Die Fraktions-Unterhändler von SPD, Grünen und FDP hatten sich bereits in der vergangenen Woche auf einen Kompromiss verständigt und diesen am Dienstag nochmals präzisiert. Demnach muss die Stasi-Unterlagenbehörde künftig bei der Abwägung, welche Akten herausgegeben werden, besonders berücksichtigen, ob die Informationserhebung der Staatssicherheit seinerzeit "erkennbar auf einer Menschenrechtsverletzung" beruhte. In der Kompromissfassung zuvor war dies nur bei "schweren Menschenrechtsverletzungen" vorgesehen.
Die Novelle sieht außerdem vor, dass nur solche Informationen über Personen der Zeitgeschichte oder politische Funktionsträger herausgegeben werden dürfen, die deren "zeitgeschichtliche Rolle, Funktions- oder Amtsausübung betreffen", mithin also keine Informationen über das Privatleben. Zudem müssen die Betroffenen vor Herausgabe der Akten informiert werden und Akteneinsicht erhalten, um Einwände erheben zu können, die die Behörde bei ihrer Entscheidung berücksichtigen muss.
Die Union hält den Entwurf für nicht akzeptabel, weil das Letztentscheidungsrecht über die Herausgabe der Akten nicht bei den Opfern liegt, sondern im Ermessen der Behörde. Der FDP-Rechtsexperte und frühere Bundesjustizminister Edzard Schmidt-Jortzig ging dennoch davon aus, dass die Gesetzesnovelle nicht nur den Bundestag, sondern auch den Bundesrat passiert. Falls die Union versuchen sollte, das Gesetz durch Anrufung des Vermittlungsausschusses aufzuhalten, werde die schwarz-gelbe Landesregierung in Magdeburg sich bei der Abstimmung enthalten und so die nötige Bundesratsmehrheit für ein Vermittlungsverfahren verhindern. Da das Gesetz keiner förmlichen Zustimmung der Länderkammer bedürfe, könne es damit in Kraft treten, sagte Schmidt-Jortzig.
Die Nachbesserung am Gesetzentwurf war laut Schmidt-Jortzig wichtig, um den Opferschutz klar herauszustellen. "Jetzt ist jede Menschenrechtsverletzung bei der Informationsgewinnung durch die Stasi ein Moment, der die Herausgabe von Akten stoppen kann", sagte der FDP-Politiker. So müsse die Stasi-Unterlagenbehörde bei ihrer Entscheidung über die Aktenherausgabe auch Verletzungen von Post- und Fernmeldegeheimnis oder der Unverletzlichkeit der Wohnung berücksichtigen.
Die Grünen sehen ein "abgestuftes Ermessen" der Behörde gewährleistet, je nach Schwere der zur Informationsgewinnung begangenen Menschenrechtsverletzung.
Die ehemalige DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld (CDU) kritisierte dagegen, es sei nicht garantiert, dass die Stasi-Unterlagen nur zur Aufklärung von Stasi-Verbrechen verwandt werden dürften.