Das seien deutlich mehr als die nur 15 Prozent der Gesamtbevölkerung, die dies ebenfalls tun. Dementsprechend sei auch die Zahl der unter 25-Jährigen bei der Berliner Demonstration vom 15. Februar überproportional hoch gewesen. Auch die absolute Zahl protestwilliger Schüler sei in den Wochen seit dem Kriegsbeginn höher als jemals zuvor. 17 Prozent der Jugendlichen sind mit der Demokratie in Deutschland "überhaupt nicht zufrieden" (bei den Studenten sind es nur 14,3 Prozent). Mehr als die Hälfte der Schüler unterstütze Globalisierungskritiker, was verglichen mit einer Zustimmung von über 80 Prozent bei Studenten eher wenig sei. Auch lehnt die Mehrheit den Krieg grundsätzlich ab, unabhängig von einer Billigung durch den UN-Sicherheitsrat (nur 41,4 Prozent der Studenten).
Trotzdem hält Rucht die Mobilisierung der Schüler für temporär. "Schülerproteste sind kein neues Phänomen", so Rucht. Die hohe Präsenz der Schüler bei den Anti-Kriegsdemonstrationen sei durch die Medien herbeigeführt. Eine anhaltende Welle von jugendlichen Massenprotesten sei nicht zu erwarten. Die überproportionale Präsenz sei unter anderm mit einer "besonders ausgeprägten Empfindlichkeit für Widersprüche zwischen Idealen und Wirklichkeit im frühen Jugendalter" zu erklären. Das Vorgehen der Bush-Administration und die Missachtung der Staatengemeinschaft durch die USA "treibt die Schüler auf die Straße", so Rucht. Zudem sei die Kluft zwischen Jugendlichen und ihren Eltern sehr viel geringer als jene zwischen der 68er- Generation und deren Eltern. Die Teilnahme an derartigen Protesten sei nicht nur bei den Eltern, sondern auch öffentlich anerkannt. Außerdem böten Demos laut Rucht Abwechslung vom Schulalltag und machen den Schülern Spaß. Daher werde sich, wenn die "Medien-Karawane weiterzieht" nur eine Minderheit weiter politisch engagieren. Diese sei jedoch ein Potenzial für politische Mobilisierung in anderen Themenbereichen, etwa dem der Globalisierungskritik.