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Demnächst Mehrweg bei Discountern?

Einwegpfand-Gegner zunehmend isoliert

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Wird es ein letztes Aufbäumen der Einweg-Lobby? Am Mittwoch trifft sich Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) mit Vertretern von Handel und Industrie, um noch mal über das Pflichtpfand für Einweg-Verpackungen zu reden. Am Wochenende hatte der Einweg-Wasserkonzern Nestle durch seinen Deutschland-Chef Gustav-Alex Quast vor einer Getränkenot als Folge des Dosenpfands gewarnt und die Bevölkerung zu Vorratskäufen aufgefordert. Dagegen erklärten der Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels, der Bundesverband mittelständischer Privatbrauereien und die Genossenschaft Deutscher Brunnen, es gebe durchaus genug Mehrwegverpackungen, um auch die Nachfrage eines heißen Sommers zu decken.


Sie forderten Trittin auf, nicht an der Pfandpflicht zu rütteln. Der dürfte dazu auch keinen Grund haben, konnte er doch am Dienstag der Öffentlichkeit mitteilen, auch das Berliner Verwaltungsgericht habe das Pflichtpfand für rechtmäßig erklärt. Ferner wurde bekannt, dass der Handelsriese Plus bei Brauereien Angebote für eine Belieferung mit Bier in Mehrweggetränkeverpackungen angefordert hat und Edeka seine in Süddeutschland getestete Konzentration auf Mehrweg demnächst bundesweit ausdehnen will. Aldi, Lidl, Norma und Plus sollen zwar nicht auf Mehrweg setzen, aber wenigstens ein eigenes gesetzeskonformes Rücknahmesystem aufbauen.

Der überwiegende Teil des deutschen Handels bereite sich mit Hochdruck auf das Ende der Übergangsregelung beim Dosenpfand vor, schätzt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) die Situation ein: "Die Verweigerungsfront beim Dosenpfand bröckelt." Nach einer Umfrage der DUH fehle nur noch für 9 Prozent der Getränke ein Rücknahmesystem. Die Getränkeversorgung in Mehrweg und korrekt bepfandetem Einweg sei selbst bei einer andauernden Hitzewelle sichergestellt.

Die DUH zeigte sich belustigt vom neu aufgetauchten Schreckgespenst eines Getränkenotstandes als Folge des Dosenpfandes: "Der durstige Kunde findet zu jeder Zeit ein umfassendes Getränkeangebot." Resch verwies auf identische Warnungen zum Jahreswechsel von Seiten der Einweg-Brauereien. "Niemand wird verdursten - der für den Sommer angekündigte Getränkenotstand wird ebenso wenig eintreten wie es im Januar 2003 keinen Biernotstand gab."

"Die gewachsene Nachfrage nach Mehrwegflaschen kommt nicht überraschend", betont auch Andreas Rottke, Vorstandsvorsitzender der Genossenschaft Deutscher Brunnen (GDB). "Wir bereiten uns bereits seit Jahresanfang auf diese Situation vor und haben konsequent in den Ausbau des Mehrwegsystems investiert. Deshalb können die Mitgliedsbrunnen auch in der Saison die Nachfrage erfüllen. Mit Mehrweg ist die Branche lieferfähig."

Nach Berechnungen der DUH werden von den derzeit ca. 33,5 Milliarden Litern Getränke in Deutschland knapp 31 Milliarden Liter im Einklang mit der Verpackungsverordnung gehandelt. Nur für 13 Prozent der Softdrinks, 6 Prozent des Bieres und ein Zehntel des Mineralwassers fehle aufgrund des von Metro, Rewe und Tengelmann inszenierten Boykotts derzeit ein Rücknahmesystem. "Sollte es beim morgigen Gespräch im Berliner Umweltministerium kein Einlenken der Boykotteure geben, so werden sich Getränkefachhandel und Discounter freuen, deren Marktanteile zu übernehmen", so Resch.

Nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe e. V. haben sich insbesondere die über 10.000 auf Mehrweg setzenden Getränkefachmärkte und tausende selbstständiger Lebensmittelhändler rechtzeitig auf die seit 1. Januar geltende Rechtslage vorbereitet und gehen für den Fall der Boykottumsetzung von Metro, Rewe und Tengelmann von einem weiteren, deutlichen Umsatzschub aus.

Die Dosenpfand-Boykotteure geraten im Handel zunehmend in die Minderheit. Denn Getränkefachhandel und die zahlreichen kleinen Lebensmittelhändler fühlen sich schon länger nicht mehr vom Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) vertreten. Von den großen Handelsunternehmen wird vor allem das mittelständische Unternehmen Edeka vom Dosenpfand profitieren: Noch vor dem 1. Oktober will Edeka die in Süddeutschland erfolgreich erprobte Konzentration auf Mehrweggetränke auf alle 14.000 Edeka-Händler bundesweit ausdehnen. Getränke in Einweg wird es nach Informationen der DUH bei Edeka in beschränktem Umfang im Rahmen des PetCycle-Systems geben, das schon heute über ein bundesweites Rücknahmesystem verfügt und für das durch von Verwendung von Mehrwegkästen keine spezielle Rücknahme-Infrastruktur benötigt wird. Auch der Handelsriese Plus scheint auf Mehrweg zu setzen: Das Unternehmen habe bei Brauereien Angebote für eine Belieferung mit Bier in Mehrweggetränkeverpackungen angefordert, berichtet der Geschäftsführer des Bundesverbandes mittelständischer Privatbrauereien, Roland Demleitner.

"Der HDE spricht also für immer weniger Handelsunternehmen und hat sich als Fundamentalblockierer disqualifiziert", kritisierte Demleitner des Hauptverband des Deutschen Einzelhandels, der immer wieder gegen die Umsetzung der Pfandpflicht angeht. Aktuell schlägt der HDE eine Senkung des Pfandes auf 6 Cent oder eine nicht rückzahlbare Abgabe auf Einwegverpackungen statt eines Pfandes vor. "Es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, warum ein Pfand mit einem Pfandsatz von 6 Cent weniger Arbeit und Kosten verursachen solle, als ein Pfandsatz von 25 Cent", sagte Demmleitner dazu. Der HDE hatte vorgebracht, die Kosten der Pfand-Bearbeitung überstiegen den Profit aus dem Verkauf. Eine Abgabe auf Einwegverpackungen war im letzten Jahr am Widerstand der Industrie gescheitert.

In aller Stille haben in der vergangenen Woche offensichtliche die Discounter ihre Anstrengungen intensiviert, eigene durchgängige Pfandsysteme zum 1. Oktober 2003 einzurichten. Nach Informationen der Deutschen Umwelthilfe e. V. arbeiten nun Aldi, Lidl, Norma und Plus mit Hochdruck am Aufbau gesetzeskonformer Insel-Lösungen. Nach Gerüchten aus Branchenkreisen überlegen derzeit mindestens zwei Discounter, zukünftig auch wieder Getränke in Mehrweg in ihr Sortiment mit aufzunehmen.

Der Berliner Verwaltungsgericht wies nach Aussagen Trittins eine Klage zahlreicher Rewe-Einzelhändler gegen das Pflichtpfand zurück. Sie hatten den Standpunkt vertreten, die Pfandpflicht sei zu teuer und verstoße gegen Europa-Recht. Beidem habe das Gericht widersprochen. Vom Verwaltungsgericht war am Nachmittag keine Bestätigung mehr zu erhalten.

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