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Kriege ums Öl?

Auslandseinsätze der Bundeswehr kosten mehr als 1,5 Milliarden Euro

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Während sich Bundeskanzler Gerhard Schröder und US-Präsident George Bush in Prag beim Auftakt des NATO-Gipfels mit einem vielbeachteten "langen Händedruck" begrüßten, wurden bemerkenswerte Fakten über die Kosten der Auslandseinsätze der Bundeswehr bekannt. In den ersten neun Monaten dieses Jahres beliefen sich diese laut Bild"-Zeitung auf 905 Millionen Euro. Aus einem Quartalsbericht des Bundesverteidigungsministeriums gehe weiterhin hervor, dass für das gesamte Jahr 2002 mit Kosten von insgesamt mehr als 1,5 Milliarden Euro zu rechnen ist. Davon entfielen 964 Millionen Euro auf die Einsätze in Bosnien-Herzegowina, im jugoslawischen Kosovo und in Mazedonien. Einsätze im Rahmen des von den USA ausgerufenen Kampfes gegen den Terror sowie in Afghanistan kosteten zusammen 604 Millionen Euro. Nach anderen Quellen wurden für die Auslandseinsätze in diesem Jahr bereits mehr als 1,7 Milliarden Euro aufgewendet.


In Afghanistan wird Deutschland im Februar 2003 gemeinsam mit den Niederlanden die Führung der "Internationalen Schutztruppe" für die Hauptstadt Kabul (ISAF) übernehmen. In einem Gespräch mit der "Berliner Zeitung" bezifferte Bundesverteidigungsminister Peter Struck die Kosten dafür im kommenden Jahr auf 89 Millionen Euro. "Einen Teil davon gibt der Bundesfinanzminister zusätzlich, so dass ich hier keine Schwierigkeiten habe." Davon werden 51 Millionen aus dem allgemeinen Haushalt finanziert, der Rest aus dem Verteidigungsetat. Ernsthaft gespart wird aber bei der neuen Nato-Eingreiftruppe, die auf dem Prager Gipfel beschlossen wurde. Sie wird, so Struck, keine zusätzlichen Kosten mit sich bringen, "genauso wenig wie die geplante EU-Eingreiftruppe". Hierfür sollen "vorhandene Einheiten" verwendet werden und Gelder, die ohnehin schon für neue Rüstungsvorhaben zur Verfügung gestellt wurden.

Auf mögliche Einsatzgebiete der neuen, 20.000 Soldaten umfassenden Nato-Eingreiftruppe wollte Struck in dem Gespräch mit der Berliner Zeitung nicht näher eingehen. Allerdings: "Die Frage, ob sich die Nato auf das Bündnisgebiet beschränkt, ist seit dem 11. September 2001 erledigt." Es gebe "krisenhafte Situationen in einem Land, wo deutsche oder europäische Bürger beispielsweise vor einem Bürgerkrieg geschützt werden müssen."

Strucks Vorgänger Rudolf Scharping wurde in einem Vortrag wesentlich deutlicher, was mögliche Einsatzgebiete angeht. Vor Studierenden der Universität Heidelberg legte er "sieben sicherheitspolitische Ziele Deutschlands". Der Redebeitrag vom 27. November 2001 liest sich wie eine Ankündigung derzeitiger und künftiger Bundeswehreinsätze für die Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen Deutschlands: "Ein Beispiel hierfür wäre der Kaspische Raum – das Dreieck zwischen Zentralasien, dem Kaukasus und dem Mittleren Osten – der als Folge eine Reihe destabilisierender Faktoren wie religiöser Fundamentalismus, Terrorismus, Drogen oder die strittige Nutzung und Verteilung der strategischen Ressourcen Öl und Gas leicht zur Krisenregion der nächsten Jahrzehnte werden kann."

Als eine der wesentlichen sicherheitspolitischen Herausforderungen bezeichnete Scharping "die Eingrenzung des Krisenpotenzials auf dem Balkan, im Kaukasus, im Kaspischen Raum und im Nahen und Mittleren Osten."

Deutliche Aussagen über die mit den Auslandseinsätzen verfolgten Interessen und über mögliche Kriegsgebiete machen auch die vom früheren Bundesverteidigungsminister Volker Rühe entwickelten "Verteidigungspolitischen Richtlinien" der Bundeswehr vom 26. November 1992.

Zu den nach den Richtlinien durchzusetzenden "legitimen nationalen Interessen" Deutschlands zählt zum Beispiel die "Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt". Und: "Einflußnahme auf die internationalen Institutionen und Prozesse im Sinne unserer Interessen und gegründet auf unsere Wirtschaftskraft".

Die Aufgaben von Einheiten wie "Nato-Eingreiftruppe", "EU-Eingreiftruppe", "Krisenreaktionskräfte" oder Spezialeinheiten der Bundeswehr werden in den "Verteidigungspolitischen Richtlinien" ebenso eindeutig wie umfassend beschrieben: "Deutschland ist aufgrund seiner internationalen Verflechtungen und globalen Interessen vom gesamten Risikospektrum betroffen. Wir müssen daher in der Lage sein, auf entstehende Krisen im Rahmen kollektiver Sicherheitssysteme einwirken zu können."

Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, dass es beim "Krieg gegen den Terrorismus" nicht zuletzt auch um das Interesse am Erdöl geht. Die Deutsche Bank Research hatte vor einigen Monaten darauf hingewiesen, dass in Zentralasien ein Großteil der Weltreserven an Erdöl und Erdgas liegen. Die mit den Großbanken verbündeten Ölmultis versuchen seit Jahren Zugriff auf diese wichtigen Rohstoffe zu bekommen.

Die USA sollen im Vorfeld des Afghanistan-Krieges mit Bin Laden erfolglos über den Bau einer Öl-Pipeline durch das Land verhandelt haben. US-Präsident George W. Bush kam mit Spenden von Öl-Konzernen an die Macht. US-Vizepräsident Dick Cheney war bis Ende des Jahres 2000 Chef der texanischen Öl-Zulieferfirma Halliburton.

Geht es den USA beim Krieg in Zentralsien ums Öl? Warum hatte sich Bundeskanzler Gerhard Schröder im Vorfeld des Afghanistan-Krieges so auffallend stark um die Möglichkeit einer Teilnahme deutscher Soldaten bemüht?

Nach Angaben der Bundeswehr sind derzeit mehr als 9000 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr im Auslandseinsatz. Deutschland sei damit weltweit einer der größten Truppensteller für internationale Kriegs- und Krisen-Einsätze. Die EU-Eingreiftruppe soll im nächsten Jahr einsatzfähig sein und 60.000 Soldaten umfassen.

Verteidigungsminister Struck hat kürzlich angekündigt, die "Verteidigungspolitischen Richtlinien" im kommenden Jahr zu überarbeiten. Im Gespräch mit der Berliner Zeitung betonte er - ebenso wie Außenminister Joseph Fischer - die Notwendigkeit der Zustimmung des Deutschen Bundestages zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr: "Ich bin noch immer leidenschaftlicher Parlamentarier. Man kann den Parlamentsvorbehalt nicht umgehen."

Der Journalist Andreas Zumach hält von dieser Ankündigung nicht viel. In einem Beitrag für die "tageszeitung" (taz) erinnerte er daran, dass das Versprechen einer "erneuten Befragung und Zustimmung des Parlaments" im Vorfeld des "Luftkrieges der Nato gegen Serbien" im Frühjahr 1999 nicht eingehalten worden sei.

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