August 2002
Alle Artikel aus diesem Monat und Jahr sind hier zu finden.
Deutsche Wirtschaft präsentiert sich in Johannesburg als nachhaltig
Der große Auftritt von BMW auf dem Weltnachhaltigkeitsgipfel in Johannesburg treibt Jochen Flasbarth Furchen in die Stirn. "Das hätten die sich früher nicht getraut", bekrittelt der Präsident des Naturschutzbundes Deutschland (NABU). Das Engagement des Automobilkonzerns für saubere Energie über Wasserstoffmotoren hält Flasbarth für einen PR-Gag. "Die schmücken sich nur mit dem Stichwort Nachhaltigkeit", sagt er, "da bleibt aber ein Glaubwürdigkeitsproblem". BMW sieht das anders. Die Industrie hat die Nachhaltigkeit für sich entdeckt. In Johannesburg begeht sie am Samstag sogar den "Tag der deutschen Wirtschaft".
Saatgut-Banken sind in höchster Gefahr
Die Welt-Gen-Banken sind nach Aussagen von internationalen Wissenschaftlern in höchster Gefahr. In vielen Ländern fehlt das Geld, die Samenbanken von den wichtigen Nutzpflanzen ernsthaft am Leben zu erhalten, berichtet das Wissenschaftsmagazin New Scientist in seiner Online-Ausgabe vom Freitag. Mit der Schaffung eines Global Conservation Trusts soll das Problem international gelöst werden. 260 Mio. Dollar werden dafür veranschlagt.
Dresdner Elbschlamm mit Schwermetall belastet
Die von Greenpeace in der Dresdner Innenstadt untersuchten Hochwasser-Schlämme sind nach Angaben der Umweltschutzorganisation erheblich mit Schwermetallen belastet. Nach den am Freitag veröffentlichten Ergebnissen überschreitet die Arsen-Konzentration den Wert, bei dem eine Bodensanierung notwendig werde. Erhöhte Messdaten seien auch bei Blei, Quecksilber und Nickel ermittelt worden.
10.000 hungernde Menschen verlassen Auffanglager
In den vergangenen Tagen haben Tausende Menschen in Angola die sogenannten "Auffanglager" Matungo und Capembe in der Provinz Cuando Cubango verlassen und zu Fuß den etwa 50 Kilometer langen Weg nach Mavinga zurückgelegt. Diese Massenbewegung wurde ausgelöst, als das Welternährungsprogramm (WFP) die Nahrungsmittelverteilung in den Lagern für zwei Wochen unterbrechen musste, nachdem auf der Landepiste von Mavinga eine Mine entdeckt worden war, berichtet Ärzte ohne Grenzen. Die Organisation weist darauf hin, dass in den nächsten Wochen dringend Saatgut und Werkzeuge verteilt werden müssen.
Nur sechs Bistümer kennen keinen sexuellen Missbrauch
Deutsche Bistümer räumen mindestens 47 Fälle sexuellen Missbrauchs durch Priester oder andere Kirchen-Mitarbeiter in den vergangenen 30 Jahren ein. Dies ergab eine schriftliche Umfrage des Südwestrundfunks. Bislang hatten sich lediglich einzelne Bistümer im Zusammenhang mit aktuellen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen über die Anzahl sexueller Übergriffe in ihrem Bistum geäußert. Über endgültige Richtlinien für einen einheitlichen Umgang aller Bistümer mit Priestern in Fallen sexuellen Missbrauchs werden die Bischöfe erst auf Ihrer Jahresvollversammlung Ende September entscheiden.
Elbe hinterlässt Gebäudeschäden und Infektionsgefahr
Während das Elbhochwasser weiter abfließt werden immer mehr Schäden und Umweltbelastungen in den betroffenen Gebieten sichtbar. In der Elbe in Sachsen wurde ein erhöhter Schwermetallgehalt gemessen, der aber im Rahmen des bei Hochwasser Üblichen liegt. Die Hochwasserschäden allein an Sozialeinrichtungen bezifferte der Freistaat am Donnerstag mit 90 Millionen Euro. Unterdessen ist die Deichbruchgefahr in der Prignitz endgültig gebannt.
Missglückter Kunstdiebstahl im Bayerischen Nationalmuseum
Nur einen Tag nach dem Verschwinden zweier wertvoller Kunstwerke im Bayerischen Nationalmuseum sind die vermeintlich gestohlenen Objekte wieder aufgetaucht. Die unbekannten Täter versteckten ihre rund 400 000 Euro schwere Beute, ein Votivgemälde und ein Kalksteinkopf, im Museum. Nach Ansicht von Generaldirektorin Renate Eikelmann wurden sie offenbar beim Diebstahl gestört. Wie die Polizei am Donnerstag mitteilte, lag das Votivgemälde drei Räume weiter "auf dem Baldachin eines alten Bettes". Der mittelalterliche Kalksteinkopf "wurde in die hinterste Ecke einer Truhe geschoben", wie Eikelmann sagte.
Eckpunkte der Grundsatzvereinbarung zum Großflughafen
Der Großflughafen Berlin-Schönefeld soll 2008/2009 in Betrieb gehen. Die Nachrichtenagentur ddp dokumentiert Eckpunkte der Grundsatzvereinbarung zwischen Berlin, Brandenburg und dem Bund sowie dem Bieterkonsortium:
Länder und Investoren einigen sich über Großflughafen Schönefeld
Nach langjährigen Verhandlungen sind die Weichen für den Großflughafen Berlin-Schönefeld gestellt. Berlin, Brandenburg und der Bund einigten sich am Donnerstag mit dem Bieterkonsortium um die Konzerne Hochtief und IVG grundsätzlich auf den Bau des Milliardenprojekts. Der Flughafen im Süden Berlins soll 2008/2009 in Betrieb gehen. Die innerstädtischen Airports Tegel und Tempelhof werden wie geplant geschlossen. Die öffentliche Hand übernimmt diverse Risiken des Skandal-Projekts.
Ideen für sauberes Wasser bleiben umstritten
Rund 1,4 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Das amerikanische Worldwatch Institute schätzt, dass ihre Zahl in den nächsten 15 Jahren durch Ausdehnung von Wüsten und Bevölkerungswachstum auf drei Milliarden ansteigen wird. Auf dem Weltnachhaltigkeitsgipfel in Johannesburg sind sich die Staaten deshalb einig, dass es dringend Initiativen zum Schutz von Süßwasserressourcen geben muss. Nur wie das passieren soll, bleibt Streitpunkt.
Estnische Kunst aus sowjetischen Lagern in einer Berliner Ausstelllung
Wie leben Menschen unter Besatzung, Unterdrückung und Terror? Welche Auswirkungen sind auch noch nach Jahrzehnten zu sehen und spüren? Das Estnische Okkupationsmuseum Tallinn will die Jahre sowjetischer und deutscher Besatzung des Landes zwischen 1940 und 1991 dokumentieren und den 200 000 aus Gefängnissen und Zwangsarbeitslagern nicht heimgekehrten Menschen ein Denkmal setzen. Heiki Ahonen und seine Mitarbeiter tragen seit einigen Jahren Exponate aus jener Zeit für das Museum zusammen. Rund 12 000 seien es bereits, sagt Ahonen. Mit der Ausstellung "Kunst und Gebrauchsgegenstände aus sowjetischen Lagern" stellt sich das Okkupationsmuseum seit Mittwoch im Informations- und Dokumentationszentrum der Stasiunterlagen-Behörde in Berlin vor.
Agrarsubventionen unter Beschuss
Die Agrarsubventionen der Industrieländer standen am Dienstag beim Johannesburger Welt-Gipfel im Feuer der Kritik. Vertreter von Entwicklungsländern warfen den reichen Ländern vor, sie würden ihren Bauern sechsmal so viel an Subventionen zahlen, wie sie ärmeren Staaten an Entwicklungshilfe zukommen ließen. Täglich erhielten die Bauern in den reichen Ländern eine Milliarde Dollar Agrarsubventionen, hieß es.
Bundestreffen Totaler Kriegsdienstverweigerer in Berlin
Vom kommenden Freitag, 30. August, bis zum Sonntag, 1. September, findet in Berlin das Bundestreffen der Totalen Kriegsdienstverweigerer statt. Wehrdienst- und Zivildienstgegner aus der ganzen Bundesrepublik werden über Strategien zur Abschaffung der Wehrpflicht und die juristische und politische Situation der Totalverweigerer beraten.
Israelischer Tanz und Musiktheater
Mit einem Gastspiel der Batsheva Dance Company aus Israel starten am Freitag die Festwochen in Berlin. Über zwei Monate lang präsentiert das Festival, das vom 30.8. bis zum 13.11. geht, an mehr als 20 Spielstätten Musik, Theater, Tanz und Literatur. Der Intendant der Berliner Festspiele, Joachim Sartorius, nannte den Kulturmarathon am Dienstag ein "Festival der sich begegnenden Künste". Es gebe Stars wie Karlheinz Stockhausen, aber auch viele Künstler, die zwar in ihren Ländern berühmt seien, in Deutschland aber noch entdeckt werden müssten. Bei der Eröffnung im Haus der Berliner Festspiele wird die deutsche Erstaufführung von"Naharin's Virus" nach Peter Handkes "Publikumsbeschimpfung" präsentiert.
Gebrannte CDs sind schlecht für's Geschäft
Der Verband der US-amerikanischen Musikindustrie RIAA (Recording Industry Association of America) sieht in einer aktuellen Studie weitere Beweise dafür, dass illegale Web-Downloads eine Hauptursache für die CD-Krise sind. 41 Prozent der User, die in den vergangenen sechs Monaten in zunehmendem Ausmaß File-Sharing-Services nutzten, gaben bei einer Befragung an, weniger Musik gekauft zu haben als im Halbjahr davor. Die Zahl jener, die mehr als elf selbst gebrannte CDs erwarben, habe sich mit einem Anstieg von zehn auf 24 Prozent mehr als verdoppelt. Laut PricewaterhouseCoopers LLP wurden im ersten Halbjahr 2002 um sieben Prozent weniger CDs ausgeliefert als im Vorjahreszeitraum, die Zahl der beschlagnahmten, illegal geklonten und vermarkteten CDs stieg um 69,9 Prozent an. Während der Musikverband RIAA hierin ein weiteres Indiz für die negativen Auswirkungen von Online-Tauschbörsen auf den CD-Markt sieht, kam eine Studie von Forrester Research erst vor kurzem zu dem Schluss, dass die Piraterie nicht hauptverantwortlich für die aktuelle CD-Krise ist.
Schönefeld-Airport-Bau bald vertragsreif
Die langwierigen Verhandlungen um den Ausbau des Berliner Flughafens Schönefeld zum Hauptstadt-Airport stehen offenbar kurz vor einem erfolgreichen Abschluss. Es gebe eine "gute Aussicht" für die Annahme des nachgebesserten Angebots des Bieterkonsortiums um die Firmen Hochtief und IVG, heißt es nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" aus dem Berliner Senat. Sowohl beim Kaufpreis als auch bei der Begrenzung der Risiken für die öffentliche Hand seien entscheidende Verbesserungen erzielt worden.
Bundesverwaltungsgericht urteilt jetzt in Leipzig
Das Bundesverwaltungsgericht fällt seine Entscheidungen seit Montag offiziell in Leipzig. Das Gericht sei nach dem Umzug aus Berlin nunmehr funktionsfähig, sagte eine Sprecherin des Gerichtes. Auch die Telefon- und Computeranlagen funktionierten. Die ersten Sitzungen sollen Mitte September stattfinden. Schon seit Jahren sei gezielt Personal in Leipzig angeworben worden, das den Umzug vor Ort reibungslos geregelt habe. Auch das Hochwasser habe keine logistischen Probleme bereitet.
Handeln statt Reden in Johannesburg gefordert
Ein Umdenken in der Umwelt- und Entwicklungspolitik hat das entwicklungspolitische Kinderhilfswerk terre des hommes anlässlich des am Montag beginnenden "UN-Gipfels für Nachhaltige Entwicklung" in Johannesburg gefordert. Ziel des Gipfels ist es, verbindliche Vereinbarungen für eine nachhaltige Entwicklung zu treffen. Nach Auffassung von terre des hommes seien viele Länder der Dritten Welt jedoch nicht in der Lage, die dafür notwendigen Mittel aufzubringen. Ausserdem fehle es an Unterstützung durch die reichen Industrieländer. "Vor zehn Jahren wurden auf dem UN-Gipfel für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro konkrete Schritte und Ziele für Umwelt- und Klimaschutz beschlossen. Den Worten folgten bisher aber wenig Taten", so Peter Mucke, Geschäftsführender Vorstand von terre des hommes am Sonntag zu Beginn der Konferenz in Johannesburg.
Gentech Pflanzen können den Hunger nicht stillen
"Gentech Pflanzen werden den Hunger auf unserem Planeten nicht stillen", erklärt Werner Müller, Ökologe vom Büro für Ökologische Risikoforschung und Consulting. Er widerspricht damit Aussagen von Gentechnik-Befürworter Clive James im österreichischen „Standard-Album“ vom Sonntag. Etwa 800 Mio. Menschen leiden an chronischer Unterernährung wovon zirka 24.000 täglich an den Folgen sterben. Weltweit stehen aber genug Nahrungsmittel zur Verfügung, um alle Menschen auf dieser Erde satt zu machen, sagt die Welternährungsorganisation FAO. "Hunger ist ein Konflikt zwischen arm und reich und nicht die Frage einer neuen Technologie", folgert Müller.
Sensible Daten sind schlecht geschützt
Im Herbst 1998 formulierten die Datenschutzbeauftragten Berlins, Brandenburgs, Bremens, Nordrhein-Westfalens und Schleswig-Holsteins zehn Punkte für einen Politikwechsel zum wirksameren Schutz der Privatsphäre. In einer Pressemitteilung zur Bundestagswahl stellen sie fest, dass viele der damaligen Forderungen noch immer offen sind. So sei ein Grundrecht auf Datenschutz noch nicht im Grundgesetz verankert. Im Zuge der Terror-Prävention wurde sogar die Überwachung von Telekommunikation, Internet und Öffentlichen Plätzen verschärft.