Überblick
- Unicef will mehr Geld für Kampf gegen Aids bei Kindern
- Programme zur Stärkung der Gemeinschaften gegen AIDS nötig
- AIDS-Medikamente für Kinder fehlen
- Aids-Ausbreitung abhängig von Unterstützung der Industrieländer
- Spitzensportler unterstützen Aids-Prävention
- Für HIV-Medikamente für Kinder fehlt der "Marktanreiz"
- HIV-Virus weiter auf dem Vormarsch
- Tsunami-Unglück verdrängt Aids, Tschetschenien und Co.
- Deutsche AIDS-Stiftung fordert Therapie-Zugang für alle Betroffenen
Am 23. April 1984 hatten US-Wissenschaftler gemeinsam mit dem nationalen Gesundheitsministerium auf einer Pressekonferenz erstmals vor der Aids-Gefahr gewarnt.
UN-Wissenschaftler Piot kritisierte die Regierungen vieler osteuropäischer Länder und Zentralasiens, die die drohende Gefahr durch die sich dort dramatisch schnell ausbreitende Immunschwächekrankheit völlig ignorierten. Dort sei zufolge in den vergangenen Jahren die Zahl der Aids-Infektionen beängstigend schnell gestiegen. Während 1998 noch 30 000 Menschen in diesen Regionen mit einem der HI-Viren infiziert waren, seien es derzeit bereits 1,5 Millionen.
Der UNAIDS-Chef verwies in diesem Zusammenhang auf das Besorgnis erregend gestiegene Infektionsrisiko von Frauen. Inzwischen sei weltweit jeder zweite HIV-Infizierte eine Frau. In vielen Regionen Afrikas seien es sogar 60 Prozent. Zudem müssten neben der wachsenden Zahl der Weltbevölkerung und der Zunahme städtischer Ballungsräume auch Globalisierungsphänomene wie die steigende Migration und Reisemobilität als Aidsrisiken ernst genommen werden. Zwei Drittel aller HIV-Infektionen unter heterosexuellen Menschen beträfen Personen aus Regionen mit hoher Aids-Infektionsrate.
Deutsche Nichtregierungsorganisationen forderten am Mittwoch von der Bundesregierung ein stärkeres Engagement im weltweiten Kampf gegen Armut und Aids. Katja Roll vom Aktionsbündnis gegen Aids appellierte an die rot-grüne Koalition, im kommenden Jahr 500 Millionen Euro für Aids-Programme zur Verfügung zu stellen. Bis 2007 solle die Summe auf 700 Millionen Euro erhöht werden.
Neben der Bundesregierung müsse sich auch die Wirtschaft stärker beteiligen, forderte Roll. Bislang hätten deutschen Unternehmen nur 15 000 Euro in den globalen Fonds gegen Aids, Malaria und Tuberkulose eingezahlt.
Die Bundesrepublik habe als finanzkräftige Nation "gefälligst an Problemen außerhalb Deutschlands" mitzuarbeiten, betonte Sänger Herbert Grönemeyer, der die Kampagne zusammen mit dem Leadsänger der Band U2, Bono, unterstützt. Es gelte, Druck auf den Bundeskanzler auszuüben, damit dieser sich nicht aus der Verantwortung "rausreden" könne.
Die Bundesregierung habe bis 2007 für den "Globalen Fonds gegen Aids, Malaria und Tuberkulose" 300 Millionen Euro zugesagt, sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) am Mittwochabend nach einem vorab verbreiteten Redetext bei der jährlichen Preisverleihung des globalen Wirtschaftsrates gegen HIV/Aids.
Unicef will mehr Geld für Kampf gegen Aids bei Kindern
Zehn Millionen Kinder und Jugendliche infiziert
Zehn Millionen junge Menschen sind nach Schätzungen des UN-Weltkinderhilfswerks Unicef mit HIV infiziert. Kinder und Jugendliche seien am stärksten von der Ausbreitung des Virus betroffen, sagte eine Sprecherin der Organisation am Dienstag in Köln. Mehr als die Hälfte derjenigen, die sich 2003 neu angesteckt hätten, seien noch keine 25 Jahre alt. Insgesamt trügen weltweit 38 Millionen Menschen das HI-Virus. Nötig sei daher mehr Geld für den Kampf gegen die Immunschwächekrankheit., Kinder und Jugendliche müssten dabei im Mittelpunkt stehen. Gleichzeitig verlören immer mehr Kinder durch die Krankheit ihre Eltern. Die Zahl der "Aids-Waisen", die einen oder beide Elternteile verloren haben, sei von 11,5 Millionen im Jahr 2001 auf 15 Millionen im vergangenen Jahr angestiegen. Unicef befürchtet ein Ansteigen der Zahl der "Aids-Waisen" auf 18 Millionen bis zum Jahr 2010.
Nach Angaben von Unicef wurden 2003 rund 630 000 Kinder mit dem Virus geboren oder erhielten es während des Stillens mit der Muttermilch. Fast eine halbe Million Kleinkinder unter fünf Jahren starb im vergangenen Jahr an Aids. Drei Viertel der HIV-infizierten jungen Menschen im südlichen Afrika sind weiblich. Die größten Zuwachsraten werden derzeit in Asien und Osteuropa verzeichnet.
Bei der Welt-Aids-Konferenz vom 11. bis 16. Juli in Bangkok müssten deshalb Kinder und Jugendliche in den Mittelpunkt des Kampfes gegen Aids gestellt werden. Unicef fordert mehr finanzielle Mittel, um Aufklärung und Behandlung der Krankheit in den Entwicklungsländern entscheidend zu verbessern.
Am 06-07-2004
Programme zur Stärkung der Gemeinschaften gegen AIDS nötig
15. Welt-AIDS-Konferenz
Vom 11. bis 16. Juli 2004 findet die 15. Welt-AIDS-Konferenz in Bangkok statt. Das entwicklungspolitische Kinderhilfswerk terre des hommes will zu Beginn der Konferenz auf das doppelte Leid der Kinder aufmerksam machen. Schätzungsweise 15 Millionen Kinder weltweit sind zu Waisen geworden, weil ihre Eltern an Aids gestorben sind. Die meisten von ihnen leben in Afrika. Von den rund 38 Millionen Menschen, die sich mit HIV/AIDS infiziert haben, sind fast drei Millionen Jungen und Mädchen unter 15 Jahren. Wie Befragungen durch Partnerorganisationen von terre des hommes gezeigt hätten, fehle es häufig am Allernötigsten wie Nahrung, Kleidung und gesundheitlicher Versorgung. Über eine Unterstützung bei der Grundversorgung hinaus müsse Kindern jedoch auch etwas von ihrer viel zu großen Verantwortung abgenommen werden. "Sie müssen die Chance bekommen, weiter zur Schule gehen zu können, sonst blicken sie einem Leben in Armut entgegen", betont Ralf Syring, Koordinator für die Hilfsprojekte von terre des hommes im südlichen Afrika.
Eine wichtige Form der Unterstützung der Kinder, aber auch erkrankter Erwachsener, sieht terre des hommes in der Stärkung der lokalen Gemeinden. Ihre Förderung sei eine der großen Herausforderungen für die Zukunft, auch im Blick auf die Vorbeugung von HIV/AIDS. Denn der Ausbreitung des Virus gehe als Ergebnis von Globalisierung und Modernisierung häufig die Zerstörung von sozialen Bindungen und Gemeinschaften voraus. Hier seien Konzepte gefragt, mit denen Gemeinden von innen gefestigt und im Kampf gegen AIDS unterstützt werden könnten.
"Zahlen allein können die Folgen für die Opfer dieser sozialen Katastrophe nicht annähernd vermitteln. Vielmehr muss man sich die konkreten Schicksale der Kinder vor Augen führen. Kinder, die die Verantwortung von Erwachsenen übernehmen, weil sie den Haushalt für sich und ihre jüngeren Geschwister führen müssen, haben keine Kindheit mehr", erklärt Syring.
terre des hommes fördert derzeit mehr als 80 Aufklärungs- und Hilfsprojekte zu HIV/AIDS weltweit. Mit ihnen werden durch Einkommens- und Ausbildungshilfen die eigenen Kräfte der betroffenen Menschen gestärkt.
Am 09-07-2004
AIDS-Medikamente für Kinder fehlen
Kein lohnender Markt
Internationale Pharmakonzerne und Regierungen enttäuschen bei der Entwicklung und Produktion von AIDS-Medikamenten und Diagnosemethoden für Kinder. Dies kritisierte die Organisation Ärzte ohne Grenzen bei der 15. Internationalen AIDS-Konferenz in Thailand. "Kinder, die eine AIDS-Therapie benötigen, müssen große Mengen an übelschmeckendem Sirup trinken oder große Tabletten schlucken. Und das nur, wenn sie überhaupt Glück und Zugang zu einer AIDS-Behandlung haben", führte David Wilson aus, medizinischer Koordinator der Programme von Ärzte ohne Grenzen in Thailand. "Pharmafirmen interessiert es nicht, AIDS-Medikamente für Kinder zu entwickeln, weil Kinder kein lukrativer Markt sind." 2003 waren weltweit geschätzte 2,5 Millionen Kinder mit HIV infiziert. Über 700.000 Kinder unter 15 kamen zu den Neuinfizierungen hinzu, davon lebten 88,6 Prozent in Afrika südlich der Sahara. Etwa die Hälfte dieser Kinder stirbt vor dem zweiten Lebensjahr. Alleine die HIV-Diagnose sei problematisch, so Ärzte ohne Grenzen, da standardisierte Bluttests bei Kindern unter 18 Monaten nicht zuverlässig seien und eine andere Methode ebenfalls nicht für einen Einsatz bei Kindern geeignet sei. Aber auch die tatsächliche Behandlung stelle eine erhebliche Schwierigkeit dar, weil es kaum Medikamente für Kinder gebe. Die Dosierung erfolge meist nach Gewicht oder Körperoberfläche und müsse auch ans Wachstum des Kindes angepasst werden.
In den Entwicklungsländern liegen keine standardisierten Dosierungen vor. Meistens werden schlecht schmeckende und schwer dosierbare Siruparzneien für Kinder mit einem Körpergewicht unter zehn Kilo eingesetzt. Für ältere Kinder sind diese aber wieder ungeeignet, und antiretrovirale Medikamente werden selten als gering dosierte Tabletten oder Kapseln produziert. "Wenn auf die Medikamentenproduzenten kein massiver Druck ausgeübt wird und Regierungen sich nicht dafür einsetzen, wird es Jahre dauern, bis neue Therapien erhältlich sind", erklärt Fernando Pascual, Pharmazeut von Ärzte ohne Grenzen. "Wir müssen für die Entwicklung von handhabbaren Diagnosemethoden und kinderfreundlichen Medikamenten kämpfen."
Am 13-07-2004
Aids-Ausbreitung abhängig von Unterstützung der Industrieländer
15. Weltaidskonferenz
Die weltweite Aids-Epidemie kann gestoppt werden. Das ist die Bilanz der 15. Weltaidskonferenz, die heute in Thailand zu Ende ging. Auch in Ländern mit schwachen Gesundheits- und Bildungssystemen sei eine effektive Prävention, Behandlung und Pflege möglich. Nichtregierungsorganisationen kritisieren, dass internationale Geber den Ausbau dringend notwendiger Aids-Programme nach wie vor unzureichend unterstützen und nationale Regierungen teilweise unzulänglich auf die Epidemie reagieren. "Vor zwei Jahren wurde noch diskutiert, ob Aids-Behandlung in den Entwicklungsländern überhaupt möglich ist. Heute haben in vielen dieser Ländern wirksame Behandlungsprogramme begonnen, die zunehmend ausgeweitet werden", sagt Rainward Bastian vom Sprecherkreis des Aktionsbündnisses gegen AIDS. Der Ausbau von Pilotprojekten zu landesweiten Programmen hänge allerdings vom politischen Willen in den Industrieländer ab, die weltweite Aids-Arbeit finanziell und politisch zu unterstützen. UN-Generalsekretär Kofi Annan, der südafrikanische Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela sowie viele Aids-Aktivisten und Betroffene fordern daher die reichen Länder auf, ihre finanziellen Beiträge zur Bekämpfung von HIV/Aids auszubauen.
Auf der Konferenz habe die britische Regierung mit der Bekanntgabe, dass sie ihre finanziellen Mittel zur globalen Aidsbekämpfung deutlich anhebt einen wichtigen Akzent gesetzt. "Damit fällt Deutschland im Vergleich der internationalen Geber deutlich zurück, obwohl der Ruf nach mehr Mitteln überdeutlich ist ", kommentiert Katja Roll vom Aktionsbündnis. Großbritannien zahle bisher 140 Millionen Euro in den vor zwei Jahren gegründeten Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria - ein internationales Finanzierungsinstrument von Regierungen, Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen für medizinische Projekte - ein. Deutschland habe lediglich 77 Millionen Euro beigesteuert. Bei der Weltaidskonferenz habe die deutsche Regierung auch keine weitere Erhöhung ihrer Beiträge oder neue politische Initiativen angekündigt.
In vielen betroffenen Ländern, hätten die Regierungen die Aids-Bekämpfung zur politischen Priorität erklärt, so die Bilanz. Andere Staaten, gerade in Osteuropa, liessen den notwendigen politischen Willen aber oftmals noch vermissen. Neben der Finanzierung spiele auch der Aufbau technischer Kapazitäten in nationalen Gesundheitssystemen eine wichtige Rolle. Zudem kritisieren Nichtregierungsorganisationen und Selbsthilfegruppen von Menschen, die mit HIV/Aids leben, dass ihre Erfahrung und ihr Wissen nicht stärker in die Aids-Bekämpfung mit einbezogen würden.
Am 16-07-2004
Spitzensportler unterstützen Aids-Prävention
Olympische Spiele
In ihrem Gepäck nach Athen haben alle Sportler der deutschen Olympiamannschaft ein Exemplar der limitierten "Go for Gold"-Kondomedition dabei. Da Spitzensportler für viele junge Menschen eine Vorbildfunktion haben, unterstützen mehrere deutsche Olympioniken die Aktion der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Die BZgA will im Rahmen der Olympischen Sommerspiele 2004 mit "Go for Gold" auf die weltweite Aids-Problematik und auf Safer Sex als den besten Schutz vor einer HIV-Infektion hinweisen. So stellen sich die Vizeweltmeisterinnen im Degen, Imke Duplitzer, Britta Heidemann und Marijana Markovic sowie der Olympiasieger von Sydney im Kanuslalom, Thomas Schmidt, als Botschafter zur Verfügung. Das "Go for Gold"-Motiv - ein goldenes Kondom auf einem Siegerpodest - ist auch bundesweit auf Großflächenplakaten zu sehen. Außerdem erhalten die Fernsehsender fünf verschiedene TV-Spots zu unterschiedlichen olympischen Disziplinen, denen allen der Schutzgedanke vor einer HIV-Infektion zugrunde liegt.
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat die deutsche "Go for Gold"-Aktion vor kurzem als international beispielhaft empfohlen. Die Ergebnisse der im Juli in Bangkok stattgefundenen Internationalen Aidskonferenz zeigen, dass immer wieder über Aids und die gesundheitlichen Gefahren dieser Infektionskrankheit aufgeklärt werden muss. "Solange sich jede Minute rund 10 Menschen mit HIV anstecken, solange zählt Aids zu den größten Krankheitskatastrophen in der Welt", sagt Dr. Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. "Zwar haben wir in Deutschland aufgrund langjähriger erfolgreicher Prävention eine günstige Situation im Hinblick auf die Ausbreitung von HIV/Aids. Trotzdem dürfen wir die Augen vor den Gefahren dieser weltweiten Entwicklung nicht verschließen. Dies gilt ganz besonders für die jungen Menschen der nachwachsenden Generation, die immer wieder neu angesprochen und informiert werden müssen", so Dr. Pott weiter.
Deshalb startet die BZgA anlässlich der Olympischen Spiele 2004 ein neues Gewinnspiel, das sich vor allem an Jugendliche richtet. Hier kann jeder seine Idee für ein mach’s mit-Motiv zum Thema "Olympische Sportarten" einschicken. Als Gewinn für die sechs beliebtesten Motive gibt es jeweils ein "Go for Gold"-T-Shirt sowie eine "Go for Gold"-Kondomedition.
Die Olympischen Spiele als weltweites sportliches Ereignis seien der beste Anlass für die Aids-Prävention. "Ich freue mich über die seit Jahren gelungene Kooperation zwischen dem Nationalen Olympischen Komitee und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung", so deren Direktorin Dr. Elisabeth Pott. "Wo Menschen aus aller Welt zusammen treffen, auch aus Ländern, in denen bereits ein Viertel der Bevölkerung mit HIV infiziert ist, da müssen wir unsere gemeinsame Botschaft so weit wie möglich verbreiten."
Am 10-08-2004
Für HIV-Medikamente für Kinder fehlt der "Marktanreiz"
Aids
Für Aids-infizierte Kinder ist die medizinische Versorgung noch wesentlich schlechter als für Erwachsene. Auf die Entwicklung geeigneter Mittel könne zur Zeit nur gehofft werden, kritisiert die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen. In ärmeren Ländern müssten viele von ihnen sterben, weil die HIV/Aids-Therapie viel teurer und komplizierter ist als bei Erwachsenen. Ein Hauptproblem sei allerdings, dass es für die Pharmaindustrie wenige Marktanreize gebe, Aids-Medikamente speziell für Kinder herzustellen. "In reichen Ländern gibt es nur wenige Kinder, die an der Immunschwächekrankheit leiden, und ärmere Länder können die Kosten für die Therapien nicht aufbringen", sagte Tido von Schön-Angerer von der deutschen Sektion von Ärzte ohne Grenzen anlässlich einer Konferenz zu HIV/Aids bei Kindern.
Im vergangenen Jahr sei die Behandlung von Erwachsenen mit HIV/Aids in ärmeren Ländern zunehmend einfacher geworden. Viele Patienten nähmen inzwischen sogenannte Generika. Das sind nachgebaute Medikamente, die mit den Markenprodukten chemisch identisch sind. Ihre Preise sind jedoch wesentlich geringer, da Werbungs- und Entwicklungsausgaben wegfallen. Die Markenprodukte hingegen sollen beim Verkauf auch die Forschungskosten der Pharmakonzerne decken und darüber hinaus oft hohe Profite erzielen.
Doch solche Präparate gibt es laut Ärzte ohne Grenzen noch nicht in entsprechenden Dosierungen für Kinder. Die Behandlung eines Kindes kann denmnach mehr als sechs Mal so teuer sein wie die Therapie eines Erwachsenen: 1.300 US-Dollar im Vergleich zu 200 US-Dollar jährlich (für ein 14 Kilogramm schweres Kind, das drei verschiedene Sirups einnehmen muss). Im Jahr 2003 trugen nach Angaben von UNAIDS weltweit rund 2,5 Millionen Kinder das HI-Virus in sich. Die Hälfte der HIV-positiven Kinder sterben vor ihrem zweiten Geburtstag.
Viele Ärzte seien regelrecht frustriert, weil sie mehr helfen wollten, jedoch nicht könnten, meint Christiane Löll von Ärzte ohne Grenzen. "Gesundheit ist ein Menschenrecht und muss vor marktwirtschaftlichen Interessen stehen."
"Da Arzneimittelhersteller keine Kombinationspräparate für Kinder anbieten, mache ich das, was die meisten Ärzte tun: Ich zeige den Angehörigen, wie sie die Tabletten für Erwachsene zerkleinern können und hoffe, dass die Kinder die Dosis bekommen, die sie brauchen", sagt Koen Frederix, ein Kinderarzt, der für Ärzte ohne Grenzen in Malawi arbeitet. "Kleine Kinder können außerdem keine Tabletten schlucken, daher müssen wir ihnen verschiedene Sirups in jeweils unterschiedlichen Mengen geben - was die Behandlung wesentlich komplizierter macht."
Einige Studien befassen sich mit der Entwicklung von Tabletten, die Kinder einmal am Tag einnehmen müssten. Die Hoffnung ist, dass einige Unternehmen die Produktion dieser Präparate aufnehmen.
Am 03-11-2004
HIV-Virus weiter auf dem Vormarsch
Welt-Aids-Tag
Trotz großer internationaler Anstrengungen breitet sich Aids weiter aus - das ist die ernüchternde Bilanz des UNAIDS-Reports 2004. In diesem Jahr haben sich 4,9 Millionen Menschen angesteckt, das sind knapp zehn Prozent mehr als noch 2002. Dieser Trend ist seit vielen Jahren ungebrochen. Besonders verheerend ist es in Afrika südlich der Sahara. Dort gibt es Regionen, in denen jeder Zweite infiziert ist. "Die eigentliche Katastrophe ist, dass in den am schlimmsten betroffenen Ländern die Aidskranken nicht behandelt werden können, obwohl es die Medikamente gibt", sagt Bernd Pastors, geschäftsführendes Vorstandsmitglied von action medeor. Während in Westeuropa von 100 Infizierten pro Jahr nur einer stirbt, sind es im südlichen Afrika zehn. Und trotzdem steigt die Anzahl der Infizierten in der Bevölkerung weiter an. "Wir haben keine Zeit zu verlieren. Mit unserer neuen Initiative wollen wir möglichst vielen Menschen möglichst schnell helfen", so Pastors. "Ende 2004 wissen wir, dass wir das WHO-Ziel "3 by 5" nicht erreichen werden." Die Weltgesundheitsorganisation will bis zum Jahr 2005 drei Millionen Menschen mit Aids-Medikamenten versorgen - bis jetzt Afrika rgt sind lediglich 440.000. Allein in Afrika südlich der Sahara mü Afrika fünf Millionen Menschen dringend behandelt werden.
"Die Menschen, vor allem in Afrika, können es sich nicht leisten, Originalpräparate einfliegen zu lassen. Deswegen unterstützen und begleiten wir den Aufbau von lokaler Aids-Medikamenten-Herstellung im Kongo," führt Pastors aus. "Es macht nur Sinn, ein Behandlungszentrum aufzubauen, wenn die Patienten die Behandlung bezahlen können. Darum fordern wir, dass die pharmazeutische Industrie für die bedürftigen Länder Wissen und Technologie kostenlos zur Verfügung stellt, um vor Ort zu produzieren und Transportkosten und Lizenzgebühren zu vermeiden."
Medikamente allein reichten jedoch zur Bekämpfung nicht aus. Deshalb setzt medeor auf das sogenannte Fünf-Punkte-Programm. Dazu gehören Aufklärung und Prävention, Diagnostik, Behandlung, Sterbebegleitung und Versorgung der HIV/Aids-Waisen. "Im Großen wie im Kleinen können wir nur zusammen mit Politik und Industrie erfolgreich sein", erklärt Pastors. Am 30.11. findet in Berlin eine Fachtagung mit dem Thema "Chancen und Risiken bei der Behandlung von HIV/AIDS-Infizierten in Entwicklungsländern statt. Veranstalter sind action medeor, die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit und der Verband Forschender Arzneimittelhersteller.
Am 25-11-2004
Tsunami-Unglück verdrängt Aids, Tschetschenien und Co.
Medien
Unter den vielen Berichten über die verheerende Flutwelle in Südostasien geht die Berichterstattung über andere Katastrophen oder Konflikte unter. Wie eine Studie von Reuters Alert Net ergab, fand das Tsunami-Unglück in den ersten zwei Monaten in 200 englischsprachigen Zeitungen in 34.992 Artikeln Erwähnung. Über den Krieg in der Demokratischen Republik Kongo, in dem mittlerweile über vier Millionen Menschen getötet wurden, hat die internationale Presse im gesamten vergangenen Jahr dagegen nur mit 3.119 Artikeln berichtet, heißt es im Media Guardian. Daran sei nicht nur die einfache Darstellbarkeit der Tsunami-Katastrophe schuld, sondern auch die geringen Budgets, autoritäre Regime und die Redaktionen, die solche Themen nur klein und auf den hinteren Seiten behandeln. "Die Herausforderung komplexe Konflikte einfach darzustellen und dieser Darstellung zusätzlich noch einen Funken an Hoffnung zu geben, um das Publikum zu Mitgefühl anzuregen, das sind, unter anderen, die Gründe dafür, dass viele Katastrophen 'vergessen' werden", so die Erklärung der Mitarbeiter humanitärer Organisationen. Die Bilder einer Katastrophe, wie der des Tsunami, ließen sich einfacher transportieren und sind in ihrer Wirkung dramatischer, kommentiert Paul Harvey von der britischen Humanitarian Policy Group die Ergebnisse der Studie.
Die Aufmerksamkeit der Medien auf die Flutwelle, in der zirka 300.000 Menschen den Tod fanden, stehe in keinem Verhältnis zu der Zahl der Opfer die Aids, Tuberkulose oder die Konflikte in Tschetschenien, Kolumbien und Haiti jedes Jahr forderten. Darüber hinaus hätten Journalisten und Redakteure mit logistischen Problemen und sehr knappen Budgets zu kämpfen. Staaten wie Simbabwe und der Sudan verweigerten Journalisten oft ein Visum. Auch sei es die Mühen meist nicht wert, sich tagelang durch den Dschungel zu quälen, um die Geschichte dann als Einspalter auf der zehnten Seite wieder zu finden.
Am 14-03-2005
Deutsche AIDS-Stiftung fordert Therapie-Zugang für alle Betroffenen
Medizin und HIV
Aus Anlass der Vorstellung des Geschäftsberichts für 2004 kritisierte die Deutsche Aids Stiftung am Freitag in Bad Godesberg, dass trotz sinkender Medikamentenpreise viele Betroffene in den weniger entwickelten Ländern keinen Zugang zu antiretroviraler Therapie haben. "Um dies zu ändern, müssen alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Die Deutsche AIDS-Stiftung fordert Politik, Pharmaindustrie, Forschung sowie Hilfsorganisationen zu gemeinsamen Anstrengungen und einer besseren Zusammenarbeit im Kampf gegen AIDS auf", so Dr. Ulrich Heide, Geschäftsführender Vorstand der Stiftung. Im Jahr 2004 konnte die Stiftung von HIV und AIDS betroffene Menschen in Deutschland im Rahmen der Einzelhilfe mit 935.830 EUR (2003: 870.151 EUR) unterstützen. Für die Förderung nationaler Projekte wurden 614.041 EUR (2003: 528.826 EUR) aufgewendet, zuzüglich der Finanzierung des Wohnprojektes Reichenberger Straße in Berlin mit 480.374 EUR (2003: 971.500 EUR), für internationale Projekte wurden 369.383 EUR (2003: 196.187 EUR) ausgegeben. Die Gesamtsumme der bewilligten Mittel beläuft sich im Jahr 2004 auf 2.492.548 EUR (2003: 2.618.072 EUR).
Die Antragsteller bei der Deutschen AIDS- Stiftung werden insgesamt älter, unter ihnen sind mehr Migranten und mehr Frauen. Die Bewilligungssummen verschieben sich zunehmend von den Einzelhilfen zur Projektförderung. Die Unterstützung internationaler Projekte nimmt weiter zu. Die Zunahme der Projektförderungen habe auch mit der fortschreitenden Globalisierung zu tun. "Steigende Infektionsraten in Osteuropa und eine dramatische epidemiologische Situation, insbesondere im südlichen Afrika, führen dazu, dass wir uns verstärkt auch international engagieren", so Dr. Christoph Uleer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen AIDS-Stiftung.Stefan Hippler, Vorsitzender des von der Stiftung unterstützten Hilfsprojektes "Hope" in Kapstadt/Südafrika, kennt die Therapie- Probleme aus der Praxis: Stigma, Armut, falsche Dosierungen, mangelnde Betreuung der Patienten und Resistenzbildung. "Resistente Viren reisen schnell und werden auch nach Europa kommen. Deshalb ist die Frage eines Erfolges der medikamentösen Behandlung in Südafrika von Bedeutung für Europa", betont Hippler. Als unabdingbar für die Verbesserung des Therapie-Zugangs bezeichnet Doris D´Cruz Grote vom Global Fund weitere Preissenkungen bei Medikamenten, effektive Infrastrukturen für Test- und Behandlungszentren sowie eine ausreichende Zahl qualifizierter Mitarbeiter.
Am 17-06-2005