"Die grasende Kuh auf der Weide werden wir bald nur noch aus der Werbung kennen", befürchtet Hubert Weiger, agrarpolitischer Sprecher des BUND. In der Landwirtschaft habe dieses Bild keine Zukunft, wenn nichts gegen den dramatischen Einbruch der Milchpreise getan werde. "Die EU darf die Milch-Quoten nicht noch weiter erhöhen", forderte der Landwirtschaftsexperte. "Agrarministerin Künast und die Länder müssen die Prämien rasch auf Grünlandbetriebe umlenken." Und die Verbraucher sollten daran denken, dass glückliche Kühe und abwechslungsreiche Landschaften nicht zum Preis von unter 40 Cent pro Liter Milch zu haben seien.
Durch die Haltungsbedingungen für Hochleistungskühe sei die Zahl der Eutererkrankungen in den zurückliegenden vierzig Jahren um das Sechsfache gestiegen; die der Klauen- und Stoffwechselkrankheiten um das Dreifache. Rund ein Drittel der Hochleistungstiere litten an akuten und chronischen Entzündungen. Unter dem Diktat der Hochleistungszucht verschwinde die Vielfalt der Rinderrassen.
Besonders erschreckend sei die Tatsache, dass in der intensiven Milchwirtschaft ohne Wissen der Bauern große Mengen gentechnisch veränderter Futtermittel eingesetzt würden. Schätzungsweise 900 000 Tonnen Gen-Soja würden in Deutschland pro Jahr an Milchkühe verfüttert. Nach dem Willen der EU würden künftig die Landwirte, nicht aber die Verbraucher darüber informiert. Ab April 2004 seien GVO-Futtermittel zu kennzeichnen, nicht aber die Lebensmittel von Tieren, die damit ernährt worden sind. Auf diese Weise werde in Europa die Grüne Gentechnik gegen den Willen der Verbraucher auf die Teller gemogelt.
Die Erzeugerpreise für Milch sind nach Angaben des BUND im Jahr 2002 um rund 10 Prozent gesunken. Dieser Preisverfall werde vor allem durch die Marktmacht der Discounter und die von der EU geförderte Überschussproduktion verursacht. Die größten Einbußen mussten Bio-Bauern hinnehmen: Die Biomilchpreise sanken stärker als die Preise für konventionelle Milch. Die Preisdifferenz zwischen Bio-Milch und konventioneller Milch verringerte sich um 20 Prozent.