Eine Verhandlungsrunde ohne gemeinsames Abkommen schwäche die Welthandelsorganisation WTO und damit generell die Aussichten für multilaterale Handelsvereinbarungen. Jetzt würden weiterhin hoch subventionierte landwirtschaftliche Produkte aus den reichen Ländern die Märkte von Entwicklungsländern überschwemmen und die lokale Produktion und Vermarktung behindern. Die Deutsche Welthungerhilfe hält die Aussagen, nach denen unterschiedliche Gruppen der Entwicklungsländer allein für das Scheitern der Verhandlungen verantwortlich seien, für nicht zutreffend. Sicher sei, dass auch die Verhandlungstaktik der EU eine große Mitverantwortung dafür trägt. Die Unbeweglichkeit der EU in der Frage der Agrarsubventionen und die von der EU und Japan mit Nachdruck verfolgten "Singapur-Themen" unter anderem zu Investitionen seien der letztendliche Auslöser für den Zusammenbruch der Gespräche gewesen.
Auch die internationale Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen bedauert das Scheitern der Konferenz. Gleichzeítig begrüßt sie jedoch die Entscheidung der Entwicklungsländer, ihre Interessen nicht aufzugeben. Die Organisation wertet dies als deutliches Zeichen an die Industrieländer, die Bedürfnisse der ärmeren Länder in Zukunft stärker berücksichtigen zu müssen.
Germanwatch beurteilt den Abbruch der Verhandlungen nicht als Scheitern der Verhandlungsrunde, sondern als einen Beweis der gestiegenen Verhandlungsmacht der Entwicklungsländer. "Die Gruppe der 21 Entwicklungsländer hat unter der Führung von Indien, Brasilien und China in den Agrarverhandlungen zusammen gehalten und sich mit der Gruppe von 90 ärmsten Entwicklungsländern solidarisch gezeigt. Dies ist ein historisches Ereignis," sagt Rudolf Buntzel-Cano, Vorstandsmitglied von Germanwatch. In Zukunft hätten die Industrieländer im Agrarbereich mit heftigem Gegenwind zu rechnen. Damit werde die Handels- und Entwicklungsfrage die mächtigste Kraft, die eine Reform der überholten Agrarpolitiken der Industrieländer erzwingen werde.
Das globalisierungskritische Netzwerk Attac hält das Scheitern der WTO-Ministerkonferenz für gerechtfertigt. "Der zweite Entwurf der Abschlusserklärung war ein Affront gegen die Länder des Südens und die Zivilgesellschaft", sagte Thomas Fritz, WTO-Experte von Attac Deutschland, in Cancún. "Das Diktat der Industrieländer ist gescheitert." Durch die neue Einigkeit der Entwicklungsländer bestehe jetzt die Möglichkeit für wirkliche Verbesserungen im Welthandelssystem. Cancún sei nicht das Ende des Multilateralismus, sondern eine Chance für partnerschaftliche Beziehungen und echten Multilateralismus. Verantwortlich für das Scheitern ist nach Ansicht von Attac die harte Haltung von EU und USA, die praktisch zu keinerlei Zugeständnissen bereit gewesen seien. Statt die handelsverzerrenden Agrarsubventionen des Nordens abzubauen, hätte der Entwurf der Abschlusserklärung sogar eine Steigerung der Beihilfen ermöglicht. Vorschläge der Entwicklungsländer, etwa die Baumwollinitative oder die Herausnahme von Grundnahrungsmitteln aus der WTO, seien völlig ignoriert worden.
"Die wohltönenden Versprechungen des letzten WTO-Gipfels von Doha haben sich als hohle Phrasen erwiesen.", so Fritz. Gleichzeitig hatte vor allem die Bundesregierung alles daran gesetzt, das umstrittene "Investitionsschutzabkommen" durchzusetzen, das die Rechte von Konzernen stark erweitert hätte und Auflagen - etwa zu Umweltschutz oder Beteiligung einheimischer Firmen - erheblich erschwert hätte. "Die EU wollte die Interessen ihrer Konzerne gegen den erklärten Wunsch von 80 Entwicklungsländern durchdrücken. Diese Arroganz der Macht hat sich nun gerächt."