Im vergangenen Jahr wurden im russischen Primorsk 135 Tanker beladen, die rund 13 Millionen Tonnen Öl verschifften. Wird die Kapazität des Ölhafens im kommenden Jahr auf 90 Millionen Tonnen gesteigert, bedeutet das, dass jährlich rund 1.000 Tanker beladen werden. Diese Schiffe fahren dann durch die Ostsee und somit auch durch die gefährliche Kadetrinne vor Rügen.
Greenpeace-Schifffahrtsexperte Christian Bussau: "25 Jahre nach dem Unfall der 'Amoco Cadiz' muss man feststellen: Die Gefahr einer Ölpest nimmt nicht ab, sondern steigt stark an. Jetzt muss auch der letzte Politiker erkennen, dass es so wie bisher nicht weiter gehen kann. Wir brauchen für die Kadetrinne eine Lotsenpflicht, eine Meldepflicht und eine verbesserte Radarüberwachung. Notliegeplätze müssen in Deutschland und in Europa geschaffen werden. Außerdem müssen Tanker verboten werden, die älter als zwanzig Jahre sind und keine Doppelhülle besitzen."
Die Kadetrinne zwischen dem deutschen Darß und der dänischen Insel Falster ist eine der am stärksten befahrenen Schifffahrtsrouten in Europa. Jährlich passieren rund 63.200 Schiffe die Rinne, davon 8.200 Tanker. Bei der Überwachung der Kadetrinne durch Greenpeace von Dezember 2002 bis Januar 2003 identifizierten die Umweltschützer insgesamt 112 Tanker, darunter 24 gefährliche Tanker, die keine Doppelhülle besaßen und die älter als zwanzig Jahre alt waren. "Jeden Tag fährt eine schwimmende Zeitbombe, also ein unsicherer Tanker, vor der deutschen Küste," sagt Christian Bussau. "Das Fazit lautet: 25 Jahre nach dem Untergang der 'Amoco Cadiz' ist eine weitere Katastrophe ähnlichen Ausmaßes nur eine Frage der Zeit."
Am 16. März 1978 lief der Supertanker "Amoco Cadiz" vor der Küste der Bretagne bei dem Dorf Portsall auf Grund. Innerhalb von zwei Wochen verlor er die gesamte Ladung von mehr als 200.000 Tonnen Öl. Rund 300 Kilometer Küste wurden verseucht, Tausende von Vögeln starben.