Jedes vierte bis fünfte Kind und jeder dritte Jugendliche hat inzwischen zu viele Speckpölsterchen auf den Rippen, wie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung feststellte. In den vergangenen 25 Jahren hat sich die Zahl der dicken Kinder in der Gruppe der Fünf- bis Siebenjährigen mehr als verdoppelt, bei den Zehnjährigen sogar vervierfacht. Doch wer meint, diese Pfunde würden sich mit der Zeit schon verwachsen, ist auf dem Holzweg: 40 Prozent der übergewichtigen Kinder und etwa 80 Prozent der übergewichtigen Jugendlichen werden später auch dicke Erwachsene.
Experten bezeichnen Übergewicht deshalb schon als die globale Epidemie des 21. Jahrhunderts. Wird diese nicht in den Griff bekommen, wird zukünftig ein gigantischer Anteil des Bruttosozialprodukts nötig sein, um übergewichtige Menschen zu behandeln. Denn zu viele Kilos machen auf Dauer einfach krank.
So prognostiziert Manfred Müller vom Institut für Humanernährung und Lebensmittelkunde an der Kieler Universität einen Anstieg der Fälle von Typ-2-Diabetes um etwa 41 Prozent. Zudem hätten Körper von Kindern und Jugendlichen in der Wachstumsphase noch keine volle Stabilität erreicht. Deshalb sei Übergewicht eine zusätzliche Belastung für den Halte- und Bewegungsapparat und die Organe. Es komme früh zu Problemen mit Herz, Gefäßen, Leber sowie zu Bluthochdruck.
Die Ursachen für Übergewicht bei Kindern sind einfach zu benennen: Ständige Verfügbarkeit von kalorienreicher Nahrung und mangelnde Bewegung sind dem Experten zu Folge verantwortlich. Außerdem fehle den Kids das Bewusstsein für gesunde und nahrhafte Nahrung.
Müller sieht angesichts dieser Entwicklung nur einen Ausweg: Ernährungserziehung und Gesundheitsförderung müssten in den Stundenplan der Schulen aufgenommen werden, Preise für Obst und Gemüse gesenkt und gesunde Ernährung in Großküchen und Kantinen selbstverständlich werden. Weiter sollte der tägliche TV-Konsum gesenkt und mehr Sport für den Nachwuchs fest in den Alltag integriert werden. Müller: "Ärzteschaft, Gesundheits-, Ernährungs-, Sport- und Sozialwissenschaftler sind berufen, endlich die Anwaltschaft für eine nationale Aktion 'Gesundheit' zu übernehmen."