DIE Internet-Zeitung

Juni 2002

Alle Artikel aus diesem Monat und Jahr sind hier zu finden.

Studie "Privatheit im öffentlichen Raum"

Medien sollen Veröffentlichung von Privatem rechtfertigen

Medien sollten sich dafür rechtfertigen, was sie an Privatsphäre von anderen Menschen veröffentlichen. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Freitag in Düsseldorf veröffentlichte Studie im Auftrag der Landesanstalt für Rundfunk Nordrhein-Westfalen. Gesetzliche Vorschriften, die das Darstellen von Privatem verbieten, seien allerdings nicht angebracht. Vielmehr müsse ausgehandelt werden, was gezeigt werden soll und was nicht.

Heidemark

Putenfleisch aus tierfreundlicher Haltung

Der niedersächsische Putenmäster Heidemark setzt auf tierfreundliche Haltung in der Zucht. In einigen Supermärkten sei ab nächster Woche Putenfleisch des Unternehmens aus so genannter extensiven Haltung erhältlich, sagte Heidemark-Gesellschafter Bernd Kalvelage am Freitag in Garrel. Das Fleisch, das mit der Aufschrift "Die Alternative" gekennzeichnet ist, werde bis zu 30 Prozent teurer sein als entsprechende konventionelle Produkte. Grund sei, dass die Puten während der Aufzucht deutlich mehr Platz hätten als in der üblichen Massentierhaltung. Sie seien aber keine Öko-Tiere.

1. Juli 2002

Zahlreiche Gesetzesänderungen treten in Kraft

Zum 1. Juli treten in Deutschland eine Reihe von Gesetzesänderungen in Kraft. Nachfolgend ein Überblick über die wichtigsten Neuregelungen: Die Renten steigen in den alten Bundesländern um 2,16 Prozentund in den neuen Bundesländern um 2,89 Prozent. Für eine Standardrente, der 45 Jahre Versicherungsjahre mit Durchschnittverdienst zugrunde liegen, bedeutet dies ein Plus auf 1.164 Euro im Westen und 1.022 Euro im Osten.

Bundestag verschiebt Abstimmung über Stasi-Unterlagen

Hintergründe der Debatte über die Novellierung

Das Tauziehen um die umstrittene Novelle des Stasi-Unterlagen-Gesetzes geht weiter. Der Bundestag verschob am Freitag seine für den Nachmittag geplante Schlussabstimmung über die von der rot-grünen Koalition vorgelegte Gesetzesänderung. Ohne Aussprache behandelte das Parlament in zweiter Lesung einen gemeinsamen Änderungsantrag mehrerer Abgeordneter von SPD, Grünen und FDP. Mit dem geänderten Gesetzentwurf soll verfassungsrechtlichen Bedenken von Experten Rechnung getragen werden. Die Schlussabstimmung soll nun erst in der nächsten Woche erfolgen, um den Fraktionen nochmals Beratungen zu ermöglichen.

Arbeitsmarktpolitik

DGB will Kürzungen beim Arbeitslosengeld verhindern

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) will im Zuge der geplanten Arbeitsmarktreformen Kürzungen beim Arbeitslosengeld unbedingt verhindern. Verschlechterungen der Leistungen würden nicht mitgemacht, legte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer am Donnerstag in Berlin als Marschroute für das Gespräch mit Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in der nächsten Woche fest.

Wegen angeblicher Betrugsanzeige

Immunität des SPD-Abgeordneten Ohl aufgehoben

Die Mühlhäuser Staatsanwaltschaft ermittelt wegen einer Betrugsanzeige gegen den Thüringer SPD-Bundestagsabgeordneten Eckhard Ohl. Ein Architekten- und ein Bauberatungsbüro hätten den Parlamentarier in Zusammenhang mit seiner früheren Tätigkeit als ehrenamtlicher Vorsitzender des Mühlhäuser DRK-Kreisverbandes angezeigt, sagte Staatsanwalt Dirk Germerodt am Donnerstag in Erfurt. Nachdem der Bundestag am Mittag in Berlin die parlamentarische Immunität von Ohl aufgehoben habe, seien am Nachmittag Privatwohnung und Wahlkreisbüro in Schlotheim sowie das DRK-Büro in Mühlhausen durchsucht worden.

Noch mehr Medienkonzentration durch Holtzbrinck

Berliner Verlag an Holtzbrinck verkauft

Das Hamburger Verlagshaus Gruner+Jahr will sich künftig auf die angestammten Märkten bei Zeitschriften konzentrieren und steigt deshalb aus dem regionalen Zeitungsgeschäft aus. Im Zuge dieser strategischen Neuausrichtung werden die Berliner Zeitungsaktivitäten an die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck veräußert, teilte Gruner+Jahr am Mittwoch in Hamburg mit. Dazu gehören die "Berliner Zeitung" und der "Berliner Kurier". Die "Financial Times Deutschland" sei als überregionale Zeitung nicht betroffen, wurde weiter betont.

Kurzbiographie

Wolfgang Schneiderhahn

Mit Generalleutnant Wolfgang Schneiderhan (55) befördert Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) einen erprobten Stabsoffizier mit NATO-Erfahrung zum ranghöchsten deutschen Soldaten. Der Panzerkommandeur steht im Verteidigungsministerium in dem Ruf, ein besonders strategischer Kopf zu sein und hartnäckig seine Ziele zu verfolgen.

Seehunde

Station in Norddeich betreut derzeit 48 Jungtiere

Seehundbabys sind Gourmets. Zumindest kredenzt ihnen das Team der Aufzucht- und Forschungsstation im ostfriesischen Norddeich eine einzigartige Delikatesse. Aufgepäppelt werden die Heuler dort mit einem speziellen Muttermilchersatz. Die Milch mit einem Fettanteil von 55 Prozent wird von einer Firma in den USA hergestellt. "Das ist weltweit der einzige uns bekannte Produzent", sagt Stationsleiter Peter Lienau.

Kurzportrait

Der Dichter Hermann Hesse

Hermann Hesse gilt als der meistgelesene deutschsprachige Autor des 20. Jahrhunderts. 1946 wurde er für sein Werk mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet. Zur Welt kam der Dichter am 2. Juli 1877 in Calw an der Nagold. Sein Vater, stammte aus dem Baltikum, war Missionar in Indien und hatte Asien aus gesundheitlichen Gründen verlassen. Seine Mutter, eine Missionarstochter aus Indien, war zeitlebens für Musik und Dichtung sehr empfänglich.

ver.di droht mit Ausweitung des Arbeitskampfes

Tausende Frankfurter Banker im Streik

Mehrere tausend Banker sind am Donnerstag in der Finanzmetropole Frankfurt am Main für mehr Geld auf die Straße gegangen. "Die Bankangestellten lassen sich nicht für dumm verkaufen", sagte der Verhandlungsführer der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Hinrich Feddersen, zum Auftakt des ersten zweitägigen Streiks in der Bankenstadt im laufenden Tarifkonflikt. Falls es kein Signal der Arbeitgeber für ein Angebot gebe, werde ver.di die Streiks in der nächsten Woche verschärfen. Die Gewerkschaft bezifferte die Zahl der Streikenden am Donnerstag auf mehr als 4.000.

Verkehrspolitik

Regierung feiert integriertes Verkehrskonzept

Knapp drei Monate vor der Bundestagswahl streiten Regierung und Opposition über die Schwerpunkte der künftigen Verkehrspolitik. Während SPD und Grüne am Donnerstag im Bundestag die "Runderneuerung" der Bahn in den Vordergrund stellten, bestand die Union auf mehr Mitteln für die Straße. Zugleich kritisierte die Opposition die ab 2003 vorgesehene LKW-Maut als "Abkassiermodell". Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) entgegnete, erstmals werde der Schwerlastverkehr so an den Kosten für den Unterhalt der Verkehrswege beteiligt.

Bundesverfassungsgericht

Karlsruhe macht Weg zur Einführung des Dosenpfands frei

Das Bundesverfassungsgericht macht den Weg zur Einführung des Dosenpfands frei. Die Karlsruher Richter verwarfen am Donnerstag eine gegen das Pflichtpfand gerichtete Verfassungsbeschwerde von insgesamt zehn Handelsketten und Großbrauereien. Die klagenden Unternehmen hätten den Rechtsweg nicht ausgeschöpft, hieß es in dem in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss zur Begründung.

Beschluss des Bundesverfassungsgerichts

Weg frei zur Einführung des Dosenpfands

Ab Januar 2003 gilt in Deutschland ein Dosenpfand. Die Verbraucher müssen dann auch auf Einwegverpackungen von Getränken ein Pfand zahlen. Das Bundesverfassungsgericht verwarf am Donnerstag aus formalen Gründen eine gegen das Pflichtpfand gerichtete Verfassungsbeschwerde von zehn Handelsketten und Großbrauereien. Zur Begründung hieß es, sie hätten den Rechtsweg vor den Verwaltungsgerichten nicht ausgeschöpft. Umwelt- und Verbraucherverbände begrüßten ebenso wie Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) das Urteil. Der Minister forderte die klagenden Firmen auf, die Rechtslage zu akzeptieren und nun die nötigen Vorbereitungen für die Einführung des Dosenpfands zu treffen.

Zum G8 Gipfel in Kanada

Ärzte ohne Grenzen fordern: G8-Staaten müssen Versprechen umsetzen

Die "Neue Partnerschaft für die Entwicklung Afrikas" (NEPAD), eine Initiative reformorientierter afrikanischer Staaten, kann von der Bundesregierung maßgebliche Unterstützung erwarten. "In diesem und im nächsten Jahr werden insgesamt rund 110 Millionen Euro bereit stehen, um dieser Vision von einem neuen Afrika Schwung zu verleihen", erklärte Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul am Vortag des G-8-Gipfels in Kanada, wo ein Afrika-Aktionsplan beschlossen werden soll. "Wir fördern damit afrikanische Eigenanstrengungen, vor allem in den Bereichen Krisenprävention, Wirtschaftsförderung, Bildung und Gesundheit", betonte Wieczorek-Zeul. Die Regierungen der G8-Staaten müssen ihren Ankündigungen endlich Taten folgen lassen und den Zugang zu effektiven und bezahlbaren Medikamenten in Entwicklungsländern sicherstellen. Dies fordert die internationale medizinische Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ anlässlich des G8-Gipfels in Kanada.

Ministerpräsident Stolpe zurückgetreten

Platzeck regiert jetzt in Brandenburg

Matthias Platzeck (SPD) ist neuer Ministerpräsident von Brandenburg. Der Landtag wählte den 48-Jährigen am Mittwoch in Potsdam zum Nachfolger von Manfred Stolpe (SPD). Stolpe hatte zuvor im Parlament offiziell seinen Rücktritt erklärt. Bei der geheimen Wahl seines Nachfolgers stimmten 54 von 82 anwesenden Parlamentariern für Platzeck. Die große Koalition hat zusammen 61 Sitze. Vor der Wahl Platzecks war ein Antrag der PDS auf Selbstauflösung des Landtags gescheitert. Die PDS wollte damit Neuwahlen erreichen.

Eine Analyse

In den 16 deutschen Schulsystemen gibt es vor allem Unterschiede

Der Süden fühlt sich als Sieger. Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen liegen bei der nationalen Vergleichsstudie PISA-E auf den Spitzenrängen. Dennoch warnen Forscher und Fachverbände davor, dies als Beleg für ein besseres Schulsystem in den jeweiligen Bundesländern zu werten. "PISA ist nur ein Ausschnitt von dem, was Schule leisten muss", sagt der Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Ludwig Eckinger. Statt "armseliger Kleinstaaterei" würden endlich nationale Bildungsstandards und eine Vereinheitlichung der rund 1.000 Lehrpläne in Deutschland gebraucht.

Hintergrund

Was ist PISA?

PISA steht für "Programme for International Student Assessment" und bezeichnet eine im Frühjahr 2000 in 32 Ländern durchgeführte Schulleistungsstudie. Zeitgleich mit dem bislang größten internationalen Schulvergleich, an dem 180 000 Schüler im Alter von 15 Jahren teilnahmen, wurde in Deutschland eine nationale Erweiterungsstudie durchgeführt. An diesem Ergänzungstest PISA-E beteiligten sich 1466 Schulen mit mehr als 50 000 Schülern. Er sollte Aufschluss über die Unterschiede in den einzelnen Bundesländern bringen. Hamburg und Berlin sind allerdings nicht vertreten, da - bis auf den Gymnasialvergleich - nicht die erforderliche Mindestbeteiligung von 80 Prozent der Schüler erreicht wurde.

Reformvorschläge nach PISA-E

Bulmahn will nationale Bildungsstandards und regelmäßigen Bildungsbericht

Nach dem unterschiedlichen Abschneiden der Bundesländer beim nationalen PISA-Test suchen Politiker und Schulexperten nach Wegen aus der Bildungskrise. Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) forderte am Dienstag einheitliche Bildungsstandards in ganz Deutschland. Außerdem solle ein unabhängiger Rat einen regelmäßigen Bildungsbericht erstellen. Baden-Württembergs Kultusministerin Annette Schavan (CDU) riet den nördlichen Bundesländern, sich an den Leistungen der Südländer zu orientieren. Gleichzeitig warnte sie davor, Ganztagsschulen als "Allheilmittel" anzusehen. Der Dortmunder Bildungsexperte Michael Kanders plädierte für ein Zentralabitur in allen Ländern, während sich die Wirtschaft für die Ausweitung der PISA-Tests auf Hochschulen aussprach.

"Aktionssplan Drogen und Sucht" für 2003 geplant

Erneut weniger Drogentote

Die Zahl der Drogentoten geht weiter zurück. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres starben nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums 410 Menschen an den Folgen ihres Drogenkonsums. Im selben Zeitraum des Vorjahres waren es noch 665 Drogentote. Dies entspreche einem Rückgang um 38 Prozent, sagte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk (SPD), am Dienstag in Berlin. Gleichzeitig sei auch die Zahl der erstauffälligen Heroin-Konsumenten um 17 Prozent gesunken. Bereits im Jahr 2001 war die Zahl der Drogentoten um fast zehn Prozent zurückgegangen.

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