Die Staats- und Regierungschefs begannen ihr Treffen mit Beratungen über ein gemeinsames europäisches Zuwanderungs- und Asylrecht. Ausgehend von der Genfer Flüchtlingskonvention soll es gemeinsame Mindeststandards festlegen. Bis Ende 2003 sollen nun die gemeinsamen Vorschriften für ein Asylverfahren erarbeitet werden. Bundeskanzler Gerhard Schröder sagte, das endgültige Ziel sei eine faire Verteilung der Lasten. Er verwies auf das deutsche Zuwanderungsgesetz, das als Beispiel gute Standards vorgeben könne, die auch nicht aufgeweicht werden dürften.
Um die Migrationsströme zu bewältigen, strebt die EU ausgewogene Maßnahmen zwischen einer Politik der Integration der rechtmäßig in den EU-Ländern lebenden Einwanderer und der Bekämpfung der illegalen Einwanderung an. In Sevilla prangerten die Staats- und Regierungschefs das Schlepperunwesen an, das zu menschlichem Leid und Elend führt. Der Bundeskanzler bezeichnete das Ergebnis der Verhandlungen als eine "ausgewogene Lösung": Die berechtigten Schutzinteressen der EU-Mitgliedsstaaten seien genauso berücksichtigt worden wie die menschlichen Schicksale, um die es ginge. Beschlüsse zum Kampf gegen das Schlepperunwesen würden schon beim nächsten Rat der Justiz- und Innenminister angestrebt werden.
Illegal eingereiste Flüchtlinge sollen auch künftig in die Herkunftsländer zurückgeführt werden. Wenn sich Herkunfts- und Transitländer der illegalen Immigration der Zusammenarbeit mit der EU entziehen, könnte dies einer Intensivierung der Beziehungen zwischen dem betreffenden Land und der EU abträglich sein. Wenn diese Mechanismen keine Wirkung zeigen, kann der Rat der Außenminister die mangelnde Kooperation feststellen und konkretere Maßnahmen vorschlagen, zum Beispiel Einschränkungen in der Entwicklungszusammenarbeit. Der Bundeskanzler sagte zu diesen Maßnahmen: "Ich hätte mir mehr Sanktionen gegen diese Länder gewünscht. Aber die politische Praxis wird zeigen, wie praktikabel diese Lösung ist."
Am 28. Februar dieses Jahres hat der Konvent zur Zukunft Europas seine Arbeit aufgenommen. Er soll Reformvorschläge für die Institutionen der Europäischen Union entwickeln. Sie sollen gewährleisten, dass die EU auch nach der Erweiterung handlungsfähig ist. Schon 15 Mitgliedsstaaten ist es nicht immer leicht gefallen, sich in bestimmten Sachfragen zu einigen. Nach der Erweiterung auf 25 oder mehr Mitgliedsstaaten scheint dies bei den bisherigen Wegen der Entscheidung fast unmöglich zu sein.