Aracruz besitzt inzwischen in der Region rund um das Zellstoffwerk über 300.000 ha Land. Für die neün Produktionskapazitäten im Umfang von 700.000 t jährlich will der Konzern nochmals weitere 70.000 ha Land für die Anpflanzung von Eukalyptusplantagen hinzu kaufen. Dabei ist allgemein bekannt, dass Eukalyptus in Systemen ausgedehnter Monokultur die Böden austrocknet und den Grundwasserspiegel senkt. Die lokale Bevölkerung klagt bereits heute über Wasserknappheit und rückläufige Ernteerträge.
Seit die Pläne zum Bau der zusätzlichen Zellstoffanlage im Jahr 1999 bekannt wurden, reißen die Proteste gegen den Konzern Aracruz nicht ab. Über 80 lokale Umwelt-, Menschenrechts- sowie Landarbeiter- und Indigenenorganisationen haben sich zu einem Netzwerk zusammengeschlossen. Sie wollen die Umwandlung ihrer Region in eine "grüne Plantagenwüste" verhindern und die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen nicht widerspruchslos hinnehmen.
Um die überdimensionierte Nachfrage der Industrieländer nach (Klo-)Papier zu decken, sind inzwischen ein Großteil der fruchtbarsten Äcker der Region mit Eukalyptus bepflanzt worden. Indigenen- und Quilombola-Gemeinschaften (Nachfahren entflohener Sklaven) klagen darüber, dass ihnen die Anerkennung ihrer traditionellen Landrechte verweigert wird und der Konzern Aracruz versuche, sie mit lächerlichen finanziellen Kompensationszahlungen abzuspeisen.
Die Agrarreform ist im Bundesland Espírito Santo inzwischen zum Erliegen gekommen: rund 50.000 landlose Familien wird nichts anderes übrig bleiben als ihre Heimat zu verlassen und auf der Suche nach einer Existenzgrundlage in die umliegenden Städte oder in andere Bundesländer abzuwandern.
"Es ist unfassbar, dass der brasilianische Staat das Expansionsstreben des Konzerns politisch deckt. Ein absoluter Skandal ist es aber, dass nun auch noch die hauseigene Entwicklungsbank BNDES 500 Mio. Euro für die Expansionspläne zur Verfügung stellt und damit die Interessen der lokalen Bevölkerungen mit Füßen tritt", empört sich Marcelo Calazans von der Menschenrechtsorganisation FASE.
Es ist nicht das erste Mal, dass der Konzern Aracruz in die Kritik gerät. 1992, kurz vor dem Umwelt- und Entwicklungsgipfel der UN in Rio de Janeiro, machte das Greenpeace-Schiff Rainbow Warrior in der Hafenstadt Vítoria halt, um die umweltschädigende Zellstoffproduktion bei Aracruz anzuprangern.
"Heute, zehn Jahre später, redet man bei Aracruz zwar viel über Nachhaltigkeit. Fakt jedoch ist, dass durch die überdimensionierte Zellstoffproduktion wichtige Lebensgrundlagen für die lokale Bevölkerung zerstört, ihre Landrechte verletzt und die Ökosysteme geschädigt werden. Nachhaltig und wirkungsvoll ist die Zellstoffproduktion lediglich hinsichtlich ihrer negativen Folgen. Nicht Wohlstand mehrt diese Fabrik, sondern die ökologischen und sozialen Probleme", resümiert Barbara Happe von der Umweltorganisation urgewald.