Künftig wird es keine geheimen Gen-Äcker mehr geben. Ein bundesweites Register ermöglicht es künftig jedermann, die Standorte von Gen-Feldern zu erfahren. Imker und Bauern können so einfach erfahren, ob sie Gefahr laufen, dass ihre Produkte mit manipulierten Genen kontaminiert werden. Zudem werden die spezifischen Erkennungsmarker für gentechnisch veränderte Organismen (GVO) in das Register aufgenommen. Die Marker seien die Grundlage, um die Ausbreitung gentechnisch veränderter Organismen in Landwirtschaft und Natur nachvollziehen zu können, begrüßten BUND und NABU die Regelung. Wenn sich herausstelle, dass sich eine Gentech-Pflanze unkontrolliert verbreite und ökologische Schäden verursache, müsse der Anbau umgehend gestoppt werden, forderten die Umweltverbände.
Wird ein konventionell oder ökologisch wirtschaftender Bauer durch Gentechnik-Auskreuzungen geschädigt, kann er seine mit Gentech-Saat arbeitenden Kollegen verklagen. Diese haften als Gesamtschuldner, was bedeutet, dass jeder Gentechnik-Anwender unabhängig von einem in der Praxis nicht nachzuweisenden Verschulden für alle Schäden einstehen muss. "Wer die grüne Gentechnik will, soll ohne Wenn und Aber auch für die Konsequenzen einstehen", begrüßte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) diese Entscheidung.
Verbands-Vorstand Edda Müller bezeichnete es als Erfolg, dass ein mit öffentlichen Mitteln finanzierter Haftungsfonds abgewendet wurde. Um Haftungs-Ansprüche darzulegen, können alle, die ein berechtigtes Interesse nachweisen - etwa benachbarte Bauern - auch Namen und Anschrift der Gentechnik nutzenden Landwirte erhalten. Der Deutsche Bauernverband riet denn auch allen Landwirten von der Nutzung von manipuliertem Saatgut ab. Wegen der unkalkulierbaren Risiken wolle kein Unternehmen dafür eine Versicherung anbieten. Statt der beschlossenen Haftungsregelung will der Lobby-Verband der konventionellen Bauern wie auch die Bundesrats-Mehrheit eine verschuldensabhängige Lösung und einen Ausgleichsfonds - wohl wissend, dass ein Verschulden kaum nachweisbar sein wird.
Das Gesetz enthält auch Bestimmungen zur sogenannten guten fachlichen Praxis. Gentechnik-Bauern müssen beispielsweise bestimmte Mindestabstände zu anderen Pflanzungen und Regeln zum Ausbringen von GVO-enthaltenden Düngemitteln einhalten und Aufzeichnungen anfertigen. Wer gentechnisch verändertes Saatgut in Verkehr bringt, muss in einem "Beipackzettel" darlegen, wie die Anforderungen zur guten fachlichen Praxis eingehalten werden. Bei fehlerhaften Produktinformationen ist die Firma haftbar.
BUND und NABU kritisierten die Beschränkung der Rechte des Bundesamtes für Naturschutz. Gerade beim kommerziellen Anbau genveränderter Pflanzen sei es wichtig, das Urteil einer naturschutzfachlichen Instanz einzuholen. Die Gefährdung von Natur und Landwirtschaft durch die Agro-Gentechnik erfordere zwingend die Mitsprache von Naturschutz-Experten. Die Grünen-Abgeordneten Undine Kurt und Winfried Hermann verwiesen darauf, dass die Befugnisse des BfN bei der Inverkehrbringung von GVO hinter denen zur Zulassung von Pflanzenschutzmitteln zurückbleiben. Fehler im Umgang mit der Risikotechnologie Gentechnik seien aber anders als vergiftete Böden und zerstörte Landschaften nie wieder zu beheben.
Die rot-grüne Bundestagsmehrheit forderte die Bundesregierung auf, sich auf EU-Ebene für europaweite Regeln für Haftungsfragen einzusetzen. Der Pollenflug mache vor nationalen Grenzen nicht halt, unterstützt der vzbv dieses Ansinnen. Deswegen könnten nur EU-weit verbindliche Standards das Recht der Verbraucher auf gentechnikfreie Produkte durchsetzen.
Voraussichtlich am 9. Juli wird der Bundesrat über das Gesetz beraten. Er kann es aber nicht mehr verhindern.