Die Fangquote wurde daher um mehr als die Hälfte niedriger angesetzt, argumentieren die Politiker in Brüssel. "Wir setzen uns dafür ein, die gesamte Dorsch-Fischerei in der Nordsee aufzugeben", so Hans Lassen, Fischereiexperte vom International Council for the Exploration of the Sea (ICES). Im Gegenzug argumentiert die EU-Kommission ihren Schritt mit der Gefahr einer Massenarbeitslosigkeit in den betroffenen Regionen und daraus resultierend mit dem drohenden Verlust der wirtschaftlichen Kontinuität.
ICES-Experten warnen vor den Folgen der ihrer Meinung nach zu hohen Quote. "Die Modelle sind extrem unsicher, da es sich nicht eindeutig feststellen lässt, ob der Dorsch weiter überleben kann", so Lassen. Der Bestand sei derzeit schon so gering, dass wissenschaftliche Modelle nicht anwendbar wären. Lassen kritisiert auch, dass die tatsächlichen Mengen der gefangenen Fische nicht wirklich feststellbar sind. "Es wird zwar genau kontrolliert, wann wer zur See fährt und fischt, aber was tatsächlich gefangen wird, entzieht sich unserer Kenntnis", so der Experte.
Der EU-Kommissar für Landwirtschaft, ländliche Entwicklung und Fischerei, Franz Fischler, ist mit der Regelung aber auch nicht zufrieden "Was eine unzureichende Durchsetzung der Bestandserhaltungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen bewirkt, haben wir alle vor Augen: Wichtige Grundbestände sind nach wie vor äußerst fragil und die gesamte Fischwirtschaft zahlt den Preis", so Fischler. Da die für diese Bestände vorgeschlagenen zulässigen Gesamtfangmengen bereits von den wissenschaftlichen Gutachten abwichen, sei ihre Einhaltung umso dringlicher. Dies lasse sich am besten über Beschränkungen des Fischereiaufwands erreichen, urteilt die EU-Kommission in ihrer Entscheidung.
Lassen ist über den Ausgang der Verhandlungen nicht glücklich, da es sich wissenschaftlich nicht nachweisen lasse, was als nächstes passieren werde. "Jeder Dorsch, der gefangen wird, bereitet uns Sorgen. Die einzige Lösung, die die Experten fordern, wäre ein komplettes Aussetzen der Dorsch-Fischerei. "Dann könnten die Wissenschaftler sehen, ob sich die Population erholt oder nicht. Doch dafür könnte es schon jetzt zu spät sein", meint Lassen.