Um dies zu ändern, haben das Bayerische Umweltministerium und das Umweltbundesamt (UBA) ein direkt umsetzbares Konzept entwickelt, mit dem sich die vorhandenen Messnetze und Beobachtungsprogramme effektiver nutzen lassen: Die ökosystemare Umweltbeobachtung. An der Entwicklung haben sich auch die Länder Hessen und Thüringen beteiligt. "Komplexe Veränderungen der Umwelt sollen frühzeitig erkannt und notwendige Gegenmaßnahmen rechtzeitig ergriffen werden", so der Präsident des Umweltbundesamtes, Prof. Dr. Andreas Troge.
Es genüge nicht, den Zustand der Umweltmedien Wasser, Boden und Luft mit den vorhandenen Messnetzen und Beobachtungsprogrammen der Länder und des Bundes zu erfassen. Troge: "Zusätzlich müssen wir Funktionen und Prozesse in den Ökosystemen erfassen und deren Veränderungen langfristig aufzeichnen". Das Konzept biete den Ländern und dem Bund eine fundierte Handlungsanleitung, um die bestehenden Beobachtungsaktivitäten stärker zu koordinieren und zu bündeln, was ihre Aussagequalität erhöhe.
Das Buch mit CD-ROM "Ökosystemare Umweltbeobachtung. Vom Konzept zur Umsetzung" enthält einen Methoden-"Baukasten", der schrittweise umgesetzt und auf unterschiedliche regionale Gegebenheiten übertragen werden kann. Bestandteile sind Schlüsselparameter für die frühzeitige Beobachtung unerwünschter Veränderungen der ökosystemaren Funktionen und Prozesse sowie Vorschläge zur Auswertung der Messdaten aus verschiedenen Umweltmedien im Ursache-Wirkungszusammenhang. Diese integrierende Datenauswertung ergänzt die bestehenden, auf die Umweltmedien bezogenen Beobachtungsprogramme und erfüllt durch die Erfassung von Trends eine Frühwarnfunktion.
Ein Beispiel: Die Versauerung von Böden und Gewässern ist ein bekannter Prozess, der jedoch langsam und schleichend abläuft. So gehen einer Versauerung des Bodens stets Veränderungen bodeninterner Prozesse der Stoffumwandlung und veränderte Stoffflüsse voraus. Wenn diese frühzeitig durch Messungen erfasst werden, etwa mit Hilfe der Ionen-Austauschkapazität oder der Säure-Basen-Kapazität im Boden und Grundwasser, lassen sich mitunter noch rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen.
Diese Schlüsselparameter reagieren wesentlich sensibler auf Versauerungsprozesse als der pH-Wert, der gegenwärtig noch zur Beschreibung der Versauerungsprozesse benutzt wird. Eine Veränderung des pH-Wertes steht jedoch erst am Ende der Reaktionskette und lässt die gewünschte Früherkennung der Versauerung in den wenigsten Fällen zu. Ist der pH-Wert bereits deutlich gesunken, ist es häufig zu spät, um noch mit Maßnahmen gegenzusteuern.
Für die ökosystemare Umweltbeobachtung diente das länderübergreifende UNESCO-Biosphärenreservat Rhön als Modellraum. Ein beispielhafter Umweltbericht für die Rhön zeigt, dass es bereits heute ohne Zusatzerhebungen möglich ist, über drei Länder (Bayern, Hessen, Thüringen) hinweg Beobachtungsdaten integriert in einem Ursache-Wirkungs-Zusammenhang aufzubereiten. Damit hat das Konzept seine Bewährungsprobe bestanden.
Der Nutzwert der vorhandenen Beobachtungsprogramme ist in der Rhön erheblich gestiegen. Die Länder Bayern, Hessen und Thüringen haben die ökosystemare Umweltbeobachtung im Biosphärenreservat Rhön bereits eingeführt und beabsichtigen, auf dieser Grundlage einen integrierten Umweltbericht zu erstellen. Auch die Länder Brandenburg, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg nutzen bereits Bausteine des Methoden-"Baukastens".
Das Buch "Ökosystemare Umweltbeobachtung. Vom Konzept zur Umsetzung" (mit CD-ROM) ist im Erich-Schmidt-Verlag, Berlin, erschienen und im Buchhandel erhältlich (ISBN 3-503-07820-7). Es kostet 48 Euro. Weitere Informationen in deutscher und englischer Sprache gibt es unter der Internet-Adresse.