Wettbewerb auf der Schiene sei gut, müsse aber auf den Transportbetrieb beschränkt bleiben, forderte Müller. "Wir hätten in Deutschland nicht viele Straßen, vor allem in ländlichen Gebieten, wenn Ausbau und Unterhaltung der Straßen Teil des unternehmerischen Geschäfts der Automobilindustrie wäre." Auch für den VCD kommt nur eine Trennung von Infrastruktur unter staatlicher Aufsicht einerseits und Zugbetrieb in Unternehmensverantwortung andererseits in Frage.
Die beiden Verbände stellten sich damit hinter die Position des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestages. Die Verkehrsexperten hatten sich einstimmig gegen einen übereilten Börsengang der DB AG ausgesprochen und die Regierung aufgefordert, zunächst die Auswirkungen verschiedener Privatisierungsmodelle zu prüfen. So müsse das Ziel, mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern und gleichzeitig mehr Wettbewerb zu schaffen, über Art und Zeitpunkt möglicher Privatisierungen entscheiden.
Um die Position der umweltschonenden Schiene im Wettbewerb mit anderen Verkehrsträgern zu stärken und so die Klimabelastung aus dem Verkehrssektor merklich zu verringern, fordert der VCD zudem eine Reihe von Maßnahmen von der Politik. Vordringlich seien verlässliche Finanzzusagen für die Schieneninfrastruktur von staatlicher Seite. Die Schiene dürfe zudem gegenüber der Straße nicht länger benachteiligt werden.
"Nachdem die Investitionen in den Jahren 2001 und 2002 nahezu angeglichen waren, werden die Mittel für die Schiene seit 2003 wieder überproportional gekürzt", kritisierte Heidi Tischmann, Verkehrsreferentin des VCD. Die Bahn gab im letzten Jahr zehn Prozent weniger für Investitionen aus als ursprünglich geplant. Der rot-grüne Haushalt hat sich wieder weit von dem Wahlversprechen entfernt, für Schiene und Straße die gleichen Gelder zur Verfügung zu stellen.
"Eine Gleichbehandlung der verschiedenen Verkehrsträger ist aber unabdingbare Voraussetzung für fairen Wettbewerb." Deshalb fordert der VCD auch das Aus für die Subventionen des Flugverkehrs. Die Befreiung von Kerosinsteuer und die fehlende Mehrwertsteuer auf Tickets bei internationalen Flügen verschafften dem besonders klimaschädlichen Flugverkehr massive Vorteile, ebenso wie Direktbeihilfen für zahlreiche Flughafenstandorte. "Die Rahmenbedingungen für die Schiene müssen stimmen, damit sich das umweltschonende und bequeme Fortbewegungsmittel Eisenbahn durchsetzen kann", resümiert Heidi Tischmann.
"Es ist paradox, dass der Bundeskanzler sich zu einem Zeitpunkt vehement und offensiv für eine Privatisierung der Bahn einsetzt, während seine Bundesregierung um ein Eisenbahngesetz ringt, dass den Rechtsrahmen für den Wettbewerb auf der Schiene langfristig sicherstellen soll", so Müller. Die Position der Bahn hingegen sei offenkundig: "Sie will den Börsengang unter Dach und Fach bringen, bevor sie durch ein neues Gesetz und durch klare Wettbewerbsregeln Marktanteile verliert." Dies könne jedoch nicht die Richtschnur der Bundesregierung sein.
Die Bahn AG machte 2003 nur noch 172 Millionen Euro Minus - 282 Millionen Euro weniger als im Vorjahr. Bahnchef Hartmut Mehdorn plant für 2004 ein positives Ergebnis.
Die Zahl der durch die Bahn AG erbrachten Personenkilometer sank im letzten Jahr um 0,4 Prozent auf 69,5 Milliarden Personenkilometer (Pkm). Während die Fahrten im Fernverkehr um 4,7 Prozent auf 31,6 Milliarden Pkm zurückgingen, wurden im Nahverkehr mit einem Anstieg um 3,4 Prozent auf 37,9 Milliarden Pkm mehr Fahrgäste befördert, was die Bahn vor allem auf bessere Angebote zurückführt. Im Nahverkehr muss sich der Ex-Monopolist einem mittlerweile relativ scharfen Wettbewerb stellen und hat viele Strecken an private Konkurrenten verloren. Im Fernverkehr betreibt dagegen nur die Connex-Gruppe mit dem InterConnex zwei Linien - im Osten Deutschlands, wo die Deutsche Bahn AG den Fernverkehr in weiten Teilen komplett eingestellt hat.