"Jetzt steht der Bürgerentscheid auf Messers Schneide. In bundesweit fast einmaliger Art und Weise wurden dem Begehren Knüppel zwischen die Beine geworfen" kritisierte NRW-Geschäftsführer Daniel Schily am Freitag in Köln. Dies könne dazu führen, dass das Bürgerbegehren zwar eine Mehrheit bekomme, aber die notwendigen Stimmen von mindestens 20 Prozent aller Stimmberechtigten nicht erreiche.
Mehr Demokratie verweist darauf, dass die Aachener anders als andernorts üblich keine Abstim-mungsbenachrichtigung erhalten haben. Weil die Abstimmungslokale wegen der geringeren Zahl nicht gleich denen bei Wahlen sind, stehe nun zu befürchten, dass viele Bürger nicht wissen, wo sie am Sonntag ihre Stimme abgeben können. Viele Bürger müssten zudem weitere Wege auf sich neh-men, weil statt der bei Wahlen üblichen 160 nur 58 Abstimmungslokale eingerichtet werden. Die Bürgeraktion kritisierte auch, dass die Briefabstimmung nicht möglich ist. Die Stadt hatte für die Stimmabgabe lediglich einen Ausweichtermin am 11. September angeboten. Bei der letzten Bundestagswahl gaben 22 Prozent der Aachener ihre Stimme per Briefwahl ab. "Beim Bürgerentscheid wird vielen Bürgern dagegen die Abstimmungsteilnahme unmöglich gemacht" empörte sich Schily.
Mehr Demokratie sieht auch in der Terminlegung auf den Sonntag vor der Bundestagswahl eine poli-tisch gewollte Manipulation zum Nachteil des Bürgerbegehrens. Während in Bayern zusammen mit der Bundestagswahl am 22 September gleich in 15 Orten Bürgerentscheide und in Hessen zeitgleich drei landesweite Volksabstimmungen stattfänden, sei dies in Aachen als unpraktikabel und für die Bürger verwirrend abgelehnt worden. "Dies ist eine Beleidigung der Intelligenz mündiger Aachener Bürger", so Schily. Eher solle wohl eine hohe Abstimmungsbeteiligung verhindert werden. Wie eng es in Aachen werden könne, zeige auch das Ergebnis eines Bürgerentscheids über den Teilverkauf der Stadtwerke in Münster. Am 16. Juni stimmten dort zwar fast zwei Drittel der Bürger gegen den Verkauf, trotz Benachrichtigung und Briefabstimmung wurde mit 20,7 Prozent die Zustimmungshürde aber nur knapp übersprungen.
Mehr Demokratie ruft deshalb alle Aachener Bürgerinnen und Bürger auf, von ihrem Abstimmungs-recht Gebrauch zu machen und der massiven Benachteiligung des Bürgerbegehrens damit einen Rie-gel vorzuschieben. Die direkte Demokratie sei neben den Wahlen das zweite Standbein der Demokratie und müsse ebenso respektvoll behandelt werden.