Das Gutachten im Auftrag der Staatsanwaltschaft Neubrandenburg sollte Klärung darüber bringen, wie groß und wie gefährlich die Vergiftung von Futter- und Lebensmitteln durch das Unkrautvernichtungsmittel Nitrofen vor zwei Jahren war.
Die Strafverfolger begründeten die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen Verantwortliche damit, dass mit dem Inverkehrbringen von Nitrofen-Getreide "keine konkrete Gesundheitsgefährdung von Menschen verbunden war" und "keine vorsätzlichen Verhaltensweisen zugrunde lagen". Das Gutachten der Universität Rostock kommt dagegen zu dem Schluss, "dass Nitrofen auch wegen seiner krebserregenden und potenziell erbgutschädigenden Wirkungen auch in geringen Dosen ein nicht akzeptables Risiko bei Aufnahme mit Lebensmitteln darstellt".
Risiken werden insbesondere für Schwangere abgeleitet, da die in Lebensmitteln gemessenen Nitrofen-Belastungen deutlich über den von zwei weiteren Studien als kritisch angesehenen Werten lagen. Laut Gutachten ist aus den Untersuchungen zudem ersichtlich, "daß auch andere Wirkstoffe z.B. DDT, Lindan u.a. beteiligt waren. Dieser Sachverhalt war aber nicht Untersuchungsgegenstand."
Ebenso stellt das Gutachten fest: "So wie sich die Lagerhalle bei seiner Begehung am 01.07.2002 zeigte, muss nach menschlichem Ermessen jedem Bürger der Bundesrepublik Deutschland, unabhängig von seiner Bildung und Verantwortung, beim Betreten der Halle aufgefallen sein, dass der starke Geruch nach Chemikali Halle d die besonderen Verfärbungen auf dem Hallenboden nicht von vorschriftsmäßig gelagertem Getreide verursacht sein können."
foodwatch ist daher der Ansicht, dass sich die Verantwortlichen der Norddeutschen Saat- und Pflanzgut AG strafbar gemacht haben. Die Staatsanwaltschaft sah dagegen nur "Anhaltspunkte für fahrlässiges Verhalten".
Anfang 2002 hatte ein Hersteller von Babynahrung Nitrofen in einer Lieferung von Bio-Putenfleisch entdeckt. Dazu war es gekommen, weil Öko-Futterweizen in einem früheren Pflanzenschutzmittel-Depot im mecklenburgischen Malchin gelagert worden war.