Inzwischen ist klar, dass E.ON an der kompletten Übernahme des größten deutschen Erdgasversorgers interessiert ist. Es sei eine Vereinbarung zum Erwerb der restlichen 40 Prozent an Ruhrgas getroffen worden, teilte E.ON am Mittwochabend in Düsseldorf mit. Diese Anteile werden mittelbar von ExxonMobil, Shell und TUI (früher Preussag) gehalten. Der Kaufpreis betrage 4,1 Milliarden Euro.
Mit dem Vollzug der Übernahme der Anteile der Gelsenberg- und Bergemann-Gruppe, die Gegenstand der von E.ON beantragten Ministererlaubnis sind, wäre der Konzern Alleinaktionär von Ruhrgas. Für E.ON und die an der Übernahmevereinbarung beteiligten Unternehmen besteht zwischen der Ministererlaubnis und den angekündigten Kauf der restlichen 40 Prozent ein enger Zusammenhang. Würde die Sondererlaubnis bezüglich der 60 Prozent nicht erteilt, wäre auch die zweite Entscheidung wieder in Frage gestellt.
Inzwischen hat E.ON auch eine wichtige Personalentscheidung getroffen. Das Präsidium des Aufsichtsrates habe vorgeschlagen, Wulf Bernotat mit Wirkung vom 1. Mai 2003 zum Vorstandsvorsitzenden zu berufen, erklärte E.ON. Die endgültige Entscheidung dazu solle auf der ordentlichen Aufsichtsratssitzung am 3. September fallen. Die Mandate der beiden amtierenden Vorstandsvorsitzenden, Ulrich Hartmann und Wilhelm Simson, enden regulär im April nächsten Jahres.
Die Entscheidung über die Ministererlaubnis lag in den Händen Tackes. Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) hatte die Verantwortung abgegeben, weil er früher Spitzenmanager beim E.ON-Vorgänger Veba war. Die Aufmerksamkeit konzentriert sich neben der Begründung durch Tacke vor allem darauf, wie die erwarteten Auflagen aussehen werden. In der öffentlichen Diskussion ist, dass E.ON und Ruhrgas ihre Anteile von insgesamt 42 Prozent an der ostdeutschen Verbundnetz Gas AG (VNG) verkaufen müssen.
Die Warnungen vor den Konsequenzen einer Neuordnung der VNG-Aktionärsstruktur reißen unterdessen nicht ab. Das Unternehmen dürfe nicht zu einer "verlängerten Werkbank" werden, erklärte Christian Müller (SPD), der stellvertretende Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Technologie. VNG sei beispielgebend für eine gelungene Privatisierung eines Unternehmens in den neuen Bundesländern. Veränderungen im derzeit ausgewogenen Verhältnis der Anteilseigner "würden Gleichgewicht und Eigenständigkeit der VNG als unverzichtbares Unternehmen in Ostdeutschland ernsthaft gefährden".