Dies gelte vor allem für die wenigen erhaltenen naturnahen Flussabschnitte in Deutschland, wie die weitgehend natürliche Elbe-Strecke zwischen Dömitz und Hitzacker. Die am 7. Juni 2002 vom verkehrspolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion geäußerte Kritik an einer Studie des Umweltbundesamtes (UBA) zum geplanten Elbe-Ausbau berücksichtige weder dies noch die fachlich solide Vorgehensweise der Studie. Denn es reiche nicht, lediglich die Infrastruktur für einen umweltverträglicheren Gütertransport zur Verfügung zu stellen - die Güter müssen dort auch wirklich transportiert werden und andere Verkehrsträger entlasten. Hier zeige die Studie, dass es an günstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen fehle, so dass der Elbe-Ausbau auch ökonomisch nicht tragfähig sein würde.
Das UBA hat ein Forschungsprojekt von einem Konsortium - bestehend aus der Planungsgruppe Ökologie und Umwelt, Hannover, Biota GmbH, Güstrow, IWW - Universität Karlsruhe, IMS-Ingenieurgesellschaft, Bückeburg, und Prof. Linde, Technische Universität Berlin - durchführen lassen, um für die Erstellung des Bundesverkehrswegeplans Kriterien für die Bewertung von Ausbaumaßnahmen von Binnenwasserstraßen zu erhalten.
Das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen hat das Forschungsprojekt fachlich mit begleitet. Auch die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost als planende Behörde wurde informiert und um Unterlagen über die geplanten Maßnahmen an der Elbe-Reststrecke gebeten, die dem UBA jedoch nicht zur Verfügung gestellt wurden. Dennoch kommen nach UBA-Ansicht die hypothetischen Ausbaumaßnahmen den tatsächlich geplanten Maßnahmen relativ nahe, weil dort insbesondere Stromregulierungen durch Neubau und Verlängerung von Buhnen geplant sind. Diese Maßnahme wurde im Fallbeispiel zugrundegelegt. Das UBA wies den vom verkehrspolitischen Sprecher der SPD erhobenen Vorwurf zurück, die Ergebnisse der UBA-Studie seien "nicht nachvollziehbar und unseriös". Inhalt und Hintergrund dieser Studie belegten das Gegenteil.
Ausgangspunkt war die im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans 1992 für die Bundeswasserstraßen festgelegte vereinfachte Vorgehensweise bei der umweltbezogenen Projektbewertung. Bei der gesamtwirtschaftlichen Bewertung wurden bisher die Bewertungsansätze, die für den Verkehrsträger Straße Anwendung fanden (Lärm, Schadstoffausstoß, innerörtliche Trennwirkung), auf den Verkehrsträger Wasserstraße übertragen. Eine Umweltrisikoeinschätzung für Vorhaben im Bereich Wasserstraßen fehlte gänzlich.
Mit den Ergebnissen des Forschungsprojektes liege nun ein anwendbares Bewertungsinstrumentarium für Bundeswasserstraßenausbauprojekte innerhalb der Bundesverkehrswegeplanung vor. Am Beispiel der Elbe-Reststrecke wurden hypothetische stromregulierende Maßnahmen, die für diesen Abschnitt wahrscheinlich sind, einer gesamtwirtschaftlichen und ökologischen Bewertung unterzogen. Diese Bewertung zeigte, dass das Bewertungsinstrument plausible Ergebnisse erzeugt. Auch zeigte die Bewertung, dass ein Ausbau der unteren Mittelelbe gesamtwirtschaftlich nicht sinnvoll erscheint. Zudem muss bei einer strombaulichen Regelung der Elbe-Reststrecke mit erheblichen und voraussichtlich nicht vermeidbaren Beeinträchtigungen vorhandener Fauna-Flora-Habitat-Gebiete (FFH-Gebiete) gerechnet werden.
Die Studie "Umweltorientierte Bewertung von Bundeswasserstraßenplanungen" ist als Band 02/02 in der Reihe Texte des Umweltbundesamts erschienen.