Dabei solle die Kommission insbesondere die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen auf Bund und Länder sowie die Zuständigkeiten und Mitwirkungsrechte der Länder bei der Gesetzgebung des Bundes überprüfen. Dies soll auch vor dem Hintergrund der europäischen Integration erfolgen. Der Bund darf hier (wie auch beim Wasserhaushalt) derzeit nur Rahmenvorschriften für die Gesetzgebung der Länder erlassen, in Einzelheiten gehende oder unmittelbar geltende Regelungen dagegen - anderes als in den übrigen Bereichen des Umweltrechts - nur in Ausnahmefällen. In einer zweiten Stufe erfolgt dann die die konkrete Ausfüllung dieses Rahmens durch die Länder.
Dieses zweistufige Verfahren führte in der Vergangenheit zu erheblichen Verzögerungen, vor allem bei der Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Recht. Deutschland belegt hier mit einem Umsetzungsdefizit von 2,4 Prozent unter den EU-Mitgliedstaaten den drittletzten Platz. Beim Umweltrecht, für das sich die Gesetzgebungskompetenz in konkurrierende Gesetzgebung und Rahmengesetzgebung aufspaltet, ist das Umsetzungsdefizit besonders hoch.
Die verspätete Umsetzung von Richtlinien führte im Naturschutz bereits zu Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), wie etwa bei der Zoo-Richtlinie. Es drohen beträchtliche Zwangsgelder. Problematisch bei der Rahmengesetzgebung ist vor allem, dass eine Richtlinie erst dann als umgesetzt gilt, wenn alle 16 Bundesländer sie umgesetzt haben. Eine fristgerechte und vollständige Umsetzung ist leider nicht selbstverständlich; dies belegen die äußerst schleppend anlaufenden Gesetzgebungsvorbereitungen der Länder zur Umsetzung der rahmenrechtlichen Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes 2002.
Das Umweltrecht auf EU-Ebene verfolgt einen integrativen und medienübergreifenden Ansatz, der eine in sich stimmige Regelung "aus einem Guss" ermöglicht und Belastungsverlagerungen zum Schutz eines Umweltmediums zu Lasten eines anderen vermeiden soll. Dies entspricht dem fachlichen Erkenntnisstand zu den Wechselwirkungen zwischen den eng verzahnten Bestandteilen des Naturhaushalts (Boden, Wasser, Luft, Tiere und Pflanzen). Im Widerspruch zu diesem modernen Regelungskonzept sieht das Grundgesetz horizontal sektorbezogene Gesetzgebungszuständigkeiten für die genannten Schutzgüter vor und verteilt diese vertikal auf unterschiedliche Ebenen der Rechtsetzung in Bund und Ländern.
Zur Entflechtung der Zuständigkeiten sollte daher der Naturschutz zusammen mit den sonstigen Umweltbereichen einheitlich auf der Bundesebene in der so genannten konkurrierenden Gesetzgebung geregelt werden. Anzustreben ist ein eigenständiger und einheitlicher Kompetenztitel des Bundes für den Umwelt- und Naturschutz. EU-Recht könnte so in Zukunft schnell und unproblematisch umgesetzt und das Umweltrecht sachgerechter über einen modernen integrierten Ansatz gestaltet werden, der sich auf alle Bestandteile des Naturhaushalts bezieht. Ein harmonisiertes umfassendes Bundesumweltrecht könnte zudem Wertungswidersprüche beseitigen, Regelungen und Verfahren transparenter machen und zur Deregulierung beitragen. Deutschland würde so ein gutes Stück bürgerfreundlicher und als Wirtschaftsstandort durch Bürokratieabbau, schlankere Genehmigungsverfahren und Rechtsvereinheitlichung etwa bei der Eingriffsregelung, auch für Investoren attraktiver.
Gefordert sei laut DNR jetzt Mut zu neuen Ideen und konsequentem Handeln. Der Naturschutz in Deutschland stehe im Jahr 2004 mit der Reform der bundesstaatlichen Ordnung vor epochalen Veränderungen. Über die Abschaffung der Rahmengesetzgebung scheint bereits Einigkeit zu bestehen. Hierdurch biete sich eine - seit Erlass des Grundgesetzes einmalige - historische Chance. Sie sollte genutzt werden. Naturschutz und Landschaftspflege sowie der Wasserhaushalt müssen in die konkurrierende Gesetzgebung des Bundes ohne verfassungsmäßige Zugriffsrechte der Länder überführt werden.