In dem Schreiben an Ministerpräsident Steinbrück und Justizminister Gerhards warnt NRW-Geschäftsführer Daniel Schily davor, die Chancen für Europa zu verspielen, die sich aus einer Volksabstimmung über die Verfassung ergäben. Durch den Zusammenbruch des inhumanen und undemokratischen Kommunismus im Osten seien Freiheit und Demokratie in ganz Europa möglich geworden. Europa eine sich auf friedlichem Wege. Der Erweiterungsprozess der Europäischen Union sei exemplarisch für diesen Einigungsprozess. Dieser friedliche Weg der Freiheit und Demokratie sei nicht nur für Europa, sondern auch für den ganzen Globus von großer Bedeutung. Die EU gebe sich nun eine demokratische Verfassung. Der europäische Konvent habe hierzu bei aller Kritik Erstaunliches geleistet.
Justizminister Gerhards hatte im Juli ein Referendum mit der Begründung abgelehnt, dass das vom EU-Konvent ausgehandelte Vertragswerk gar keine Verfassung sei. Schily hält dieses Argument für nicht überzeugend. "Man will ja gerade, dass dieser Verfassungsvertrag wie eine wirkliche Verfassung wirken soll" heißt es in dem Schreiben an die Landesregierung. Es nütze daher keineswegs, sondern schade sogar, wenn man den Verfassungsvertrag auf diese Weise relativiere.
Mehr Demokratie fordert ein Referendum über die EU-Verfassung zusammen mit der Europawahl im Juni nächsten Jahres. Dafür muss der Bundestag das Grundgesetz mit Zweidrittel-Mehrheit ändern. Bundeskanzler Schröder (SPD) und Außenminister Fischer (Grüne) hatten sich jüngst ablehnend zur Frage eines EU-Referendums geäußert. Der bayerische Ministerpräsident Stoiber (CSU) und der FDP-Vorsitzende Westerwelle befürworten eine solche Volksabstimmung. "Das Zeitfenster für eine Grundgesetzänderung schließt sich im Herbst, deshalb sollte die Landesregierung der Bundesregierung Mut machen, der Demokratie zu vertrauen und einen Volksentscheid zu ermöglichen", begründete Schily den Appell an die Landesregierung. Schon seit April sammelt Mehr Demokratie bundesweit Unterschriften für ein Verfassungsreferendum.