Das Jagdrecht müsse vom Ballast des Reichsjagdgesetzes von 1934 befreit werden und der Wildbiologie, dem naturnahen Waldbau und dem Tierschutz Rechnung tragen, forderte der Präsident des Naturschutzbundes NABU, Olaf Tschimpke. Im Waldgesetz, das in seiner geltenden Fassung nahezu "ökologiefrei" sei, müssten die anerkannten Grundsätze einer naturnahen Waldwirtschaft verankert werden. Diesem Anspruch würden die von Renate Künast vorgestellten Eckpunkte laut NABU jedoch nur teilweise gerecht. "Insbesondere die Eckpunkte zum Waldgesetz fallen sehr dürftig aus und bleiben weit hinter den Ergebnissen des von der Bundesregierung initiierten nationalen Waldprogramms zurück", so Tschimpke. Wesentliche Bestandteile eines naturnahen Waldes, wie der Schutz von Totholz und besonderen Lebensräumen, würden gar nicht oder weitgehend unverbindlich geregelt. Als positiv hingegen wertete der NABU den angestrebten Verzicht auf Kahlschläge, Pflanzenschutzmittel und Gentechnik im Wald. Nach den Reformplänen sollen Kahlschläge grundsätzlich verboten werden, ebenso sollen Pflanzenschutzmittel oder gentechnisch veränderte Pflanzen im Wald tabu sein. Um das Ziel eines naturnahen Mischwaldes zu erreichen, sollen die Mängel strukturarmer Wälder allmählich abgebaut werden. Durch die Förderung forstwirtschaftlicher Zusammenschlüsse soll zudem die Holzvermarktung verbessert werden.
Jäger und Grundbesitzer sollen künftig die Pflicht haben, Wildlebensräume zu pflegen und zu verbessern, so Künasts Planungen. Um das Problem des erhöhten Wildbestandes zu lösen, sollen die Schalenwildbestände auf ein "verträgliches Maß" zurückgeführt werden. Auch solle die Fütterung von Wild grundsätzlich verboten werden. Diese finde nur statt, um "schöne Trophäen vor der Flinte zu haben", sagte die Ministerin.
Verboten werden sollen auch bestimmte Jagdtechniken wie die Verwendung von Bleischrot bei Wasserjagd oder die Jagd mit Fallen. Das Abschießen von Hunden und Katzen während der Jagd soll ebenso verboten werden wie die Ausbildung von Jagdhunden an lebenden Tieren. Eine Ausnahme sei der Fang von Frischlingen, wenn die Schweinepest bekämpft werden müsse.
Der NABU kritisierte, die Eckpunkte zum Bundesjagdgesetz ließen die notwendige Entschiedenheit vermissen. "Es ist völlig unverständlich, warum die meisten Wasservogelarten, darunter gefährdete Enten, Gänse und Taucher, weiterhin zur Liste der jagdbaren Arten gehören sollen", sagte NABU-Präsident Tschimpke.
Die Regelung zur Jagd in Schutzgebieten geht Natur- und Artenschützern nicht weit genug. So stieß die Ankündigung der Ministerin, die Jagd in Naturschutzgebieten künftig zu verbieten, sofern der Schutzzweck dadurch nicht gefährdet ist, auch auf eher kritische Zustimmung. "Da müssen klarere Formulierungen her", fordert Alexander Heyd, Sprecher des Komitees gegen den Vogelmord. Jagd habe in Naturschutzgebieten grundsätzlich nichts zu suchen. Auch der NABU verlangte, in Nationalparken und Kernzonen von Großschutzgebieten die Jagd entsprechend internationaler Kriterien gänzlich zu verbieten. Ebenso müsse der Einsatz von giftiger bleihaltiger Munition generell verboten werden, nicht nur in Form des Bleischrots bei der Wasserjagd.
Die nun vorgelegten Eckpunkte sollen innerhalb eines Jahres Gesetz werden. Unterdessen wird in Deutschlands Revieren weiter geschossen. Allein im Jagdjahr 2002/03 wurden nach Angaben des Komitees gegen den Vogelmord insgesamt 5.346.986 Wildtiere von Jägern getötet, darunter mehr als 1,5 Millionen Zugvögel.