Ob die Seehundstaupe auch in Deutschland Ausmaße einer Epidemie annimmt, sei derzeit noch nicht abzuschätzen, sagte eine LAVES-Sprecherin. Allerdings habe gerade die Paarungszeit begonnen. Die Seehunde könnten sich daher leichter anstecken. Es gehe nicht um Panikmache. Angesichts der Reisesaison an der Nordseeküste müsse die Behörde jedoch ihrer Informationspflicht nachkommen.
Nach LAVES-Angaben steigt nun die Gefahr, dass tote Seehunde an der ostfriesischen Küste angeschwemmt werden. Strandurlaubern wird geraten, großen Abstand zu halten, wenn ein lebender oder verendeter Seehund am Strand oder im Watt gefunden wird. In diesem Fall sollte sofort die Polizei oder die Seehundstation Norddeich informiert werden.
Die schleswig-holsteinische Nordseeküste ist von der Seehundstaupe bislang verschont geblieben, doch Behörden und Naturschützer sind in Alarmbereitschaft. "Alle zuständigen Institutionen haben sich entsprechend vorbereitet. Unter anderem wurden die Kontrollgänge an den Stränden verstärkt", sagte der Sprecher des Schutzstation Wattenmeer, Lothar Koch. Bislang seien allerdings keine toten Tiere gesichtet worden. Sollte dieser Fall dennoch eintreten, würden die betreffenden Tiere umgehend in das Forschungs- und Technologiezentrum nach Büsum gebracht und untersucht. Koch bezifferte die Zahl der im schleswig-holsteinischen Wattenmeer lebenden Seehunde auf etwa 7000 Tiere.
1988 hatte das Staupevirus an Nord- und Ostsee eine Seuche ausgelöst, der etwa 20 000 Seehunde - mehr als die Hälfte des gesamten damaligen Bestandes - zum Opfer fielen. Allein an den deutschen Küsten starben etwa 5000 Tiere. Ursache war das bis dahin unbekannte "Phocine Distemper Virus" (PDV), das dem Hundestaupevirus ähnlich ist. Es greift das Immunsystem der Seehunde an. In der Folge gibt es zahlreiche Sekundärerkrankungen wie zum Beispiel Parasitenbefall.