11 September | World Trade Center
- 1.000 Menschen demonstrierten für Frieden und gegen Blankoscheck für die USA
- "Wirtschaftliche Ungerechtigkeit gibt Terroristen Nahrung"
- Grüne warnen vor Angriff auf Irak
- Anti-Terror-Gesetze aus Sicht des Datenschutzes "ausgereizt"
- UNICEF ruft zur Verwirklichung der Kinderrechte auf
- Ehrung für Kriegs-Gegner
- Nach dem 11. September wurden Grundrechte ausgehebelt
- Ministerium für Heimatschutz in USA gefordert
- Der 11. September und seine Folgen
- Streit um Irakangriff geht weiter
- Abkühlung in deutsch-amerikanischen Beziehungen sei "behebbar"
- Schwierige Identifizierung der Opfer vom 11. September
- Gericht setzt Haftbefehl gegen mutmaßlichen Terrorhelfer El Motassadeq aus
- Misereor kritisiert Zunahme militärischer Interventionen
- Terrorabwehrzentrum nimmt kommende Woche Arbeit auf
- Höchstrafe für Motassadeq beantragt
- Ehemaliger US-Außenminister bedauert seine Aussagen vor dem Irak-Krieg
- Mandat für Anti-Terror-Krieg soll verlängert werden
- USA sollen Gefangene mit Elektroschockern foltern
- Motassadeq beteuert im dritten Terrorprozess seine Unschuld
- Motassadeq zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt
- Frau des Terrorverdächtigen aus Rheinland-Pfalz weist Vorwürfe zurück
- Bundestag gedenkt Opfer der "Terroranschläge" vor sechs Jahren
Fischer wertete die Angriffe auf New York und Washington als "einen Angriff auf die offene Gesellschaft". Daher gehe es auch für die Bundesrepublik nicht länger um eine abstrakte Bündnissolidarität, sondern um konkreten Beistand, sagte er am Mittwoch in der Debatte zum Etat seines Hauses. "Wenn wir uns wegducken, wird es nicht zum Ende des Terrors führen", betonte der Minister. Diese "bittere Wahrheit" müsse den Menschen klar gesagt werden. Einer Abschottung Deutschlands erteilte Fischer zugleich eine klare Absage.
"Der Angriff vom 11. September war ein Angriff auf uns alle, deshalb müssen wir uns gemeinsam wehren", unterstrich der ehemalige Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU). Den allgemeinen Bekundungen müssten in den kommenden Tagen konkrete Taten folgen, eine Rückkehr zur "Scheckbuchdiplomatie" dürfe es nicht geben. Sein Fraktionskollege Dietrich Austermann (CDU) warnte davor, Bündnisleistungen wegen des Sparkurses infrage zu stellen.
"Entschlossenheit und Besonnenheit" mahnte die SPD-Abgeordnete Uta Zapf an. Militärische Mittel allein seien nicht tauglich, diese Krise zu bewältigen. Vielmehr sei eine Stärkung der UNO und anderer Organe zur Konfliktbewältigung und -prävention dringend geboten. Der FDP-Abgeordnete Ulrich Irmer warnte indes davor, nach den Terroranschlägen nur auf eine "grüne Heilsarmee" zu setzen. Die Antwort müsse "entschlossenes Handeln" sein, natürlich auch mit militärischen Mitteln. Die PDS lehnte diese Option erneut ab und forderte eine Aufstockung der Mittel für friedenserhaltende Maßnahmen.
Der Haushalt des Auswärtigen Amtes für 2002 sieht nach dem Regierungsentwurf ein Ausgabenvolumen in Höhe von mehr als 2,1 Milliarden Euro (gut 4,1 Milliarden Mark) vor. Das sind knapp 13 Millionen Euro (rund 25,2 Millionen Mark) weniger als im laufenden Etat. Hinzu kommen gut 100 Millionen Euro (200 Millionen Mark) aus dem Antiterrorpaket der Bundesregierung, die allerdings in der Allgemeinen Finanzverwaltung eingestellt werden.
Am 26-09-2001
1.000 Menschen demonstrierten für Frieden und gegen Blankoscheck für die USA
Armut, Ungerechtigkeit, Umweltzerstörung
Rund 1.000 Menschen haben sich am Samstag in Frankfurt am Main an einer Friedensdemonstration beteiligt. Die durch die Terroranschläge in den USA entstandene Krise müsse ohne Kriegseinsatz gemeistert werden, forderten mehrere Redner auf einer Kundgebung vor der Alten Oper. Zu der Protestaktion aufgerufen hatten unter anderen Gewerkschaften, die katholische Friedensbewegung "Pax christi" und die Ausländervertretung der Mainmetropole.
In das "Kriegsgeschrei der Falken" einzustimmen hieße, die Freundschaft zu den USA falsch zu verstehen, sagte Harald Fiedler vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Freundschaft bedeute auch, jemanden von törichten Handlungen abzuhalten. Der Kampf gegen Armut, soziale Ungerechtigkeit und ökologische Zerstörung sei mühsam, aber der einzig Erfolg versprechende Weg aus der Krise. Sicherheit sei nur über militärische Abrüstung zu erreichen.
Auf Spruchbändern forderten Demonstranten, die Verantwortlichen für die Anschläge vom 11. September "aufzuspüren" und vor Gericht zu stellen, ohne mit einem Krieg neues Leid zu verursachen. Sprecher verschiedener Organisationen kritisierten die Zusage der Bundesregierung, den USA "uneingeschränkte Unterstützung" zu gewähren, und bezeichneten das Versprechen als einen "Blankoscheck". In Afghanistan seien Millionen Menschen auf der Flucht.
Am 01-10-2001
"Wirtschaftliche Ungerechtigkeit gibt Terroristen Nahrung"
Evangelische Kirche
Bei der 9. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ab Sonntag im bayerischen Amberg sollen Umrisse einer gerechten Weltwirtschaftsordnung aus kirchlicher Sicht entworfen werden. Im Prozess der Globalisierung dürfe die soziale Gerechtigkeit nicht ins Hintertreffen geraten, sagte der Ratsvorsitzende der EKD, Präses Manfred Kock. Viele Unternehmen agierten aus Kostenerwägungen dort, wo sie die geringsten Einschränkungen durch Umwelt- und Sozialbestimmungen erwarteten. Auch globale Unternehmen hätten aber eine Verantwortung für die Welt. Die beiden großen Kirchen seien sich in dieser Haltung einig, wie in dem gemeinsamen Wort "Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit" von 1997 deutlich geworden sei.
Auch die Konfliktherde, die hinter den Terroranschlägen vom 11. September stehen, fänden in wirtschaftlichen Ungerechtigkeiten Nahrung, sagte Kock. Dies reiche aber als Erklärung nicht aus. Diejenigen, die den Terror steuern, seien nicht arm. Die Terroranschläge seien auch in der Bosheit und Sündhaftigkeit des Menschen begründet. Sie hätten aber besonders in denjenigen Teilen der arabischen Bevölkerung Beifall gefunden, die sich politisch und wirtschaftlich benachteiligt fühlten.
Ein wichtiges Thema seines Berichts an die EKD-Synode sei der Dialog mit dem Islam, kündigte Kock an. In vielen Kirchengemeinden und Kirchenkreisen gebe es bereits seit langem Islambeauftragte. Zu einem offenen und kritischen Dialog mit den in Deutschland lebenden Moslems gebe es keine Alternative.
Vorwürfe an die Adresse der Kirche, sie sei im Dialog naiv gewesen, zeugten daher von Unkenntnis oder würden wider besseres Wissen erhoben. Für Moslems, die jetzt nach den Terroranschlägen angefeindet würden, müsse die Kirche einstehen, sagte Kock. Der Islam dürfe keinesfalls für den Terror pauschal haftbar gemacht werden, wie das einige Ausländerfeinde täten. "Wir müssen aufpassen, dass wir mit solchen Angriffen nicht Gegenhass bei den Muslimen erzeugen", warnte Kock.
Am 02-11-2001
Grüne warnen vor Angriff auf Irak
US-Kriegführung
Die Grünen sehen bei einem möglichen Angriff der USA gegen den Irak die internationale Anti-Terror-Allianz in Gefahr. Parteichefin Claudia Roth gehe davon aus, dass ein Angriff die ganze Anti-Terror-Allianz gefährden würde. Eine Beteiligung Deutschlands an einem solchen Einsatz lehnten die Grünen strikt ab. Derzeit gebe es auch keinen Hinweis, dass der Irak an den Attentaten vom 11. September auf New York und Washington beteiligt gewesen sei.
Roth warnte zugleich vor einer Machtdemonstration. Die Amerikaner müssten erkennen, dass sie nach dem 11. September nicht alleine handeln könnten. Zu Forderungen der USA nach einer besseren Ausstattung der europäischen NATO-Armeen sagte Roth, es sei falsch zu glauben, man müsse nur mehr Geld in den Militärapparat stecken. Dies führe zu einem neuen Rüstungswettlauf. Vielmehr müsse es einen engeren Austausch zwischen den EU-Partnern geben.
Am 04-02-2002
Anti-Terror-Gesetze aus Sicht des Datenschutzes "ausgereizt"
Erfolgskontrolle bei Telefon-Überwachung dringend nötig
Zur Abwehr terroristischer Gewalt sind nach Ansicht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz, Joachim Jacob, keine weiteren staatlichen Eingriffsbefugnisse in Persönlichkeitsrechte erforderlich. Mit den nach dem 11. September verabschiedeten Anti-Terror-Gesetzen sei der Gesetzgeber einen vernünftigen Weg zwischen dem nachvollziehbaren Sicherheitsinteresse des Staates und den schutzwürdigen Freiheitsrechten des Einzelnen gegangen, sagte Jacob der Nachrichtenagentur ddp. In Deutschland sei die bestehende Gesetzeslage nun "weitgehend ausgereizt". Bevor über Änderungen am bestehenden Instrumentarium diskutiert werden könne, sollten die gesammelten Erfahrungen gründlich ausgewertet werden. Zudem müsse bei der Telefonüberwachung endlich eine Erfolgskontrolle eingeführt werden.
Am Donnerstag und Freitag kommen die europäischen Datenschutzbeauftragten in Bonn zusammen, um unter anderem über die Auswirkungen neuer Sicherheitsgesetze nach dem 11. September zu diskutieren.
Als beachtlichen Erfolg wertet es Jacob, dass für alle weitreichenden neuen Eingriffsbefugnisse, insbesondere Auskunftsbegehren der Nachrichtendienste gegenüber privaten Stellen, Unternehmen und Banken, Post und Telekom, eine Erfolgskontrolle eingeführt wurde. Diese Kontrolle sei durch eine Berichtspflicht an den Bundestag sichergestellt. Außerdem sind die Befugnisse auf fünf Jahre befristet. Die betroffenen Personen werden nachträglich benachrichtigt. So könne die Anordnung auf dem Rechtsweg überprüft werden.
"Außerdem konnte eine geplante Zentraldatei für biometrische Daten verhindert werden", erinnerte Jacob. Der Gesetzgeber habe nun eingegrenzt, welche biometrischen Merkmale überhaupt in Pässen und Personalausweisen aufgeführt werden können. Diese Merkmale dürfen auch nicht zur Identifikation verwandt werden, sondern dienen allein dem Zweck einer besseren Personenüberprüfung, also der Feststellung, ob das Papier zu der Person gehört, die es vorlegt.
Bei der Telefonüberwachung seien die gesetzlichen Möglichkeiten nach dem 11. September zwar nicht ausgeweitet worden. Dennoch habe man es in Deutschland seit Jahren mit dem Phänomen steigender Fallzahlen zu tun. Auch in diesem Bereich ist es nach Ansicht Jacobs dringend notwendig, eine Berichtspflicht und damit eine Erfolgskontrolle einzuführen.
Am 24-04-2002
UNICEF ruft zur Verwirklichung der Kinderrechte auf
Weltkindergipfel
Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (Unicef) ruft die Staatschefs und Regierungen auf, den Weltkindergipfel vom 8. bis 10. Mai in New York als Wendepunkt für die Verwirklichung der Kinderrechte zu nutzen. Die Sondersitzung der UN-Vollversammlung biete die Chance, die Weichen für die Verbesserung der Lebenssituation der rund 2,1 Milliarden Kinder und Jugendlichen weltweit zu stellen und gegen die verbreitete Missachtung der Kinderrechte mit einem globalen Aktionsplan vorzugehen, betonte UNICEF Deutschland am Donnerstag in Köln. Zum Weltkindergipfel werden rund 70 Staats- und Regierungschefs erwartet.
Der Gipfel sei auch eine Antwort auf die Anschläge vom 11. September vergangenen Jahres in den USA. Denn Investitionen in die Zukunft der Kinder seien die beste Strategie gegen Hass und Gewalt. "Armut und Hoffnungslosigkeit lassen sich nicht mit militärischen Mitteln besiegen", sagte UNICEF-Botschafter Sir Peter Ustinov.
Nach Angaben von UNICEF sterben in der Welt jährlich fast elf Millionen Kinder vor Erreichen des fünften Lebensjahrs, die meisten an vermeidbaren oder behandelbaren Krankheiten. 150 Millionen Kinder sind chronisch mangelernährt und fast 120 Millionen Kinder werden nicht einmal eingeschult. Der Vorsitzende von UNICEF Deutschland, Reinhard Schlagintweit, verwies darauf, dass "insbesondere die Millionen vergessener Kinder, die in Kriegsgebieten oder in extremer Armut aufwachsen", in ihren Überlebens- und Entwicklungschancen bedroht sind.
Am 02-05-2002
Ehrung für Kriegs-Gegner
Aachener Friedenspreis
Der Aachener Friedenspreis 2002 geht an die amerikanische Kongressabgeordnete Barbara Lee und den deutschen Pazifisten Bernhard Nolz. Beide Preisträger hatten sich gegen eine militärische Reaktion auf die Terroranschläge vom 11. September ausgesprochen, teilte der Verein Aachener Friedenspreis am Mittwoch mit.
Die 55-jährige Barbara Lee habe nach dem 11. September 2001 als einzige US-Abgeordnete gegen die Kriegsermächtigung für US-Präsident George W. Bush gestimmt. Nach Ansicht des Vereins Aachener Friedenspreis repräsentiert Barbara Lee damit das "andere Amerika", das sich gegen den Krieg stelle.
Der Lehrer Bernhard Nolz habe sich "unermüdlich und kein Risiko scheuend gegen jede Art des Militarismus und für zivile Konfliktbearbeitung eingesetzt", hieß es. Der 58-jährige Pädagoge an der Siegener Bertha-von-Suttner Gesamtschule hatte sich in einer Rede nach dem 11. September gegen einen US-Militärschlag ausgesprochen und gleichzeitig die Rüstungspolitik der USA kritisiert.
Der Aachener Friedenspreis wird seit 1988 jeweils am 1. September verliehen, dem Antikriegstag. Im vergangenen Jahr wurden der japanische Atomwaffengegner Kazuo Soda und die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl ausgezeichnet.
Am 09-05-2002
Nach dem 11. September wurden Grundrechte ausgehebelt
Grundrechte-Report vorgestellt
Verschiedene Menschenrechtsorganisationen präsentierten am Dienstag den diesjährigen Grundrechte-Report. Der Jahresbericht gibt Auskunft zur Lage der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland. Im Mittelpunkt des diesjährigen Grundrechte-Reports stehen die Folgen der Terrorismusbekämpfung nach dem 11. September. "Nach dem 11. September wurden in die Grundrechte völlig unverhältnismäßig eingegriffen. Noch nie wurden mit einem Gesetz so viele demokratische Freiheiten ausgehebelt", analysierte Marei Pelzer, Referentin von Pro Asyl, das am 14. Dezember 2001 verabschiedete Terrorismusbekämpfungsgesetz.
Für Pro Asyl sei diese menschenrechtliche Schieflage der entscheidende Anlass gewesen, sich erstmals an dem von der Humanistischen Union und anderen Bürgerrechtsorganisationen herausgegebenen Grundrechte-Report zu beteiligen.
"Das Terrorismusbekämpfungsgesetz hat besonders schwerwiegend die Grundrechte von Flüchtlingen verletzt. An ihnen wird vorexerziert, was gegenüber der Gesamtbevölkerung noch nicht durchsetzbar ist", so Marei Pelzer von Pro Asyl weiter.
Die meisten der repressiven Maßnahmen beträfen Migranten und Flüchtlinge. Das Asylgeheimnis werde verletzt, wenn nun Flüchtlingsbehörden von sich aus umfassende Informationen über die Asylgründe an die Geheimdienste weitergeben dürften. Eine Datenweitergabe bis in den Verfolgerstaat sei nicht ausgeschlossen. Aus Angst vor erneuter Verfolgung würden viele Flüchtlinge zukünftig lieber über ihre erlittenen Misshandlungen schweigen und damit ihre Anerkennung gefährden.
Zur Situation der Grundrechte nach dem 11. September enthält der Grundrechte-Report 2002 Beiträge u.a. von Burkhard Hirsch (FDP, Vizepräsident des Bundestages a.D.), Andy Müller-Maguhn (Chaos Computer Club und ICANN-Direktor), Marei Pelzer (Pro Asyl), Jürgen Seifert (Mitglied der G-10 Kommission) und Thilo Weichert (Vorsitzender der Deutschen Vereinigung für Datenschutz).
Der Grundrechte-Report 2002 wird von folgenden Organisationen herausgegeben: Humanistische Union, Gustav-Heinemann-Initiative, Komitee für Grundrechte und Demokratie, Bundesarbeitskreis kritischer Juragruppen, Pro Asyl, Republikanischer Anwälteverein, Vereinigung demokratischer JuristInnen.
Grundrechte-Report 2002: T. Müller-Heidelberg, U. Finckh (Hg. u.a.), erscheint in der Reihe rororo aktuell des Rowohlt-Verlages, Reinbek, kostet 9,90 Euro.
Am 04-06-2002
Ministerium für Heimatschutz in USA gefordert
Bushs Anti-Terror-Kampf
Im Anti-Terror-Kampf bleibt US-Präsident George W. Bush auch innenpolitisch weiter am Drücker. Nach Wochen bohrender öffentlicher Fragen, ob der Auslandsgeheimdienst CIA und die Bundeskriminalbehörde FBI die Terror-Gefahren im Vorfeld der Katastrophe vom 11. September hätten erkennen und die Anschläge verhindern können, versucht Bush jetzt wieder die Initiative an sich zu reißen.
Mit der Begründung, dass "Amerika die zivilisierte Welt in einem gigantischen Kampf gegen der Terror" anführe, forderte der Präsident am späten Donnerstagabend (Ortszeit) in Washington in einer Fernsehansprache die Schaffung eines neuen Ministeriums für Heimatschutz. Eine durchgreifende Umstrukturierung des Regierungsapparates - die einschneidendste seit dem Zweiten Weltkrieg - sei notwendig, um Amerika und die amerikanische Bevölkerung vor weiteren Attentaten wirksam zu schützen, sagte Bush.
Kernstück des geplanten neuen Ministeriums, das in Größe nur vom Pentagon übertroffen wird und das der Kongress noch absegnen muss, ist eine zentrale Geheimdienststelle, in der alle Anti-Terror-Informationen zusammenlaufen und ohne Reibungsverluste und Eifersüchteleien unter den derzeit neun Regierungsbehörden zu einem klaren Bild zusammengesetzt werden sollen. CIA und FBI und damit auch die Bush-Regierung waren in den vergangenen Wochen zunehmend unter Beschuss geraten, nachdem bekannt geworden war, dass beide Geheimdienstbehörden zahlreiche Hinweise auf mögliche Terror-Aktivitäten hatten, diese Puzzlesteinchen aber nicht zu einem größeren Ganzen zusammenzufügen wussten.
Angesichts immer neuer Veröffentlichungen über Pannen und Pleiten - so waren die Warnungen eines FBI-Agenten aus Phoenix (US-Bundesstaat Arizona), dass Gefolgsleute von Terrorchef Osama Bin Laden an amerikanischen Flugschulen ausgebildet werden könnten, vor dem 11. September ungehört verhallt - stand das Weiße Haus zunehmend unter Zugzwang. Die amerikanische Bevölkerung schien nach Umfragen mehr und mehr das Vertrauen in die Fähigkeit der Regierung zu verlieren, künftige Terrorattacken im Vorfeld verhindern zu können.
Die "Aufwertung" der ursprünglichen Behörde für Heimatschutz unter Regie von Bushs Parteifreund Tom Ridge, der keinen Kabinettsrang hatte, ist jetzt Bushs Antwort auf die schwindende Zuversicht. Küstenwache, Zoll- und Einwanderungsbehörden sowie die Stelle für den Katastrophenschutz sollen in Zukunft ganz eng unter einem Dach zusammenarbeiten.
Unter Abgeordneten des Repräsentantenhauses und Senatoren, die nach der Bush-Rede noch Anti-Terror-Maßnahmen in Höhe von 31,5 Milliarden Dollar verabschiedeten, waren erste Reaktionen durchweg positiv. Zwar werden die Anhörungen auf dem Kapitolshügel zur Arbeit der Geheimdienste weiter fortgesetzt. Schon jetzt aber hat kaum jemand Zweifel daran, dass das bestehende System dringend reformbedürftig ist. "Wir müssen die Fähigkeit entwickeln, Anschläge vorauszusehen", sagte FBI-Chef Robert Mueller selbstkritisch: "Wir müssen lernen, um Ecken zu blicken."
Am 07-06-2002
Der 11. September und seine Folgen
Onlinestudie zum Mitmachen
Der 11. September 2001 hat die Welt verändert wie kaum ein anderes Ereignis in den vergangenen Jahren. Nun sei nichts mehr, wie es einmal war, war einer der meist gehörten Kommentare. Stimmt das noch, oder ist mittlerweile doch wieder alles so, wie es vor dem 11. September war? Was der 11. September im Alltagsleben der Menschen alles verändert hat, möchte ein Team von Wissenschaftlern der Universitäten Trier, Bielefeld und Oldenburg nun in Erfahrung bringen. Die Wissenschaftler haben eine Online-Befragung entwickelt, um vielfältige mögliche Folgen des 11. September beleuchten zu können.
Schon unmittelbar nach dem 11. September hatten die vier eine Onlinebefragung zu den aktuellen Ereignissen gestartet. Damals ging es um Einstellungen zu den Terrorakten in New York und den Militärschlägen in Afghanistan. Ein halbes Jahr später stehen nun in der neuen Befragung die Gedanken und Gefühle der einzelnen, die Veränderungen im Alltag der Bürger im Mittelpunkt. Es geht um Fragen wie: Wie haben Sie persönlich den 11. September erlebt? Welche Gedanken und Gefühle haben Sie zu den Ereignissen? Was hat sich für Sie persönlich verändert? Das reicht von Reiseerfahrungen über den Umgang mit den Mitmenschen im Alltag bis hin zu religiösen Themen.
Natürlich geht es auch um politische Fragen: Wie stehen Sie zum Beispiel zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr? Wie bewerten Sie Maßnahmen zur Erhöhung der inneren Sicherheit wie Überwachung von Telefon und Mailverkehr oder Veränderungen von Pässen und Ausweisen? Welche Maßnahmen sollten jetzt ergriffen werden? Wie können die Menschenrechte gesichert werden?
Die Studie kann natürlich nur zu aussagekräftigen Ergebnissen kommen, wenn ein breiter Querschnitt der Bevölkerung zur Teilnahme gewonnen werden kann. Jeder Bürger kann daher teilnehmen - die Teilnahme ist nicht an eine Beteiligung an der früheren Befragung gebunden.
Am 24. Jul. 2002
Streit um Irakangriff geht weiter
Nach dem 11. September
Der Streit über die deutsche Haltung im Irak-Konflikt geht weiter. Außenminister Joschka Fischer (Grüne) bekräftigte am Mittwochabend die Position der Bundesregierung. Die Risiken eines Krieges gegen den Irak seien "nicht vertretbar", sagte er im ARD-Fernsehen. Hier gehe es "um eine neue Ebene der Auseinandersetzung" und um die Frage, was aus der internationalen Koalition gegen den Terror werde. Zudem stelle sich die Frage der regionalen Stabilität im Nahen Osten im Falle eines Kriegs.
US-Präsident George W. Bush hatte am ersten Jahrestag des Anschlags auf das World Trade Center den Willen seiner Regierung zum weltweiten entschlossenen Kampf gegen den Terrorismus bekräftigt. Zum Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001 sagte Bush am späten Mittwochabend (Ortszeit) in New York in seiner kurzen Ansprache an die Nation, dass die USA es "keinem Terroristen oder Tyrannen erlauben" werden, "die Zivilisation mit Massenvernichtungswaffen zu bedrohen".
Die USA stehen nach Ansicht Fischers in der Irak-Frage vor der riskantesten Entscheidung seit dem Vietnam-Krieg. Der für Donnerstag angekündigten Rede von US-Präsident George W. Bush vor der UN-Vollversammlung sehe er mit Spannung entgegen. "Sollten neue Fakten auftauchen, dann werden sie zu bewerten sein", sagte Fischer im ZDF.
Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) warf Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) vor, eine Frage hochzuspielen, die niemand an Deutschland gestellt habe und niemand stellen werde. Hier handele es sich um ein "Täuschungsmanöver", um ein Thema in den Mittelpunkt zu rücken, "was keines ist". Wenn sich jeder so verhalten würde wie Schröder, würde dies Saddam Hussein freie Bahn geben "für alle Möglichkeiten, die er sucht". Dies sei "keine verantwortungsvolle Politik", betonte Stoiber.
Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) plädiert für eine juristische Lösung. "Saddam Hussein, der Zehntausende Kurden mit Giftgas umgebracht hat, gehört vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag", sagte er der Heidelberger "Rhein-Neckar-Zeitung". Der ungelöste israelisch-palästinensische Konflikt gefährde die Sicherheit Europas und damit auch der Bundesrepublik in extremer Weise. Eine friedliche Lösung dieses Konflikts "würde durch einen gewaltsamen Sturz von Saddam Hussein erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht".
Am 12-09-2002
Abkühlung in deutsch-amerikanischen Beziehungen sei "behebbar"
Verhältnis USA-Bundesrepublik
Die Bundesregierung ist zuversichtlich, dass sich das abgekühlte deutsch-amerikanische Verhältnis wieder verbessert. Der Koordinator für die deutsch-amerikanischen Beziehungen im Auswärtigen Amt, Karsten Voigt (SPD), räumte am Mittwoch im ARD-"Morgenmagazin" zwar ein, dass Schaden im bilateralen Verhältnis entstanden sei. Dieser Schaden sei aber "behebbar". Es gehe hier nicht um Antiamerikanismus, sondern um Meinungsunterschiede zwischen den USA und Deutschland in einer spezifischen Frage, nämlich dem Irak-Konflikt. Deutschland habe ein "ungeheures Interesse an engen und guten Beziehungen zu den USA", fügte Voigt im Inforadio Berlin-Brandenburg hinzu.
Die deutsche Seite sei um Schadensbegrenzung bemüht, sagte Voigt. Washington sollte nun aber auch zeigen, dass es Deutschland als Partner mit einer anderen Meinung in einer speziellen Frage akzeptiere. Ziele, Interessen und Werte Deutschlands stimmten weiter mit denen der Amerikaner überein. Voigt ging gleichwohl davon aus, dass es eine "gewisse Zeit" dauern werde, bis US-Präsident George W. Bush seine Beziehungen zur Bundesregierung in Bezug auf alle Personen wieder normalisiere. Bush ist neben der strikten Ablehnung Berlins in Bezug auf einen Angriff auf den Irak auch über den angeblichen Hitler-Bush-Vergleich der scheidenden Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) verärgert.
US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sagte am Mittwoch zum Abschluss der zweitägigen NATO-Herbstreffens in Warschau. Die Lehre aus den Anschlägen vom 11. September müsse sein, dass man reagiert, bevor etwas passiert. "Wir müssen uns darüber klar werden, welche Bedrohung der Irak darstellt", unterstrich Rumsfeld. Das Land stelle Massenvernichtungswaffen her und unterstütze Terroristen. Daher müssten die UN-Resolutionen gegen den Irak durchgesetzt und das Regime entwaffnet werden. US-Präsident George W. Bush habe deutlich gemacht, dass militärische Gewalt dabei auch "die letzte Möglichkeit" sein könne. Denn was bisher passiert sei, "ist offensichtlich nicht genug". Weder Sanktionen noch Flugverbotszonen hätten die gewünschten Erfolge gebracht.
Zum angespannten Verhältnis zwischen den USA und Deutschland sagte Rumsfeld, man befinde sich momentan in einer Phase, "wo es Meinungen gibt, die nicht mit unserer übereinstimmen". Allerdings gebe es keine Pläne, beispielsweise mit dem Abzug amerikanischer Truppen aus der Bundesrepublik darauf zu reagieren. Ausdrücklich widersprach Rumsfeld der Darstellung des deutschen Verteidigungsministers Peter Struck (SPD), es habe am Rande des Warschauer Treffens ein Gespräch gegeben. "Ich habe mit dem deutschen Verteidigungsminister nicht gesprochen", sagte Rumsfeld. Allerdings sei ein solches Treffen nicht geplant gewesen, deshalb habe er es auch nicht absagen können.
Am 25-09-2002
Schwierige Identifizierung der Opfer vom 11. September
DNA und SNP
Rund 19 Monate nach dem Anschlag auf das World Trade Center kämpfen US-Forscher nun vor allem mit der Identifizierung der Opfer. Forensische Forscher wurden gezwungen, neue Tests zu entwickeln und Wege zu finden, die Daten zu interpretieren, wie das Fachmagazin Theoretical Population Biology berichtet. Die neuen Methoden sollten auch in Kriegsgebieten wie dem Irak, Bosnien und Ruanda angewendet werden und so die Identifikation von verwesten Mordopfern erleichtern. Bislang habe das Forscherteam 1.484 Opfer identifiziert.
"Zu Beginn erwarteten die meisten Menschen, dass die mehr als 2.700 Opfer innerhalb weniger Wochen identifiziert werden", erklärt der Gerichtsmediziner Will Goodwin von der University of Central Lancashire. Die Grenzen der DNA mussten aber zur Kenntnis genommen werden. DNA-Proben könnten zwar direkt mit Proben des Opfers oder von Familienmitgliedern verglichen werden. Diese Vergleiche seien aber problematisch, erklärt der Berater für forensinsche Mathematik Charles Brenner in einem Bericht des Fachmagazins Nature. Viele DNA-Proben stammten nicht von Opfern, sondern von anderen Personen, wie sich etwa bei Zahnbürsten herausstellte.
Durch die große Opferzahl habe sich auch das DNA-Fingerprinting der Verwandten als zu wenig empfindlich herausgestellt. Es könne zum Beispiel vorkommen, dass zufällig gleiche Gene zwischen nicht verwandten Personen zu falschen Ergebnissen führen. "Für alle Eltern, die ein Kind verloren haben, kommen mehrere Opfer als Kind in Frage. Auf 1.000 Opfern kommt etwa ein falscher Verwandter", so Brenner. Aus diesem Grund empfiehlt Brenner für jedes Opfer die DNA von mehreren Verwandten zu sammeln. Eine eigens entwickelte Software solle den Vergleich der DNA-Profile mit den noch nicht identifizierten Proben erleichtern.
Das Fingerprinting sei zudem dadurch limitiert, dass es intakte DNA-Stränge erfordert. Viele Körperteile, die in den Twin Towers gefunden wurden, seien dagegen zu sehr verfallen, um derart intakte Proben zu erhalten. Das Projektteam unter der Leitung von John Butler vom US-Insitute of Standard and Technology in Maryland habe nun einen neuen Test entwickelt, der auch bei kürzeren DNA-Abschnitten funktioniere.
Darüber hinaus ziehen die Forscher auch die Untersuchung von so genannten SNPs in Erwägung. Es handelt sich dabei um die feinsten genetischen Unterschiede zwischen den Menschen. Bislang sind SNPs in der forensischen Forschung so gut wie noch nie zum Einsatz gekommen. Erste Ergebnisse seien aber vielversprechend.
Am 23-04-2003
Gericht setzt Haftbefehl gegen mutmaßlichen Terrorhelfer El Motassadeq aus
Anschläge vom 11. September
Der als Terrorhelfer verurteilte Marokkaner Mounir El Motassadeq kommt aus der Haft frei. Der 4. Strafsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg setzte am Mittwoch nach dreitägigen Beratungen den Haftbefehl gegen den 30-Jährigen außer Vollzug. Er sei nicht mehr dringend tatverdächtig, an der Planung der Anschläge vom 11. September 2001 in den USA beteiligt gewesen zu sein, sagte eine Sprecherin des Gerichts.
Der nach wie vor bestehende hinreichende Verdacht rechtfertige die Fortdauer der Untersuchungshaft nicht. Die durch die nunmehr verbleibende Straferwartung von einem Jahr bis zu zehn Jahren begründete Fluchtgefahr werde durch die sozialen Bindungen des Angeklagten in Hamburg vermindert.
Dringender Tatverdacht bestehe nur noch bei dem Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, hieß es. El Motassadeq darf vorerst Hamburg nicht verlassen, muss jeden Wohnungswechsel anzeigen, sich zwei Mal wöchentlich bei der Polizei melden und bekommt keinen neuen Pass.
El Motassadeq war im Februar vergangenen Jahres im weltweit ersten Prozess um die Anschläge vom 11. September 2001 in den USA von dem Hamburger Gericht zur Höchststrafe von 15 Jahren verurteilt worden. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hatte das Urteil aufgehoben und zur Neuverhandlung nach Hamburg zurückverwiesen. Die Verteidiger hatten daraufhin die Haftentlassung beantragt.
Am vergangenen Freitag hatte es einen mündlichen Haftprüfungstermin gegeben. Nach Angaben von El Motassadeqs Anwalt Gerhard Strate hatte die Bundesanwaltschaft zu dem Haftprüfungstermin überraschend neue Beweismittel vorgelegt, die den Marokkaner nach Strates Einschätzung entlasten. Dabei habe es sich unter anderem um einen Brief des mutmaßlichen und international per Haftbefehl gesuchten Terroristen Said Bahaji gehandelt, der sich seit den Anschlägen vom 11. September 2001 auf der Flucht befindet. Bahaji schildere in dem Brief an seine Mutter ausführlich die Hintergründe der Anschläge und versichere, El Motassadeq habe damit nichts zu tun.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende in der Hamburger Bürgerschaft, Michael Neumann, nannte die Freilassung El Motassadeqs "schwer nachvollziehbar". Er forderte Innensenator Udo Nagel (für CDU) auf, eine Ausweisung El Motassadeqs vorzubereiten. Nagel dürfe nicht auf Änderungen der Anti-Terror-Gesetze warten, sondern müsse jetzt schon handeln.
Hintergrund des Revisionsverfahrens im Fall El Motassadeq ist der Freispruch des 31-jährigen Marokkaners Abdelghani Mzoudi im vergangenen Februar. Mzoudi musste sich wegen ähnlicher Vorwürfe wie El Motassadeq vor dem Hamburger Gericht verantworten. Doch Mzoudi konnte eine Beteiligung an den Terroranschlägen vom 11. September 2001 nicht nachgewiesen werden.
Am 07-04-2004
Misereor kritisiert Zunahme militärischer Interventionen
Andere Politik nötig
Das katholische Hilfswerk Misereor hat die wachsende Zahl militärischer Interventionen kritisiert. Der Krisenprävention müsse Vorrang eingeräumt werden. Das bedeute einerseits eine Stärkung der Entwicklungspolitik im Sinne der direkten Hilfe an schwache Staaten. Andererseits fordere es aber auch eine globale Strukturpolitik, die von den Industrieländern erhebliche Zugeständnisse und Veränderungen verlange.
Misereor-Hauptgeschäftsführer Josef Sayer forderte hinsichtlich in Fragen der Sicherheitspolitik eine stärkere Konzentration auf Entwicklungszusammenarbeit. "In Folge des 11. September kam es zu einer Fixierung auf militärisch definierte Sicherheit als zentrale Bezugsgröße internationaler Politik", sagte Sayer. Die Entwicklungspolitik drohe mehr und mehr in sicherheitspolitische Überlegungen eingebettet zu werden. Entwicklungsprozesse müssten aber weiterhin mit entwicklungspolitischen und diplomatischen Instrumentarien voran gebracht werden.
Mehr Mittel für Entwicklungszusammenarbeit forderte auch der Vorsitzende der Katholischen Zentralstelle für Entwicklungshilfe (KZE), Karl Jüsten. Der jetzige Haushaltsentwurf für 2005 mache es aber immer unwahrscheinlicher, dass Deutschland seine Zusagen zur Aufstockung der Entwicklungshilfe bis 2006 erfüllen werde.
Am 06-07-2004
Terrorabwehrzentrum nimmt kommende Woche Arbeit auf
"Berlin Mitte"
Das vom Bundesinnen- ministerium angekündigte bundesweite Lage- und Analysezentrum des Bundes zur Terrorabwehr soll scheinbar bereits in der kommenden Woche seine Arbeit aufnehmen. Das sagte Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung "Berlin Mitte". Zugleich kritisierte er, dass es kein gemeinsames Informationszentrum aller Sicherheitsbehörden und keine zentrale Datei geben werde. Zuvor war bekannt geworden, dass die Bundesregierung im Kampf gegen islamistischen Terrorismus in Berlin ein polizeiliches und ein nachrichtendienstliches Zentrum nebeneinander errichten wolle. Damit bleibe das Trennungsgebot von Polizei und Nachrichtendienst formal gewahrt.
Der Präsident des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, bekräftigte, dass die Gefahr islamistischer Terroranschläge in Deutschland nach wie vor hoch sei. "Deutschland gehört zu einem weltweiten Gefahrenraum", sagte er. Es müsse damit gerechnet werden, dass es autonome Zellen in Deutschland gebe, die noch nicht bekannt seien.
Der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Rudolf Seiters, sieht erhebliche Mängel bei der Koordination des Katastrophenschutzes und der Ausstattung der Rettungskräfte. Er bemängelte, dass bis heute die seit dem 11. September 2001 versprochene bundesweite "Risikoanalyse" nicht vorliege.
Der schleswig-holsteinische Innenminister Klaus Buß (SPD) kündigte an, dass die "Risikoanalyse" zum Ende diesen Jahres vorliegen solle. Die Länder hätten sich dazu verpflichtet. Er gehe davon aus, "dass der Termin eingehalten wird". Diese Analyse werde dann Basis für ein Konzept zur Gefahrenabwehr sein.
Am 10-12-2004
Höchstrafe für Motassadeq beantragt
Terrorverdächtig
Im Hamburger Prozess gegen den terrorverdächtigen Marokkaner Mounir El Motassadeq hat die Bundesanwaltschaft die Höchststrafe von 15 Jahren gefordert. Die Ankläger befanden El Motassadeq in ihrem Plädoyer am Dienstag der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung in Tateinheit mit Beihilfe zum Mord in mehr als 3000 Fällen für schuldig. Die Verhandlung habe das Bild eines radikalen Moslem ergeben, der "den gewaltsamen Dschihad suchte und fand", sagte Bundesanwalt Walter Hemberger vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht (OLG) in Hamburg. Im ersten Prozess war der Marokkaner im Februar 2003 zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Dieses Urteil hatte der Bundesgerichtshof (BGH) im März 2004 wegen fehlerhafter Beweiswürdigung jedoch aufgehoben.
Nach Ansicht der Anklage gehörte El Motassadeq zu den Gründungsmitgliedern der spätestens seit Herbst 1999 in Hamburg existierenden terroristischen Vereinigung um den Todespiloten Mohammed Atta. Motassadeq sei stets zur Stelle gewesen, "wenn seine Hilfe nötig war", sagte Hemberger. Der Marokkaner sei in die Anschlagspläne vom 11. September 2001 in den USA eingeweiht gewesen. Das deutsche Rechtssystem müsse auf den Anschlag mit allen Mitteln reagieren.
Die Äußerungen El Motassadeqs seien nicht glaubwürdig, sagte Oberstaatsanwalt Matthias Krauß im Verlauf des mehr als sechsstündigen Plädoyers. Er fügte hinzu: "Würde man ihm glauben, hätten alle anderen Zeugen gelogen." Auch die in die Neuauflage des weltweit ersten Terrorprozesses eingeflossenen Angaben des mutmaßlichen "Bankiers" der Hamburger Zelle, Ramzi Binalshibh, seien unglaubwürdig und nichts anderes "als Auszüge aus Ramzis Märchenstunde aus 1001 Nacht".
Die Gruppe habe bereits 1999 in Hamburg die Bereitschaft zu Terroranschlägen gehabt und sich im Jahresverlauf zunehmend abgeschottet und radikalisiert, sagte Krauß. Im Anschluss an die Staatsanwaltschaft hielten die Vertreter der Nebenklage am Nachmittag ihre Schlussvorträge.
Die Verteidiger des Marokkaners wollen am Freitag beziehungsweise Montag ihre Plädoyers halten. Mit einem Urteil wird am 19. August gerechnet.
Am 09-08-2005
Ehemaliger US-Außenminister bedauert seine Aussagen vor dem Irak-Krieg
UN-Rede
Er galt zu seiner Amtszeit stets als "loyaler Soldat". Jetzt hat der ehemalige US-Außenminister Colin Powell erstmals öffentlich gegen die Regierung von US-Präsident George W. Bush Stellung bezogen und damit für großes Aufsehen gesorgt. Bei einem UN-Auftritt 2003 kurz vor dem US-Militäreinmarsch im Irak hatte Powell sein politisches Gewicht voll in die internationale Waagschale geworfen und erklärt, es gebe dort Beweise für die Existenz von Massenvernichtungswaffen. Die Europäer und auch Deutschland hatten dies damals skeptisch gesehen. Nun zog er seine Äußerungen in einem ABC-Interview mit großem Bedauern quasi zurück.
Powell, der erste Schwarze im Amt des US-Außenministeriums, der seinen Posten Anfang des Jahres aufgab, ist immer noch populär. Bis zu seinem Gespräch mit der bekannten ABC-Fernsehkorrespondentin Barbara Walters in der Nacht zum Freitag (MEZ) hatte er alle anderen Interview-Wünsche kategorisch abgelehnt. Nun verband Powell seine Kritik an Bushs Irak-Nachkriegspolitik mit dem Ausdruck größten "Bedauerns" für seinen damaligen Auftritt vor der UN.
Seine Rede vor dem UN-Sicherheitsrat und der via TV zugeschalteten Weltöffentlichkeit sei "ein Schandfleck" in seiner über 35-jährigen Militärkarriere und dem sich anschließenden zivilen Amt als Außenminister, sagte der hochdekorierte Vier-Sterne-Ex-General Powell. Schließlich sei er es letztlich gewesen, der dem Irak vor den Vereinten Nationen vorgeworfen habe, tatsächlich Massenvernichtungswaffen zu besitzen und zu verstecken.
Und diese persönliche Aussage, die den Anschuldigungen der Bush-Regierung mehr Gewicht verlieh, sich in der Folge aber als falsch herausstellte, werde seine Karriere immer negativ überschatten. "Es hat sehr weh getan. Und es tut noch immer weh", sagte Powell und sprach von einem "Fehltritt" vor dem UN-Sicherheitsrat.
Powell sagte weiterhin, dass er nie eine Verbindung zwischen Irak und den Terrorattacken vom 11. September 2001 in New York und Washington gesehen habe - ein Zusammenhang, der von Bush oft bemüht wurde. "Ich habe niemals Beweise gesehen, die (eine solche Verbindung) auch nur nahegelegt haben", so Powell.
Am 12-09-2005
Mandat für Anti-Terror-Krieg soll verlängert werden
Bis zu 3100 deutsche Soldaten
Das Bundestagsmandat für die Beteiligung am US-geführten Anti-Terror-Krieg "Operation Enduring Freedom" soll um ein Jahr verlängert werden. Wie Regierungssprecher Bela Anda am Montag in Berlin sagte, wolle das Bundeskabinett unter Leitung von Bundeskanzler Gerhard Schröder am Mittwoch einen entsprechenden Beschluss fassen.
Das Mandat für die deutschen Streitkräfte läuft am 15. November aus und soll um ein Jahr bis zum 15. November 2006 verlängert werden. Der Antrag werde gleich dem Bundestag zugeleitet, damit dieser noch vor Ablauf des Mandates - vermutlich am 8. November - darüber abstimmen könne, sagte Anda weiter.
Das Anti-Terror-Mandat beinhalte auch die Operation "Active Endeavor", die unmittelbar nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA von der NATO begonnen worden sei. Die Operation umfasse die Kontrolle der Seefahrtswege und konzentrierte sich zunächst auf das östliche Mittelmeer. Im März 2003 sei die Operation auf die Straße von Gibraltar ausgedehnt worden, seit 2004 laufe der Seeeinsatz im gesamten Mittelmeer sowie weiter am Horn von Afrika . Das Mandat für beide "Anti-Terror-Operationen" umfasse bis zu 3100 deutsche Soldaten.
Am 31-10-2005
USA sollen Gefangene mit Elektroschockern foltern
"Westliche Sicherheitskreise"
Nach Darstellung "westlicher Sicherheitskreise" haben die USA im Gefangenenlager Guantanamo als "Stun Belts" bekannte Elektroschocker eingesetzt, schreibt die Nachrichtenagentur ddp. Diese gürtelähnlichen und in Nierenhöhe mit zwei Elektroden versehenen Geräte können offenbar mindestens acht Sekunden lang Stromstöße mit 50.000 Volt abgeben und enorme Schmerzen hervorrufen. Den Angaben zufolge sollen die Elektroschocker auch zur Standardausrüstung an Bord der CIA-Flüge gehören, die im Rahmen der Operation "extraordinary rendition" im Auftrag Washingtons weltweit als gefährlich erachtete Islamisten zu Verhören fliegen, berichtet die Nachrichtenagentur ddp. Ebenso eingesetzt worden seien sie bei Häftlingen im Irak und im Hochsicherheits-Gefangenenlager Baghram Air Base in Afghanistan. In einem Bericht dazu heißt es, das amerikanische Vorgehen stehe "nicht in Einklang mit internationalen Konventionen".
Sicher ist laut ddp, dass schon seit Mitte der neunziger Jahren "Stun Belts" auch in amerikanischen Haftanstalten verwendet werden. Der Elektroschock werde per Fernbedienung ausgelöst und könne aus bis zu 100 Meter Entfernung aktiviert werden. Um den Schmerz des Opfers zu maximieren, würden die Elektroden des Gürtels oberhalb der linken Niere justiert. Der 50.000-Volt-Stromschlag dauere mindestens acht Sekunden und könne vom Anwender auch bei irrtümlicher Auslösung des Impulses nicht abgeschaltet werden.
Die Stromschläge seien mit durchschnittlich vier Milliampere zwar nicht tödlich, führten aufgrund der schnellen Impulswiederholung jedoch zu großen Schmerzen des Opfers, zu Muskelverkrampfungen, völliger Orientierungslosig- und Bewegungsunfähigkeit. Die Opfer urinierten und entleerten auch ihren Darm. Vor diesem Hintergrund betrachtet Amnesty International den Einsatz der Geräte als Folter.
Der UN-Ausschuss gegen Folter, der die Einhaltung der Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen überwacht, hat die USA mehrfach aufgefordert, die Anwendung der "Stun Belts" zu verhindern. Unklar ist, ob der in den USA angeklagte mutmaßliche Mittäter der Anschläge des 11. September 2001, Zacarias Moussaoui, unter seiner Kleidung zumindest zeitweise einen "Stun Belt" tragen musste. Er hatte am 8. Juli 2002 vor Gericht mitgeteilt: "Ich weiß, Sie wollen einen Zwischenfall vor Gericht inszenieren, indem der Marshal den Elektroschockgürtel aktiviert und behauptet, ich hätte eine 'bedrohliche Bewegung' gemacht." Ende März 2006 gestand Moussaoui vor Gericht überraschend seine Beteiligung an den Attentaten ein. Ein Gerichtsreporter des Fernsehsenders NBC, der live darüber berichtete, mutmaßte, Moussaoui trage während seines Geständnisses unter seiner Kleidung verdeckt einen "Stun Belt".
In den USA gibt es mehrere Hersteller der Elektroschock-Gürtel. So ist etwa der "Secpro XR 500 Prisoners Stun Belt" nach Herstellerangaben in den USA ein "Bestseller". Im Internet wird er für 1199 Dollar vertrieben. Andere Hersteller sind Nova Products in Tennessee und Stun Tech Inc. in Cleveland/Ohio. Amnesty International zitiert Dennis Kaufmann, den Präsidenten von Stun Tech Inc., mit den Worten: "Elektrizität spricht jede bekannte Sprache. Übersetzung ist nicht notwendig. Jeder hat Angst vor Elektrizität. Und das ist auch richtig so."
Neben den USA wird das Gerät nach Angaben aus Sicherheitskreisen im Libanon, in China und Südafrika eingesetzt. Internationale Menschenrechtskonventionen verbieten die Verwendung grausamer, quälender und den Menschen herabwürdigender Hilfsmittel bei Gefangenen und Häftlingen.
Am 19-04-2006
Motassadeq beteuert im dritten Terrorprozess seine Unschuld
"Ausnahmegericht"
Der vom Bundesgerichtshof (BGH) bereits als Terrorhelfer verurteilte Marokkaner Mounir El Motassadeq muss mit einer deutlich höheren Strafe rechnen als bislang. Zu Beginn des mittlerweile dritten Verfahrens vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht (OLG) in Hamburg kündigte der Vorsitzende Richter Carsten Beckmann am Freitag an, dass eine "erhebliche" Strafe zu erwarten sei. Motassadeq muss nun mit bis zu 15 Jahren Haft rechnen. Die Entscheidung fällt dazu voraussichtlich bereits am Montag. Für den Prozess sind insgesamt fünf Verhandlungstage angesetzt. Die Verteidiger sprachen von einem "Ausnahmegericht".
Der BGH in Karlsruhe hatte im Herbst den Schuldspruch des OLG vom August 2005 verschärft und das Verfahren lediglich zur Festsetzung einer neuen Strafe nach Hamburg zurückverwiesen. Demnach ist Motassadeq nicht nur der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung schuldig, sondern auch der Beihilfe zum Mord. Hierbei geht es um den 11. September 2001 in den USA, an dem vier Flugzeuge durch Terroristen absichtlich zum Absturz gebracht und dabei unter anderem 246 Passagiere und Besatzungsmitglieder getötet worden sein sollen.
Der 32-jährige Motassadeq bestritt am Feitag zu Beginn des Strafverfahrens vor der 7. Strafkammer des Oberlandesgerichts vehement eine Mitschuld an den Anschlägen vom 11. September 2001. "Ich kann schwören bei Gott, dass ich nicht wusste, was sie machen wollten", sagte der Marokkaner mit verzweifelter Stimme über seine Kontakte zu den vorgeblichen Todespiloten um Mohammed Atta.
Motassadeq behauptete, die Gerichte stützten sich auf "so viele Behauptungen, Schlussfolgerungen, die nicht stimmen". Er habe nicht einmal gewusst, dass die Männer um Atta in Amerika gewesen seien. An die Bundesanwaltschaft gerichtet fügte er hinzu: "Aber die Wahrheit wollen Sie nicht hören".
Zu Verhandlungsbeginn zweifelten seine Verteidiger zudem die Verfassungsmäßigkeit des Prozesses an. Ladislav Anisic, einer der Anwälte Motassadeqs, warf der 7. Strafkammer fehlende Zuständigkeit und Willkür bei der Besetzung vor. Damit stehe Motassadeq nicht vor einem gesetzlichen Richter, sondern vor einem "Ausnahmegericht".
Außerdem stellte die Verteidigung einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über eine anhängige Verfassungsbeschwerde gegen Entscheidungen des BGH und des OLG. Der zweite Verteidiger, Udo Jacob, betonte: "Man hat den Eindruck, es geht um einen kurzen Prozess."
Bundesanwalt Walter Hemberger wies die Vorwürfe zurück. "Mir stößt bitter auf, dass hier hemmungslos der Vorwurf der Willkür erhoben wird", sagte Hemberger. Außerdem versuche die Verteidigung eine Beweisführung zu wiederholen, die bereits stattgefunden habe. Motassadeqs Schuld stehe rechtkräftig fest. "Es geht konkret aus unserer Sicht um die Frage: Ist es die Höchststrafe?"
Am 05-01-2007
Motassadeq zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt
Rechtskräftig
Mounir El Motassadeq bleibt in Haft. Er wurde als so genannter Helfer der Todespiloten vom 11. September 2001 verurteilt. Der Fall ist rechtskräftig abgeschlossen. Der Bundesgerichtshof (BGH) verwarf in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss die Revision des Marokkaners gegen die vom Hamburger Oberlandesgericht (OLG) ausgesprochene Verurteilung zu 15 Jahren Haft. Der 3. Strafsenat des BGH in Karlsruhe beschloss bereits am 2. Mai, die Revision des 33-Jährigen nicht anzunehmen. Die Beschwerde der Anwälte von Motassadeq sei "unbegründet".
Eine Nachprüfung des OLG-Urteils vom 8. Januar 2007, in dem das Hamburger Gericht im dritten Prozess gegen Motassadeq die Strafe neu festsetzte, habe "keinen Rechtsfehler zu Ungunsten des Angeklagten" ergeben, hieß es laut "Spiegel-Online" zur Begründung.
Zuvor hatte der BGH im November 2006 das zweite Urteil des OLG gegen Motassadeq verschärft. Der BGH befand Motassadeq nicht nur der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung für schuldig, sondern auch der Beihilfe zum Mord an 246 Passagieren und Besatzungsmitgliedern der angeblich am 11. September zum Absturz gebrachten vier Flugzeuge. Zur Festsetzung einer neuen Strafe hatten die Bundesrichter das Verfahren an das OLG nach Hamburg zurückverwiesen.
Die Verteidigung hatte mit ihrer Revision ein neues Verfahren vor dem OLG und dort letztlich "einen Freispruch" erreichen wollen. Die Anwälte Motassadeqs hatten eine angeblich "vorschriftswidrige Besetzung" des OLG-Senats und die Zurückweisung ihres Antrags auf Aussetzung des Verfahrens gerügt.
Motassadeq war in der Zwischenzeit auch mit einer Verfassungsbeschwerde gegen den Schuldspruch des BGH wegen Beihilfe zu 246-fachem Mord gescheitert. Die Richter sahen im Januar keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Eine letzte juristische Möglichkeit wäre jetzt nur noch eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg.
Rechtskräftig wurde nun festgestellt, dass Motassadeq "vorsätzlich Hilfe zur Ermordung" der 246 Opfer in den Flugzeugen geleistet habe. Er habe gewusst, dass die Attentäter eines oder mehrere Flugzeuge zum Absturz bringen und damit viele Menschen töten wollen. Von Hamburg aus habe er den späteren Todespiloten geholfen, während diese bereits in den USA zur Flugausbildung gewesen seien.
Motassadeq selber wies die Vorwürfe von sich. Im ersten Prozess vor dem OLG Hamburg war Motassadeq 2003 zu 15 Jahren Haft verurteilt worden - wegen Beihilfe zum Mord in mehr als 3000 Fällen und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Jenes erste Urteil hatte der BGH aber 2004 wegen fehlerhafter Beweiswürdigung gekippt.
Das OLG hatte den Angeklagten im August 2005 dann im zweiten Anlauf nur noch wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu sieben Jahren Haft verurteilt. Der BGH verschärfte dann aber dieses Urteil, in dem er Motassadeq rechtskräftig wegen Beihilfe zum Mord in 246 Fällen verurteilte.
Sein Freund und Landsmann Abdelghani Mzoudi wurde zwar ebenfalls als Terrorhelfer angeklagt, dann aber rechtskräftig freigesprochen. Er ist laut "Spiegel" in seine Heimat Marokko zurückgekehrt. (AZ: 3 StR 145/07 - Beschluss vom 2. Mai 2007)
Am 11-05-2007
Frau des Terrorverdächtigen aus Rheinland-Pfalz weist Vorwürfe zurück
Schmucksteinhandel
Die Ehefrau des in Pakistan festgenommenen Terrorverdächtigen aus dem rheinland-pfälzischen Germersheim weist die Anschuldigungen gegen ihren 45-jährigen Mann zurück. Dem Deutschen pakistanischer Herkunft wird von Behörden in Pakistan vorgeworfen, er habe - wie die beiden anderen festgenommenen Deutschen - Kontakte zum Terrornetzwerk Al-Qaida unterhalten und sich in den vergangenen Wochen zu einem Selbstmordattentäter ausbilden lassen. "Das ist einfach lächerlich", sagte seine Frau am 25. Juni. Ihr Mann, der einen Schmucksteinhandel betreibt, sei aus geschäftlichen Gründen in Pakistan gewesen.
Sie habe erst am 20. Juni von der deutschen Polizei erfahren, dass er am 18. Juni in Islamabad festgenommen worden sei.
Aus Sicht deutscher Behörden ist der Terrorverdacht gegen den 45-Jährigen noch nicht bestätigt. Der rheinland-pfälzische Innenminister Karl Peter Bruch (SPD) sagte der "Rheinpfalz", bislang stütze sich der Vorwurf auf pakistanische Geheimdienstquellen. "Wir sind im Moment dabei, die Vorwürfe zu überprüfen", so Bruch.
Nach Angaben des Mainzer Innenministeriums wird der Mann seit September 2001 als "Gefährder" eingestuft. Weshalb, wollte eine Ministeriumssprecherin nicht sagen. Allgemein gelten Personen für die Ermittlungsbehörden als "Gefährder", wenn es Anhaltspunkte dafür gebe, "dass sie in islamistische oder terroristische Aktivitäten verwickelt sein könnten".
Behördenangaben zufolge soll der Mann Verständnis für die Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA geäußert haben. Nach Angaben der Frau war er damals bei einem Germersheimer Ingenieurbüro als Maschinenbau-Konstrukteur angestellt. Das Büro sei für das Institut für Transurane beim Forschungszentrum Karlsruhe tätig gewesen. Dort wird auch mit radioaktivem Material gearbeitet.
Am 25-06-2007
Bundestag gedenkt Opfer der "Terroranschläge" vor sechs Jahren
11. September 2001
Der Bundestag hat am 11. September der Opfer der "Terroranschläge" in den USA vor sechs Jahren gedacht. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) sagte zu Beginn der parlamentarischen Beratungen nach der Sommerpause, der Gedenktag sei auch eine Aufforderung, entschlossen jeder Form von Terrorismus entgegenzutreten.
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sagte zu Beginn der Debatte über den Haushalt 2008, seit dem 11. September 2001 sei nichts mehr so, wie es war, weder in den USA noch in der übrigen Welt. Es habe große Schockwellen gegeben, die für die hochgradig vernetzte und globalisierte Welt charakteristisch seien. Steinbrück sagte zugleich, die Globalisierung könne man nicht zurückdrehen.
Am 11-09-2007