen. Den Bund kosten die Kurse 215 bis 235 Millionen Euro im Jahr.
SICHERHEIT: Ausländer können aufgrund einer "tatsachengestützten Gefahrenprognose" ausgewiesen werden. Für die rechtliche Überprüfung gibt es nur noch eine Instanz, das Bundesverwaltungsgericht. Bei Abschiebungshindernissen soll es Meldeauflagen und Einschränkungen der Bewegungsfreiheit geben. Vor Daueraufenthaltserlaubnissen und Einbürgerungen wird die Regelanfrage beim Verfassungsschutz eingeführt. "Geistige Brandstifter" sollen ausgewiesen werden. Die Abschiebung liegt im Ermessen der Ausländerbehörden. Schleuser werden ausgewiesen, wenn sie zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt wurden.
HUMANITÄRES: Opfer nichtstaatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgung erhalten den Flüchtlingsstatus gemäß der Genfer Flüchtlingskommission. Für problematische Einzelfälle gibt es Härtefallregelungen. Kettenduldungen werden abgeschafft.
VEREINFACHUNG: Statt bisher fünf gibt es nur noch zwei Aufenthaltstitel: eine befristete und unbefristete Erlaubnis. Auch sollen künftig Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis aus einer Hand von den Ausländerbehörden vergeben werden, wenn die Arbeitsverwaltung intern zustimmt. Der Antragsteller spart Anträge und Behördengänge.