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Neues Gesetz nach Urteil

Justizministerium will Großen Lauschangriff ausweiten

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Das Bundesjustizministerium will das Abhören von Wohnungen auf eine neue gesetzliche Grundlage stellen. Wie das Ministerium am Donnerstag in Berlin mitteilte, sieht ein Referentenentwurf vor, dass vor der Anordnung einer akustischen Wohnraumüberwachung "der Verdacht einer besonders schweren Straftat gegeben sein" müsse. Dies sei bei solchen Straftaten der Fall, für die das Gesetz eine Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren vorsieht. Während Polizei-Gewerkschaften und die Union die auf dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts basierenden Regeln als zu streng ablehnten, kritisierten Anwälte und Koalitionspolitiker die Abhörmöglichkeiten als zu weitgehend.


"Das bisher geltende absolute Tabu beim Abhören von Berufsgruppen wie Anwälten, Journalisten und Geistlichen wird relativiert", sagte Grünen-Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele. Auch der Deutsche Anwaltverein kündigte Widerstand an. "Wir werden nicht zulassen, dass diese Berufsgruppen überwacht werden", sagte sein Sprecher Swen Walentowski. Die Regelung führe zu einem Vertrauensbruch zwischen Anwälten und Mandanten. Die SPD-Fraktion sieht nach Angaben von Fraktionsvize Joachim Hacker in dieser Frage ebenfalls noch Beratungsbedarf: "Ich gehe davon aus, dass wir auch in diesem Bereich eine Grundgesetz konforme Regelung erhalten."

Dem Referentenentwurf zufolge dürfen vertrauliche Gespräche zwischen sich nahestehenden Personen, die keinen Bezug zu Straftaten aufweisen, nicht abgehört werden. Dasselbe gilt für Gespräche mit dem Verteidiger und für Beichtgespräche mit einem Geistlichen. Das Abhören müsse unverzüglich unterbrochen werden, wenn solche Gespräche geführt werden. Würden solche Gespräche versehentlich doch belauscht, müssten die Aufzeichnungen hierzu gelöscht werden. Jedoch dürfen Anwälte, Ärzte oder Journalisten nach dem Entwurf künftig abgehört werden, wenn eine wirksame Strafverfolgung dies unabweisbar erfordert. Bisher dürfen diese Berufsgruppen nur dann belauscht werden, wenn sie selbst unter Verdacht stehen, eine Straftat begangen zu haben.

Mit dem Referentenentwurf reagiert das Bundesjustizministerium auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von März dieses Jahres. Karlsruhe hatte den 1998 eingeführten "Großen Lauschangriff" als in weiten Teilen verfassungswidrig klassifiziert und neue Regeln gefordert. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) gab sich optimistisch, dass diese bald umgesetzt werden könnten. Sobald die Länder und Verbände zu dem Entwurf Stellung genommen haben, werde die Bundesregierung das Gesetzgebungsverfahren weiter zügig vorantreiben, um die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts fristgerecht bis zum 30. Juni 2005 umzusetzen.

Dem Entwurf zufolge darf ein Lauschangriff nur von einer speziellen Strafkammer des Landgerichts angeordnet werden. Nach dem Abschluss der Überwachung sind die betroffenen Personen "grundsätzlich zu benachrichtigen", damit sie die Rechtmäßigkeit der Maßnahme nochmals gerichtlich überprüfen lassen können.

Der Vorsitzende des Bundes deutscher Kriminalbeamter (BdK), Klaus Jansen, sagte: "Ehrlicher wäre es, wenn der Staat sagen würde: Wir wollen einfach keine akustische Wohnraumüberwachung." Ermittelnden Beamten müsse man den Rat geben, die "Finger" davon zu lassen. Wegen der strengen Vorgaben drohe bei jeder Abhörmaßnahme künftig ein Verstoß gegen das Gesetz, sagte Jansen. Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) bezeichnete den Entwurf als "völlig untauglich".

Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) fürchtet, "dass die akustische Wohnraumüberwachung bei einer Umsetzung dieses Referentenentwurfs faktisch nicht mehr anwendbar sein wird". Durch die Vorgabe, das Abhören bei Privatthemen sofort zu unterbrechen, rechnen die Experten ferner damit, dass Verbrecher in Gespräche private Passagen einstreuen. Die Abhörer müssten dann aus dem Gespräch aussteigen, ohne zu wissen, wann sie wieder reinhorchen dürfen. Dies allerdings ist eine Vorgabe des Verfassungsgerichts. Eine Teil der Richter hatte das Abhören von Privatwohnungen sogar grundsätzlich als verfassungswidrig angesehen und dem Urteil ein Sondervotum beigefügt.

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