Entscheidend im Falle eines Unfalles auf See sind schnelle zur Verfügung stehende Bergungsschlepper und sichere Häfen, in die Schiffe im Notfall gebracht werden können. Der WWF begrüßt, dass sich das Bundesverkehrsministerium im letzten Jahr darauf festgelegt hat, auch zukünftig - zusätzlich zu den beiden Mehrzweckschiffen - einen großen und leistungsfähigen Hochsee-Schlepper mit mindestens 160 Tonnen Pfahlzug für Unfälle in Bereitschaft zu halten und nicht darauf zu setzen, im Notfall mit kleinen Geräten zu operieren. Der Fall der "Prestige" habe gezeigt, dass die eingesetzten kleinen Schlepper nicht in der Lage waren, das große und durch Seeschlag beschädigte Schiff in den Wind zu drehen und weitere Beschädigungen durch Wellen zu vermeiden. Erst das später hinzugezogene Bergungsunternehmen Smit habe sofort den großen Hochsee-Bergungsschlepper "De Da" geordert, der diese Aufgabe habe leisten können.
Doch Schlepper allein reichen nach Ansicht des WWF in der Stunde der Not nicht, wie die "Prestige" zeigte. Unbedingt nötig sei die Bereitstellung von geeigneten Notliegeplätzen, international auch als "place of refuge" oder "save haven" bezeichnet. Diese Maßnahme werde vom Bundesverkehrsministerium bislang nicht mit dem erforderlichen Nachdruck umgesetzt, so dass in Deutschland ähnliche Situationen wie in Spanien zu befürchten seien, wo die Ölkatastrophe durch Hinausschleppen des Tankers auf die hohe See massiv vergrößert worden sei.
Der WWF kritisiert auch, dass sich bei dem seit Jahren in Planung befindlichen "Havariekommando" für die deutschen Gewässer weitere Verzögerungen abzeichneten. Dieses solle bei Unfällen auf See die Einsatzkräfte koordinieren, kompetente Entscheidungen treffen und ein Chaos wie im Falle der Pallas-Havarie vermeiden. Der Holzfrachter "Pallas" geriet im Oktober 1998 in Brand und strandete nach einer Irrfahrt vor Amrum. Rund 100 Tonnen Schweröl töteten damals mindestens 16.000 Seevögel im empfindlichen Wattenmeer. "Das Havariekommando muss noch diesen Winter einsatzfähig werden", forderte Hans-Ulrich Rösner für den WWF. Dazu müsse die Einrichtung umgehend mit den notwendigen Kompetenzen ausgestattet werden.
Erschreckend sei zudem die geringe Zahl der auf Sicherheit überprüften Schiffe in deutschen Häfen: Die so genannte Hafenstaatenkontrolle wird in deutschen Häfen bei weniger als 20 Prozent der einlaufenden Schiffe angewandt. Vor allem würden bei Schrottankern beide Augen zugedrückt, aus Angst vor den Konsequenzen im eigenen Hafen. Der WWF fordert daher seit Jahren, Gefahrgutfrachter wie Öltanker grundsätzlich zu kontrollieren und bei Schiffen, die älter als 15 Jahre sind, obligatorisch die Festigkeit der Schiffswände zu überprüfen.