Umzusiedelnde würden zumeist völlig unzureichend entschädigt. Friedliche Proteste gegen die Veruntreuung der Umsiedlungsfonds durch lokale Behörden würden von der Polizei mit Gewalt niedergeschlagen. Viele der Protestierenden seien bereits verhaftet worden.
"Die Durchführung der weltweit bislang größten Umsiedlungsaktion entspricht noch nicht einmal den chinesischen Standards, geschweige denn internationalen Richtlinien",
kritisiert Heffa Schücking, Geschäftsführerin der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald. Die Betroffenen erhielten häufig kein oder nur unfruchtbares Land, neue Häuser seien unerschwinglich und die versprochenen Arbeitsplätze kaum vorhanden. Schwere Fälle von Korruption verschärften die ohnehin prekäre Lage der Bevölkerung.
"Die bevorstehende Flutung des Reservoirs am 10. April erhöht die Gefahr von weiteren Menschenrechtsverletzungen drastisch", befürchtet auch Heike Drillisch, Sprecherin der Umwelt- und Entwicklungsorganisation WEED. Bis die Umsiedlungsfrage einer sozialverträglichen Lösung zugeführt worden sei, müsse die Flutung des Reservoirs zurückgestellt werden.
Auch die Regierungen anderer Länder, unter anderm Deutschlands, trügen einen Teil der Verantwortung, da ohne sie der Bau des umstrittenen Damms nicht möglich gewesen sei.
Der Sprecher des kalifornischen International Rivers Network, das die Menschenrechtsverletzungen durch den Drei-Schluchten-Staudamm dokumentiert hat, Peter Bosshard, fordert deshalb die beteiligten Staaten dazu auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Betroffenen in der Projektregion vor weiteren Menschenrechtsverletzungen zu schützen.
Der seit 1994 im Bau befindliche Drei-Schluchten-Staudamm am Jangtse ist das weltgrößte Energieprojekt. 1,2-1,9 Millionen Menschen, die in der Projektregion leben, müssen den Wassermassen weichen, die insgesamt 140 Städte und 326 Dörfer im berühmten Drei-Schluchten-Tal überfluten werden. Der Drei-Schluchten-Damm wurde unter anderem durch Exportkredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und Hermesbürgschaften der letzten beiden Bundesregierungen ermöglicht. Weitere Länder, die Exportkredite oder -versicherungen vergaben, sind Brasilien, Kanada, Frankreich, Schweden und die Schweiz.