Die relativ ungekannte Holtzbrinck-Verlagsgruppe gehört mit zahlreichen Beteiligungen an führenden Wirtschaftsmedien und Tageszeitungen zu den einflußreichsten Medienhäusern Deutschlands. Über die Verlagsgruppe Handelsblatt ("Handelsblatt", "Wirtschaftswoche" etc.) steuert Holtzbrinck zahlreiche Tochterunternehmen, die sich für eine neoliberale Wirtschaftspolitik und die Globalisierung der Wirtschaft stark machen.
Mit der Wochenzeitung "Die Zeit" und dem Berliner "Tagesspiegel" und als zweitgrößter Regionalzeitungsverleger in Deutschland erstreckt sich der Einfluß von Holtzbrinck auch weit in die allgemeine Politikberichterstattung. Hinzu kommen Beteiligungen und Produktionen für Radio und Fernsehen sowie an zahlreichen Buchverlagen. Holtzbrinck rangiert nach Bertelsmann und Springer auf Rang drei der Großverleger in Deutschland.
Der Berliner Markt für Abo-Zeitungen setzt sich im Detail zusammen aus "Tagesspiegel" (26,7 Prozent), "Berliner Zeitung" (34,7 Prozent), der zum Axel Springer-Verlag gehörenden "Berliner Morgenpost" (32,9 Prozent) sowie der "taz" (2,1 Prozent) und dem "Neuen Deutschland" (3,5 Prozent). Wegen des dann großen Vorsprungs zu seinen Konkurrenten bekäme Holtzbrinck im Zuge der Übernahme einen durch den Wettbewerb "nicht mehr hinreichend kontrollierten Verhaltensspielraum", sagte Kartellamtspräsident Ulf Böge.
Auf dem Anzeigenmarkt sieht das Bundeskartellamt zwar keine unmittelbare Gefahr einer marktbeherrschenden Stellung. Hier liegt den Angaben zufolge der Springer-Verlag mit 55 Prozent vor den Fusionsbeteiligten mit 40 Prozent. Jedoch sei zu erwarten, dass sich dieser Vorsprung abbaue, da es erfahrungsgemäß einen engen Zusammenhang zwischen Lesermarkt und Anzeigengeschäft gebe und Holtzbrinck mit dem Zusammenschluss die Führerschaft auf dem Lesermarkt erlangen würde, sagte Böge.
Grünes Licht für die Übernahme könnte das Kartellamt dagegen geben, wenn es sich bei dem Vorhaben um eine so genannte Sanierungsfusion handeln würde, erläuterte der Kartellamtspräsident. Ein solcher Fall liegt vor, wenn das zu erwerbende Unternehmen nicht veräußerbar ist und dessen Marktanteile bei einem Marktaustritt dem Interessenten vollständig zufallen würden.
Diese kartellrechtlichen Voraussetzungen existierten allerdings nicht, da es neben Holtzbrinck weitere Kaufinteressenten für den Berliner Verlag gebe. Auch sei nicht dargelegt worden, dass letztlich nur zwei Verlage mit großen regionalen Abo-Zeitungen auf Dauer in Berlin bestehen könnten, sagte Böge.