Die Richter in Münster gaben einer Klage der nordrhein-westfälischen CDU-Landtagsfraktion statt. Sie sahen es als erwiesen an, dass der damalige Finanzminister und heutige Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) bei beiden Etats die zulässige Kreditobergrenze mit Hilfe von Geld aus ebenfalls kreditfinanzierten Rücklagen umging. Damit habe er gegen Artikel 83 Satz 2 der Landesverfassung verstoßen. Danach darf ähnlich wie im Bund und in anderen Ländern die Neuverschuldung in einem Haushalt nicht höher sein als die Summe der Investitionen, die das Land aus eigenen Mitteln finanziert.
Ohne die Rücklagenentnahmen hätte die Netto-Neuverschuldung über den Ausgaben für Investitionen und damit über der Kreditobergrenze gelegen. Zudem hätten die kreditfinanzierten Rücklagen die Haushalte 2000 und 2001 belastet, obwohl sie in diesen Jahren noch nicht benötigt worden seien. Der CDU-Fraktionschef in NRW, Jürgen Rüttgers, wertete die Entscheidung als "schwere persönliche Niederlage" für Steinbrück. Er warf dem Regierungschef einen "bewussten Bruch der Verfassung" vor.
Nordrhein-Westfalens Finanzminister Jochen Dieckmann (SPD) versicherte, dass sich die Landesregierung "selbstverständlich" schon bei der Aufstellung des Doppelhaushalts 2004/2005 an dem Urteil orientieren werde. Er verteidigte zugleich das Vorgehen Steinbrücks. Die Bildung und Auflösung von Rücklagen entspreche einer langjährigen Haushaltspraxis in Bund und Ländern.
Der rot-rote Senat in Berlin beschloss unterdessen, voraussichtlich noch in dieser Woche einen so genannten Normenkontrollantrag in Karlsruhe einzureichen. Der Schuldenberg der Hauptstadt beträgt gegenwärtig mehr als 50 Milliarden Euro und wächst rasant weiter an. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) fordert eine schnelle Hilfe des Bundes - in Höhe von etwa 35 Milliarden Euro.
Bereits im November 2002 hatte der Senat die extreme Haushaltsnotlage festgestellt. Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) lehnte jedoch damals die Forderungen Berlins nach Finanzhilfen analog dem Saarland und Bremen ab. Auch der Verfassungsklage Berlins sieht die Bundesregierung "gelassen" entgegen. Aus Eichels Ministerium hieß es, die Hauptstadt befinde sich nicht in einer extremen Haushaltsnotlage, die eine Hilfe des Bundes erfordern würde.