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Weltweite Signalwirkung befürchtet

Scharfe Kritik an Zulassung von Gen-Mais durch EU

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Die EU-Kommission hat nach sechs Jahren erstmals wieder gentechnisch veränderte Organismen zugelassen. Diese mit Spannung erwartete Entscheidung betrifft den vor allem in den USA kultivierten Süßmais Bt11, der ab sofort in der Europäischen Union verkauft werden kann. Bereits seit 1998 besteht für Bt-11-Mais-Produkte eine Importgenehmigung in die Europäische Union. Ein Anbaugenehmigung für die EU ist mit der Entscheidung vom Mittwoch nicht verbunden. Verschiedene Organisationen kritisierten die Entscheidung scharf.


Die gentechnisch veränderte Süßmais-Sorte Bt11 der Schweizer Firma Syngenta ist gegen Schädlinge resistent. Die Pflanze wurde so manipuliert, dass sie ein Gift gegen den so genannten Maiszünsler produziert, der zunehmend auch deutschen Landwirten zu schaffen macht. In Süddeutschland und im Oderbruch ist er schon weit verbreitet, im Rheinland arbeitet er sich immer weiter nach Norden vor. Erst vor wenigen Tagen berichtete die Umweltschutzorganisation Greenpeace, der Bt11-Mais enthalte auch mehrere falsche Genabschnitte, die gar nicht in der Pflanze enthalten sein sollten.

Die Zulassung aus Brüssel stieß auf harsche Kritik von Verbraucherschützern und Umweltverbänden. Ressortchefin Renate Künast (Grüne) kritisierte, die Sache sei "noch nicht entscheidungsreif gewesen, da beispielsweise noch eine wissenschaftliche Untersuchung der Frage fehle, ob der in Dosen auf den Markt kommende Gen-Mais Allergien auslöse oder nicht. Bei der wissenschaftlichen Bewertung seien einfach Daten aus Versuchen mit Futtermais auf den nun zugelassenen Süßmais übertragen worden.

Kritiker befürchten, dass die Kommissionsentscheidung eine Signalwirkung für die Gentechnik-Regulierung weltweit darstellen könnte. "Das Einknicken der EU ist auch ein schwerer Schlag für andere Länder, die die Einfuhr und den Anbau von Genpflanzen regulieren wollen", sagte Cornelia Reetz vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac. Die EU-Kommission handele "vollkommen unverantwortlich". Es komme jetzt darauf an, diesen Ländern klar zu signalisieren, dass zwar einige Politiker und die Gentechnik-Industrie der Gentechnik den Weg ebnen wollten, dass Verbraucherinnen und Verbraucher, Landwirtinnen und Landwirte jedoch weiterhin am Moratorium festhalten würden.

Gegen Gentechnik und die Rolle der WTO bei ihrer Einführung protestieren Attac und der BUND derzeit die gemeinsame Kampagne "GENug WTO!". Während einer zweimonatigen Aktionstour durch Deutschland sammelten sie im Frühjahr Einsprüche an die WTO. Die rund 100.000 Unterschriften, die europaweit zusammengetragen wurden, werden in der kommenden Woche beim Symposium der WTO in Genf überreicht. Sie fordern von der Welthandelsorganisation die Ablehnung der Klage und eine Anerkennung des Vorsorgeprinzips, das es Ländern erlaubt auch ohne wissenschaftlichen Nachweis Importstopps zum Schutz von Umwelt und Gesundheit einzuführen.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace rief die Verbraucher zu einem Boykott von Lebensmitteln mit Bt11-Zusatz auf. "Anders als die Politiker in Brüssel haben Verbraucher, Lebensmittelhersteller und Landwirte europaweit längst begriffen, dass ihnen unsichere Produkte verkauft werden sollen", sagte der Gentechnikexperte von Greenpeace, Christoph Then. Es werde sich am Supermarktregal zeigen, dass die Verbraucher den Mais mit eingebautem Insektengift weder kaufen noch essen werden.

Dagegen begrüßte der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter die Entscheidung. Sie gebe den Weg frei, nach sechsjähriger "rechtswidriger Zwangspause" in Europa wieder eigene Erfahrungen mit gentechnisch veränderten Pflanzen zusammeln, sagte Verbandsgeschäftsführer Ferdinand Schmitz. "Bislang fand Gentechnik bei uns ohne Anbau statt, obwohl der Verbraucher sie schon lange auf dem Teller hat", fügte er hinzu.

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