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Recht auf Nahrung

Offener Brief an Wirtschaftsminister Clement zum WTO-Gipfel

Am

FIAN und Germanwatch, zwei Nichtregierungsorganisationen auf dem Gebiet der Entwicklung und Ernährung haben an den Bundeswirtschaftsminister appelliert, sich beim Weltgipfel in Cancún für gerechte Weltmarktchancen der Entwicklungsländer einzusetzen. In ihrem Brief heißt es: "Sehr geehrter Herr Wolfgang Clement, in Doha haben sich die Minister der WTO-Mitgliedsländer dazu verpflichtet, die Interessen und Bedürfnisse von Entwicklungsländern in den Mittelpunkt der Verhandlungen zu stellen. In diesem Sinne wurde bekräftigt, dass die Bestimmungen zur Sonder- und Vorzugsbehandlung der Entwicklungsländer integraler Bestandteil von WTO-Abkommen sein sollen. Seither wird die Verhandlungsrunde als "Entwicklungsrunde" bezeichnet, auch wenn die Realität der Verhandlungen in Genf das komplette Gegenteil belegt."


Die beiden Organisationen bemängeln das Papier, das die EU zusammen mit den USA am 13. August vorgelegt haben. Dieses Papier werde der Lage der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, der Landlosen und Hungernden weltweit nicht gerecht, da wirkungsvolle Sonderregeln, die Entwicklungsländern einen Schutz ihrer Grundnahrungsmittelproduktion besonders von benachteiligten Kleinbauernfamilien ermöglichen würden, nicht einmal ansatzweise vorkämen. Die Vorschläge stünden auch im Widerspruch zu den Verpflichtungen der Bundesregierung durch das völkerrechtlich verbindliche Menschenrecht auf Nahrung. Nach Meinung von Germanwatch und FIAN missachtet die Bundesregierung in der WTO-Verhandlungsrunde wesentliche Forderungen des Bundestags. Der Bundestagsantrag 15/1317 vom 3. Juli 2003 "Sicherung eines fairen und nachhaltigen Handels durch eine umfassende entwicklungs-orientierte Welthandelsrunde" als auch der Antrag 15/550 vom 12. März 2003 "Für eine nachhaltige Agrarpolitik und einen gerechten Interessenausgleich bei den laufenden WTO-Verhandlungen" fordern die Bundesregierung explizit dazu auf, entwicklungspolitische Anliegen zu berücksichtigen.

Der Deutsche Bundestag hat mit der Mehrheit der Abgeordneten von SPD und Bündnis'90/Die Grünen die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, die internationalen Bemühungen zur Kodifizierung des "Rechts auf Nahrung" zu unterstützen und sich dafür einzusetzen, dass die Durchsetzung des Rechts auf Nahrung als Zielvorgabe in die Präambel des WTO-Agrarabkommens aufgenommen wird (III/7 - 15/1317 und Punkt 12 - 15/550). Außerdem solle die Bundesregierung sich für die Aufnahme einer klar definierten "Development Box" im WTO-Agrarabkommen einzusetzen, um die Ernährungsbasis in Entwicklungsländern zu stärken (III/9 - 15/1317 und Punkt 9 - 15/550) und für eine drastische Reduzierung aller Formen der Exportsubventionierung der Industrieländer einzusetzen (III/10 - 15/1317 und Punkt 4 - 15/550) sowie in der EU anregen, die Verhandlung neuer Themen wie der "Singapur-Themen " Wettbewerb, Investitionsschutz, Transparenz im öffentlichen Auftragswesen erst dann aufzunehmen, wenn in den laufenden Verhandlungen substantielle Ergebnisse im Sinne einer Entwicklungsrunde erreicht sind ( III/22 - 15/1317). Aber derartige Bestimmungen sucht man im gemeinsamen Papier der EU und den USA vom 13. August 2003 vergebens. Jegliche Initiative der Bundesregierung, die Position der EU in diese Richtung zu beeinflussen wird von FIAN und Germanwatch vermisst.

Dabei gelten die Verhandlungen im Agrarbereich anerkanntermaßen als ein wesentlicher Indikator für eine Entwicklungsrunde. Mindestens ebenso gravierend sei Clements dezidierte und mehrfach wiederholte Unterstützung für die Aufnahme von Verhandlungen bei den sogenannten Singapur-Themen. Der Bundestag spricht sich hingegen klar dafür aus, dass die Bundesregierung in der EU initiativ wird, um die Aufnahme der Verhandlung dieser Themen zu verschieben. Zudem ignoriert die Bundesregierung damit die wiederholt geäußerte Ablehnung von Seiten der Entwicklungsländer. Nach Angaben des britischen Hilfswerks CAFOD lehnen 77 Entwicklungsländer die Verhandlung der Singapur-Themen ab. Eine Durchsetzung der eigenen Interessen gegen die explizit geäußerte Ablehnung der Entwicklungsländer widerspricht in eklatanter Weise dem Geist einer Entwicklungsrunde. Germanwatch und FIAN fordern von daher die Bundesregierung auf, sich in der EU dafür einzusetzen, dieses Verhandlungsziel aufzugeben. Viele Menschen wollen faire Handelsregeln statt der bisherigen Regeln zugunsten der Industrieländer - insbesondere der EU und der USA. Im Juli hatten FIAN, Germanwatch und der Weltladen-Dachverband über 21 000 Unterschriften von Menschen vorgelegt, die sich für das Recht auf Nahrung und gegen subventionierte Billigexporte der EU einsetzen. Die Unterschriften wurden Frau Künast stellvertretend für die Bundesregierung überreicht. Die Organisationen fordern Minister Clement auf, sich für eine Kurskorrektur in seinem eigenen Haus und in der EU-Verhandlungsstrategie einzusetzen.

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