DIE Internet-Zeitung
Das Ende einer langen Debatte

Tierschutz als Staatsziel im Grundgesetz

Am

Mit der Aufnahme des Tierschutzes ins Grundgesetz geht eine jahrelange Debatte zu Ende. Bereits drei Mal stimmte das Parlament über einen entsprechenden Antrag ab - 1994 auf Antrag der Verfassungskommission, 1998 und 2000 auf Antrag von Rot-Grün. Bisher scheiterten die Pläne immer am Widerstand der Union, die keine Notwendigkeit dafür sah und vor der Gefahr einer Überfrachtung des Grundgesetzes warnte. Den Wendepunkt brachte im Januar das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Schächten, das das Töten von Tieren ohne Betäubung unter Auflagen erlaubt. Danach setzten sich sowohl CDU-Chefin Angela Merkel als auch Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) verstärkt für die Aufnahme des Tierschutzes ins Grundgesetz ein.


Tierschützer knüpfen große Erwartungen an die Verfassungsänderung. So hoffen sie auf eine grundlegende Verbesserung bei der Haltung von Nutztieren, eine Reduzierung von Tierversuchen und auf härtere Strafen für Tierquäler. Verschiedene Organisationen kündigten an, gegen die Ausnahmeregelungen beim Schächten vorgehen zu wollen.

Innerhalb Europas ist Deutschland das erste Land, in dem Tierschutz zum Staatsziel erhoben wird. Genau deshalb warnen Skeptiker wie etwa der CDU-Verfassungsrechtler Rupert Scholz vor zu hohen Erwartungen: Viele Bereiche, die den Tierschutz betreffen, würden ohnehin europaweit geregelt. Nach Angaben des Unions-Rechtsexperten Norbert Geis (CSU) hat die Verfassungsergänzung nicht die Änderung bestehender Regelungen - wie etwa der zur Massentierhaltung - zur Folge. Lediglich bei neu zu treffenden Entscheidungen werde dem Tierschutz eine stärkere Rolle eingeräumt. Zudem seien härtere Strafen für Tierquäler zu erwarten.

Der Bundesrat wird voraussichtlich am 21. Juni über die Verfassungsänderung abstimmen. Eine Zustimmung gilt als gesichert. In 11 der 16 Bundesländer ist Tierschutz ohnehin schon Bestandteil der Landesverfassung. Nur Sachsen-Anhalt, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Hessen und Schleswig-Holstein verfügen über keine Tierschutzklausel in ihren Verfassungen.

Gauweiler will Grundgesetz per Plebiszit durch EU-Verfassung ersetzen

Inhalte unbekannt?

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler versucht, die für den 13. Mai geplante Ratifizierung der EU-Verfassung im Bundestag zu stoppen und eine Volksbefragung durchzusetzen. Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, hält Gauweiler die Ratifizierung durch das Parlament für verfassungswidrig. Am Mittwochnachmittag habe er deshalb Bundestagspräsident Wolfgang Thierse in einem Gespräch aufgefordert, die zweite und dritte Lesung des Gesetzes von der Tagesordnung zu nehmen. Zugleich wolle Gauweiler beim Bundesverfassungsgericht Organklage, Verfassungsbeschwerde und Antrag auf einstweilige Anordnung erheben, berichtet die Zeitung. Die Anträge und ihre Begründung sollen am Montag in Karlsruhe eingereicht werden.

Autor ist der Erlanger Rechtsprofessor Karl Albrecht Schachtschneider, der den EU-Verfassungsvertrag in der vorliegenden Form mit dem Grundgesetz für nicht vereinbar hält. Schachtschneider argumentiert, dass die EU-Verfassung jeglichem Recht der EU den Vorrang vor dem Recht der Mitgliedsstaaten und damit auch vor der deutschen Verfassung einräume.

Die Argumentation laufe darauf hinaus, dass auch in Deutschland eine Volksabstimmung über die EU-Verfassung stattfinden muss, heißt es in dem Bericht. Denn laut Grundgesetz kann es selbst nur dann seine Kraft verlieren, wenn ,"eine neue Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volk in freier Entscheidung beschlossen worden ist", zitiert die Zeitung den Juristen.

Die Inhalte der EU-Verfassung sind weitgehend unbekannt. Globalisierungskritiker von attac behaupteten unlängst, dass oft noch nicht einmal die Abgeordneten des Deutschen Bundestages wüssten, worüber sie im Mai abstimmen sollen. Sollte das stimmen, dann würde entweder der Bundestag oder - alternativ - die Bevölkerung per Plebiszit das Grundgesetz durch eine Verfassung ersetzen, die sie gar nicht kennen.

Am 21-04-2005

Die Würde des Menschen muss unantastbar bleiben

Tag des Grundgesetzes

Mit einem "Aufruf zur Verteidigung des Folterverbots"beziehendeutscheVerfassungsrechtler Position gegen Tendenzen, das absolute Folterverbot und die Unantastbarkeit der Menschenwürde zu relativieren. Anlass ist der "Tag des Grundgesetzes" am 23. Mai. Die Stellungnahme geht auf eine Initiative von amnesty international (ai) Deutschland zurück. Die Verfassungsrechtler widersprechen darin den "Stimmen, die Folter in bestimmten Ausnahmesituationen zulassen wollen, um menschliches Leben zu retten." Sie wenden sich insbesondere gegen Versuche, die in Artikel 1 des Grundgesetzes festgeschriebene Unantastbarkeit der Menschenwürde einzuschränken. In der aktuellen juristischen Debatte findet sich die gefährliche Ansicht, dass Folter zur Lebensrettung mit der Unantastbarkeit der Würde vereinbar sei. Die Verfassungsrechtler erinnern daran, dass dieser Auffassung gewichtige verfassungsrechtliche Grundsätzen entgegenstehen. "Folter zerstört die Grundlagen des Staates. Sie muss deshalb auch in Ausnahmefällen verboten bleiben", sagte der ai-Experte für Verfassungsfragen, Reinhard Marx.

Zu den 25 Unterzeichnern gehören der Präsident des Bundesverfassungsgerichts a.D. Ernst Benda; Ernst Denninger, emeritierter Professor für öffentliches Recht und Rechtsphilosophie der Universität Frankfurt/M.; der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts a. D. Ernst Gottfried Mahrenholz, der frühere Bundesjustizminister Edzard Schmidt-Jortzig, der ehemalige Präsident des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Rudolf Bernhardt und der frühereRichter am Bundesverfassungsgericht Bertold Sommer.

Das Positionspapier ist Teil einer ai-Initiative. Am 12. Mai stellte die Organisation den Aufruf "Nein zur Folter. Ja zum Rechtsstaat" vor, den 182 Persönlichkeiten und Organisationen aus verschiedenen Bereichen der deutschen Gesellschaft unterschrieben haben. Der Aufruf erschien als ganzseitige Anzeige am 14. Mai in der Süddeutschen Zeitung und am 17. Mai in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Am 20-05-2005

Retten die Franzosen das deutsche Grundgesetz?

Referendum

In Deutschland weiß man, wie gefährlich die Demokratie ist. Der Souverän, das Volk kann hin und wieder recht eigenwillig sein und folgt nicht immer den Empfehlungen von Wirtschaft und Politik. In Deutschland gab es daher kein Referendum über den "Vertrag über eine Verfassung für Europa". Anders in Frankreich. Dort wurde der umfangreiche Verfassungsvertrag allen Bürgern zugeschickt und es fanden intensive Diskussionen über dessen Inhalt statt. Beim Referendum am Sonntag wurde die Verfassung von 55 Prozent der Wahlbeteiligten abgelehnt. Die Beteiligung an der Abstimmung war mit 70 Prozent relativ hoch. Der Verfassungsentwurf, der von Kritikern als neoliberal, atomfreundlich und militaristisch bezeichnet wurde, ist damit formal gescheitert, da ihm alle 25 EU-Staaten zustimmen müssen. Aufgrund der Entscheidung der Franzosen bleibt es dem deutschen Grundgesetz vorläufig erspart, in den Rang einer bedeutungslosen Landesverfassung abzurutschen. Das Verbot der Vorbereitung eines Angriffskrieges nach Artikel 26 des deutschen Grundgesetzes hat formal ebenso Bestand wie die Bestimmung in Artikel 20, wonach die Bundesrepublik Deutschland ein "demokratischer und sozialer Bundesstaat" ist. Auch enthält das Grundgesetz noch, heute meist als antiquiert betrachtete, Bestimmungen wie die Sozialpflichtigkeit des Eigentums.

Der Verfassungsvertrag der Europäischen Union sieht hingegen eine Aufrüstungsverpflichtung für die Mitgliedstaaten und eine Ermächtigung zu weltweiten Kriegseinsätzen vor. Eine dem Grundgesetz vergleichbare Verpflichtung zum Sozialstaat sucht man in dem Verfassungsvertrag vergeblich. Die Sozialpflichtigkeit des Eigentums ist mit der vielgepriesenen "Grundrechtecharta", die in den Verfassungsvertrag integriert wurde, zum Ausnahmetatbestand herabgestuft worden.

Der Souverän in Frankreich hat entschieden. Der vorgeschlagene "Vertrag über eine Verfassung für Europa" wurde mehrheitlich abgelehnt.

Für deutsche und französische Politiker und Wirtschaftsführer ist das kein Grund, diese demokratische Entscheidung zu akzeptieren. Bundeskanzler Schröder sagte zwar einerseits, man müsse "dieses Votum respektieren". Zugleich aber sagte er: "Der Ratifikationsprozess in den Mitgliedstaaten muss weitergehen. Bisher haben bereits neun Mitgliedstaaten die Verfassung ratifiziert, darunter auch Deutschland. Bundestag und Bundesrat haben im Mai mit überwältigender Mehrheit für die Verfassung gestimmt. Wir wollen die Verfassung, weil wir ein demokratisches, soziales und starkes Europa wollen. Dafür werden wir uns weiter einsetzen."

Auch der deutsche Außenminister Joseph Fischer sagte einerseits, dieses Votum der französischen Bürgerinnen und Bürger sei "selbstverständlich" zu respektieren. Aber auch Fischer möchte die demokratische Entscheidung in Frankreich nicht als endgültig akzeptieren: "Bisher haben neun Mitgliedstaaten das innerstaatliche Zustimmungsverfahren abgeschlossen. Die Voten von Bundestag und Bundesrat – dieser hat noch vergangenen Freitag dem Vertrag zugestimmt - haben die überwältigende Zustimmung praktisch aller politischen Kräfte in Deutschland deutlich gemacht. In Spanien hat sich die Bevölkerung in einem Referendum mit deutlicher Mehrheit für den Vertrag ausgesprochen. In vielen anderen Mitgliedsstaaten haben die Ratifizierungsprozesse bereits begonnen. Ich gehe davon aus, dass diese auch zu Ende geführt werden."

Der Bundesausschuss Friedensratschlag feiert die französische Entscheidung hingegen als ein "Sieg der Demokratie". Am Sonntagabend sei eine vorsorglich angeschaffte Flasche Champagner geöffnet worden, weil die Franzosen diese "Militärverfassung" abgelehnt hatten.

"Die Friedensbewegung in Deutschland beglückwünscht ihre Freundinnen und Freunde in Frankreich zu diesem Ergebnis", sagte Peter Strutynski vom Friedensratschlag. "Sie waren es, die zusammen mit globalisierungskritischen Kräften, mit Gewerkschaften und linken Parteien für ein Nein geworben haben - nicht weil sie den europäischen Einigungsprozess ablehnen, sondern weil sie ein einiges, soziales, friedliches und demokratisches Europa wollen, ein Europa, das sich der Aufrüstung und dem Sozialabbau verweigert."

Mit der Abstimmung in Frankreich solle nun der Weg frei sein für ein neuerliches Nachdenken über die Perspektiven, die der Europäischen Union offen stehen: "Ist es der Weg in das neoliberale Wirtschaftsbündnis eines ungehemmten Shareholder-Kapitalismus oder der Weg in ein Europa des sozialen Ausgleichs und der Solidarität, in dem nicht der Mammon, sondern der Mensch im Mittelpunkt steht? Ist es der Weg in eine militarisierte und hochgerüstete Weltmacht Europa, vor der die übrige Welt sich nicht mehr sicher fühlen kann, oder der Weg in eine Friedensmacht, die ihre Stärken ausschließlich im Aufbau ihrer zivilen, d.h. ökonomischen, sozialen, technologischen, wissenschaftlichen und kulturellen Kompetenzen beweisen will?"

Wenn in ersten Reaktionen deutsche Politiker darauf hinweisen, dass die Abstimmung in Frankreich vorwiegend innenpolitisch motiviert gewesen sei, so lügen sie sich nach Auffassung von Strutynski in die eigene Tasche: "In keinem Land, das bisher die EU-Verfassung ratifiziert hat, gab es eine derart lebendige demokratische Diskussion über den Verfassungsvertrag, in keinem Land gibt es heute so viele Bürgerinnen und Bürger, die die Verfassung gelesen haben und die über den Inhalt der Verfassung gestritten haben." Das Abstimmungsergebnis sei auch keine Bestätigung für die Richtigkeit der politischen Entscheidung in Deutschland, kein Referendum abzuhalten. Die 95-prozentige Zustimmung im Bundestag und die fast komplette Zustimmung des Bundesrats zur EU-Verfassung verzerre den Willen der Bevölkerung bis zur Unkenntlichkeit. "Der EU-Verfassung fehlt in Deutschland die Legitimation", meint Strutynski. "Dies ist eine schwere Hypothek für den weiteren europäischen Integrationsprozess."

Strutynski teilt nicht die Ansicht der französischen Verteidigungsministerin Michele Alliot-Marie, die in einer ersten Stellungnahme von einer "Niederlage für Frankreich und einer Niederlage für Europa" sprach. "Es war ein Sieg der Demokratie", meint Strutynski, "und er wird sich dann segensreich für die Zukunft Europas auswirken, wenn die politische Klasse nun auch die Zeichen der Zeit versteht."

Am 30-05-2005

Politiker und Medien wollen das Grundgesetz ändern

Analyse

In den vergangenen Jahrzehnten wurde seitens der Politik regelmäßig darauf verwiesen, man müsse die "freiheitlich-demokratische Grundordnung" verteidigen. Auf das Grundgesetz war man stolz und hielt es - natürlich - für "die beste" aller Verfassungen. Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts waren sakrosankt - nach einem Spruch aus Karlsruhe verstummte im Regelfall die Diskussion, die Verfassungsrichter hatten auf Basis des Grundgesetzes eine Entscheidung getroffen. Der Umgang mit der deutschen Verfassung hat sich verändert. Im Zuge der Änderung einfacher Gesetze wird regelmäßig und wie selbstverständlich auch das Grundgesetz geändert. Und nach Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, wird häufig postwendend - und mit massiver Unterstützung vieler Medien - eine Grundgesetzänderung gefordert. Am Mittwoch gab das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung bekannt, wonach die Bundeswehr ein von Selbstmordattentätern entführtes Passagierflugzeug auch im äußersten Notfall nicht abschießen darf. Sofort - und auch schon im Vorfeld der Entscheidung - wurden Stimmen laut, das Grundgesetz zu ändern.

Struck und Schäuble in den "Tagesthemen"

Die "Tagesthemen" berichteten am Abend nach dem Verfassungsgerichtsurteil über Reaktionen aus Berlin. In der redaktionellen Einführung wurde sofort eine mögliche Grundgesetzänderung als zentrales Thema gesetzt: "Nun ist also die Bundesregierung am Zug", lautete gleich der erste Satz. Und weiterhin: "Eine Änderung des Grundgesetzes ist nur mit einer Zweidrittelmehrheit im Bundestag möglich. Union und SPD bringen gemeinsam so viele Stimmen zusammen."

In dem eingeblendeten Bericht beklagt der Journalist, die Bundeswehr müsste bei einem Terroranschlag "beinahe tatenlos zuschauen." Seine Diagnose: "Ratlosigkeit in Berlin". Dann folgt der ehemalige Verteidigungsminister und Fraktionsvorsitzende der SPD, Peter Struck, der das Urteil der Verfassungsrichter als eher weltfremd darstellt: "Man kann nur einen solchen Angriff abwehren, wenn überhaupt keine unschuldigen Menschen an Bord sind. Das bedeutet, es ist ein Flugzeug nur mit Terroristen besetzt, was ein unrealistischer Fall ist. Oder es handelt sich um einen unbemannten Angriff, das ist auch eher unrealistisch. Insofern hat das Urteil uns eine Verantwortung übertragen, der wir nur schwer gerecht werden können."

In der weiteren Folge des Berichts wieder der Journalist der Tagesthemen mit den Worten: "Aber hierfür bräuchte es wohl eine Grundgesetzänderung und die ist mit dem Koalitionspartner und der Opposition bislang nicht machbar."

Als Gesprächspartner haben die Tagesthemen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble eingeladen, der weiterhin für eine Verfassungsänderung plädierte: "Und dafür versuchen wir nun eine verfassungsrechtlich klare Grundlage zu schaffen."

Bosbach im "Deutschlandfunk"

Der "Deutschlandfunk" hat sich einen Tag nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts den CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach als Gesprächspartner ausgewählt. Bosbach sprach sich in dem Sender erneut vehement für eine Grundgesetzänderung aus, um die Bundeswehr bei Großveranstaltungen innerhalb Deutschlands einsetzen zu können. Bei der Fußball-Weltmeisterschaft im Sommer, beim Münchener Oktoberfest oder beim bevorstehenden Papstbesuch sollten Soldaten der Bundeswehr die Polizei beim Objektschutz entlasten können, falls diese überlastet sei, forderte Bosbach am Donnerstag im Deutschlandfunk. Das sei "vorbeugender Brandschutz" und habe "nichts mit einer Militarisierung der inneren Sicherheit" zu tun.

"Ich glaube wenn man sich einmal den wirklichen Punkten nähert und wenn man mal die Vorurteile gegen eine Änderung des Grundgesetzes abräumt, dann gibt es auch viel Übereinstimmung, zumal der Kollege Wiefelspütz gestern in einer Sendung bei NTV, an der ich auch teilgenommen habe, gesagt hat, er sei zu einer Änderung des Grundgesetzes bereit, wenn auch nicht in dem Umfang, wie von der Union gefordert", sagte Bosbach im Deutschlandfunk.

Titel bei FAZ-Online: "Terrorabwehr - Schäuble beharrt auf Bundeswehr-Einsatz während der WM"

"Terrorabwehr - Schäuble beharrt auf Bundeswehr-Einsatz während der WM" lautet der Titel der Internet-Ausgabe der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" am Tag nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts.

Schäuble und Kauder bei "Spiegel Online"

"Union beharrt auf Grundgesetzänderung" lautet die Überschrift eines unter anderem auf Agenturmaterial beruhenden Beitrages bei "Spiegel Online" am Donnerstag. Die Union lasse sich durch das Karlsruher Urteil zum Luftsicherheitsgesetz nicht beirren: Fraktionschef Kauder und Innenminister Schäuble setzten weiter auf eine Änderung des Grundgesetzes zum Einsatz der Bundeswehr im Innern.

Überschrift bei Sueddeutsche.de: "Union will das Grundgesetz ändern"

Auch bei der Online-Ausgabe der "Süddeutschen Zeitung" heißt die Überschrift am Tag nach dem Urteil "Union will das Grundgesetz ändern". Trotz des Neins aus Karlsruhe zum Luftsicherheitsgesetz hielten Innenminister Schäuble und Fraktionschef Kauder an ihren Plänen zum Einsatz der Bundeswehr im Innern fest, schreibt die Süddeutsche.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes habe Unions-Fraktionschef Volker Kauder gesagt: "Die Sache bleibt für uns auf dem Tisch." Es sei nun zu überlegen, wie der Schutz der Bevölkerung vor terroristischen Angriffen "hinzubekommen ist". Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble fordere eine Grundgesetzänderung, um die Grundlage für die Inkraftsetzung des vom Verfassungsgericht abgelehnten Luftsicherheitsgesetzes zu schaffen.

Heute Journal: "Und das geht nur per Grundgesetzänderung"

Das "Heute Journal" räumte in seinem Beitrag "Karlsruhe - Luftsicherheitsgesetz nichtig" am Mittwoch einem Bundesverfassungsrichter nicht mehr als einen Satz Sprechzeit ein. Eingerahmt wurde der Beitrag von Bildern mit Bundeswehrsoldaten und Aussagen wie "Soldaten sollen helfen" oder "Bereits jetzt darf die Bundeswehr helfen".

Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung wird redaktionell mit den Worten eingeführt: "Bisher war er gegen einen erweiterten Einsatz im Innern. Jetzt hält er sich zurück." Dann folgte ein Ausschnitt aus einem Interview, in dem Jung sagte: "Wichtig ist, finde ich, dass wir eine Aufgabe haben, auch eine Aufgabe des Staates haben, unsere Bürgerinnen und Bürger vor terroristischen Angriffen zu schützen, und dafür müssen wir die notwendigen rechtlichen Grundlagen schaffen."

Es folgt eine redaktionelle Überleitung: "Denn Innenminister Schäuble gibt nicht auf. Trotz des Urteils heute hält er fest an der Idee, Soldaten im Inland zum Schutz vor Terror einzusetzen." Das Resümee der Redakteurin des Heute Journals: "Und das geht nur per Grundgesetzänderung."

Dann folgt Innenminister Schäuble mit den Worten: "Das was das Luftsicherheitsgesetz an Schutz gewährleisten will, darauf können wir nicht verzichten und deswegen haben wir die schwierige Aufgabe, einen verfassungsrechtlich einwandfreien Weg dafür zu finden."

Der Beitrag im Heute Journal schließt mit der Darstellung, wer einer Grundgesetzänderung noch im Wege steht: "Soldateneinsatz für mehr innere Sicherheit. Dafür braucht es im Bundestag eine Zweidrittelmehrheit. Doch die SPD will keine neuen Aufgaben für die Truppe."

Am 16-02-2006

Jugendärzte verlangen Festschreibung von Kinderrechten im Grundgesetz

Kinderschutz

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte fordert, dass das Grundrecht jedes Kindes auf körperliche und seelische Unversehrtheit im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankert wird. „Damit wäre verbindlich festgelegt, dass der Staat für das Kindeswohl verantwortlich ist, wo Eltern und Erzieher versagen. Der Staat wäre verpflichtet, mehr als bisher vorbeugend Kindesmisshandlung und -vernachlässigung entgegenzuwirken,“ so Dr. Wolfram Hartmann, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e. V. am Mittwoch in Berlin anlässlich des 8. Forums für Gesundheit und Sozialpolitik. Kindesvernachlässigung und –misshandlung gälten immer noch als „Privatsache“, als Folge elterlichen Versagens. Dr. med Wolfram Hartmann: „In Deutschland werden Tausende von Kindern schwer vernachlässigt und misshandelt. Behörden schreiten oft erst ein, wenn es bereits zu Vernachlässigung und Misshandlung gekommen ist. Dies zeigen die in den letzten Wochen und Monaten bekannt gewordenen tragischen Fälle von Kindesvernachlässigung deutlich. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte fordert daher eine vorbeugende staatliche Fürsorgepflicht. Als Vorlage sollte dabei das von Kinder- und Jugendärzten entwickelte integrative Düsseldorfer Modell dienen.“

Das Düsseldorfer Modell umfasst folgende Möglichkeiten einer frühen Intervention:

  • Bildung eines frühen Netzwerks unter Einschaltung von Kliniken, Familienhebammen, Frauenärzten, Kinder- und Jugendärzten, Sozialarbeitern, Sozialpädagogen, Kinderschutzbund;
  • Casemanagement durch eine gemeinsame Clearingstelle (Jugendamt/Gesundheitsamt); frühzeitiges Angebot einer Entlastung der Eltern durch Betreuung in (kostenlosen) Kindertageseinrichtungen;
  • Schaffung von Anreizen mit positiver Verstärkung; Eltern annehmen und versuchen, eine tragfähige Beziehung Herzustellen;
  • Transparenz der Abläufe vermitteln;
  • Abstimmung von Prozessorientierung (Eltern) und Entwicklungsorientierung (Kind) sowie die Sicherstellung der Qualifikation der Helfer.

Dr. med. Wolfram Hartmann: „Wir müssen dafür sorgen, Risikofamilien frühzeitig zu erfassen, am besten bereits während Schwangerschaft und Geburt, so dass sie sofort an ein Betreuungsnetzwerk vermittelt werden können.

Außerdem muss sichergestellt werden, dass alle Präventionsmaßnahmen wie Kinderfrüherkennungsuntersuchungen und Impfungen sowie eventuell verordnete Fördermaßnahmen, z. B. Krankengymnastik, Sprachtherapie, Ergotherapie, wahrgenommen werden. Wo die Unterstützung der Eltern nicht ausreicht, muss der Staat im Sinne des Kindeswohls Kontrollen einführen. Vernetzung, Kooperation und vollständige interdisziplinäre Kommunikation sind selbstverständliche Bestandteile des Gesamtkonzepts. Auch die Familiengerichte müssen ihre Entscheidungen mehr am Kindeswohl ausrichten.“

Am 29-03-2006

Ex-Verfassungsrichter hält Kopftuchverbot für nicht haltbar

Ordnung des Grundgesetzes

Der Staatsrechtler und Ex-Verfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde hält das Kopftuch einer muslimischen Lehrerin für ein Stück Integration. Jede kopftuchtragende Muslimin, die selbständig und eigenverantwortlich ihren Beruf ausübe, widerlege die Vorstellung von der im Islam unterdrückten Frau, sagte Böckenförde der "Süddeutschen Zeitung". Vorraussetzung sei allerdings, dass sie die Ordnung des Grundgesetzes anerkenne. Der Gesetzgeber könne das Nonnengewand nicht erlauben, aber das muslimische Kopftuch generell untersagen, sagte Böckenförde.

"Die Ordenstracht ist ja nicht, wie Frau Schavan einmal gemeint hat, eine Berufskleidung, sondern Ausdruck dessen, dass man sein Leben Gott geweiht hat", sagte der Ex-Verfassungsrichter zu einer Argumentation der Bundesforschungsministerin Annette Schavan. Dagegen habe das Kopftuch einen geringeren religiösen Bezug.

Gewiss müsse die Religionsausübung sozialverträglich sein, sagte der Verfassungsrechtler. Das dürfe aber nicht zum Anlass genommen werden, andere Religionen auszuschließen oder zu diskriminieren. "Sie müssen sozusagen hineinintegriert werden in eine christlich geprägte Kultur", sagte er.

Wenn Menschen in die plurale Gesellschaft integriert werden sollten, dürfe man ihnen nicht die Wurzeln abschneiden, meint Böckenförde. Sie müssten vielmehr in die gemeinsame Ordnung des Zusammenlebens einbezogen und anerkannt werden. "Wer das verkennt, verwechselt Integration mit Assimilation", sagte er. Die Anerkennung der Religionsfreiheit verlange, dass man die Anderen nicht zurückdränge. "Freilich darf und muss man von den Muslimen erwarten, dass sie die christliche Prägung unserer Kultur, soweit sie vorhanden ist, respektieren und nicht versuchen, das sozusagen von Innen her aufzurollen", sagte Böckenförde.

Am 17-07-2006

Große Koalition will Grundgesetz für "Notfälle" ändern

Bundeswehr-Einsätze im Inneren

Der Bundeswehr soll nach dem Willen der großen Koalition künftig in Notfällen leichter im Inland eingesetzt werden können. Dafür ist eine Grundgesetzänderung beim Artikel 35 (Amts- und Katastrophenhilfe) geplant, der um zwei Absätze ergänzt werden soll, teilten Innen- und Justizministerium am Montag (6. Oktober) in Berlin mit. Danach soll die Bundesregierung zur "wirksamen Bekämpfung besonders schwerer Unglücksfälle" auch die Streitkräfte heranziehen und den "Einsatz militärischer Mittel" anordnen dürfen. Die Opposition lehnte geschlossen eine solche Verfassungsänderung ab. Die Linke rechnet fest mit Bundeswehreinsätzen bei Demonstrationen. Unmittelbar nach Bekanntwerden erster Einzelheiten forderten die FDP-Politiker Burkhard Hirsch und Gerhart Baum ihre Partei in Bund und Ländern auf, gegen die Pläne von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) zu stimmen. Vor allem müssten das Recht und die Verantwortung der Länder für solche Einsätze erhalten bleiben, verlangten sie. Hirsch, der bereits 2005 gegen das Luftsicherheitsgesetz Verfassungsbeschwerde eingelegt hatte, kündigte Gleiches für den Fall an, dass der Bundestag wie von CDU/CSU und SPD gewünscht die Verfassung ändern sollte.

Im Eilfall auf Anweisung des zuständigen Bundesministers

Die geplante Verfassungsänderung bezieht sich den Angaben zufolge auf alle Notfälle auf deutschem Hoheitsgebiet, also auch in der Luft und in Küstennähe. In solchen Einzelfällen könnte künftig auf Beschluss des Kabinetts oder im Eilfalle auf Anweisung des zuständigen Bundesministers ein Bundeswehreinsatz angeordnet werden.

SPD-Fraktionschef Peter Struck zufolge ist die Grundgesetzänderung angeblich vor allem dazu gedacht, mögliche terroristische Angriffe von See her in deutschen Hoheitsgewässern mit Hilfe der Marine zu klären. Auch bei Unglücksfällen auf See, wo eigentlich die Wasserschutzpolizei zuständig wäre, könnte künftig die Bundeswehr helfen, so der ehemalige Bundesverteidigungsminister. Eine Sprecherin des Justizministeriums sagte, der Einsatz der Deutschen Marine zur weltweiten Piratenbekämpfung wäre hingegen nicht von der Neuregelung abgedeckt.

Ein Sprecher des zur Grundgesetzänderung federführenden Bundesinnenministeriums sagte, es gehe keineswegs darum, eine generelle Ermächtigungsgrundlage für einen Einsatz der Bundeswehr im Innern zu schaffen. Es bleibe bei der Einzelfallregelung zum Einsatz militärischer Mittel und auch nur dann, wenn polizeiliche Mittel nicht ausreichten.

Opposition glaubt der offiziellen Begründung nicht

FDP, Linke und Grünen warnten unisono vor einem leichteren Bundeswehreinsatz im Inneren "durch die Hintertür". "Die SPD streut den Bürgern Sand in die Augen, wenn sie behauptet, es ginge nur um den Einsatz gegen Gefahren aus der Luft oder zur See", sagte FDP-Wehrexpertin Birgit Homburger. Nach Ansicht von Homburger droht die Einführung des generellen Bundeswehreinsatzes im Innern durch die Hintertür. Nach vorliegenden Presseberichten gehe die Einigung der großen Koalition "viel weiter".

"Nachdem die Union jahrelang versucht hat, jede sich bietende Gelegenheit zu nutzen, um einen generellen Bundesehreinsatz im Innern durchzusetzen, ist nicht zu erwarten, dass die Union in dieser Frage jetzt plötzlich klein beigegeben hat", so Homburger.

Für den Parlamentarischen Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Volker Beck, wird mit einer solchen Änderung nur der "Militarisierung der Innenpolitik" Vorschub geleistet. Schäuble sei mit der Koalitionseinigung seinem Wunsch ein großes Stück näher gekommen, eine Nationalgarde zu schaffen.

Die Innenexpertin der Linksfraktion, Petra Pau, warnte vor einem "präventiven Sicherheitsstaat", sollten Union und SPD mit einer Grundgesetzänderung das seit Jahrzehnten bestehende Trennungsgebot zwischen Armee, Polizei und Geheimdiensten aufheben. Sie betonte: "Die Bundeswehr hat im Inneren aus historischen, politischen, rechtlichen und fachlichen Gründen nichts zu suchen."

"Die Bundeswehr wird demnächst auch bei Demos eingesetzt"

Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, sagte, mit den Beschlüssen des Koalitionsausschusses könne die Bundeswehr demnächst auch bei Demonstrationen eingesetzt werden. "Bereits beim G8-Gipfel in Heiligendamm wurden gepanzerte Fahrzeuge und Kampfflugzeuge der Bundeswehr bei der Beobachtung von Demonstranten eingesetzt. Damals sprachen die Sicherheitsbehörden im Vorfeld von angeblich geplanten Anschlägen gegen den Gipfel. Damit sollte ganz klar Panik geschürt und der massive Einsatz der Polizei gegen die Demonstranten bereits im Vorfeld gerechtfertigt werden", so Jelpke.

Nach einer Grundgesetzänderung, wie sie die Koalition plane, "könnten solche zweifelhaften Mutmaßungen über geplante Anschläge den Einsatz der Bundeswehr bei amtlichen Großveranstaltungen rechtfertigen", moniert die Links-Abgeordnete. "Das ist, was Schäuble seit über 15 Jahren will: die grundgesetzliche Befugnis zum Einsatz der Armee im Inland. Ob G8-Gipfel oder Castor-Transport – die nächste Gelegenheit für einen ersten Einsatz kommt bestimmt."

Am 06-10-2008

Lesben und Schwule verlangen Ergänzung des Grundgesetzes

Diskriminierungsschutz

Schwule und Lesben verlangen eine Ergänzung des Grundgesetzes zur Festschreibung ihrer Rechte. Auf einem Bundestreffen der Vertreter der Christopher Street Day-Vereine wurde beschlossen, im Jahr 2009 die Erweiterung von Artikel 3 des Grundgesetzes um die Rechte von Lesben und Schwulen zum zentralen Thema zu machen. Im kommenden Jahr werde in weit über 30 Städten der Bundesrepublik der Christopher Street Day (CSD) gefeiert "und mit Demonstrationen gegen die fehlende Gleichberechtigung von Lesben und Schwulen protestiert", kündigten Axel Hochrein und Jürgen Kiesslich vom Lesben- und Schwulenverband (LSVD) beziehungsweise dem CSD Deutschland e.V. an. Jeder Christopher Street Day setze dabei unterschiedliche regionale und politische Schwerpunkte. Auf Bundesebene stehe 2009 aber ausschließlich die Forderung nach Erweiterung des Gleichheitsartikels des deutschen Grundgesetzes im Mittelpunkt.

Die Forderung "Lesben und Schwule in die Verfassung!" zielt den Angaben zufolge konkret auf eine Erweiterung von Artikel 3 um das Merkmal "sexuelle Identität". Bereits jetzt sei laut Artikel 3 Grundgesetz die Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Abstammung, Sprache, ethnischer Herkunft, Glauben, religiöser oder politischer Anschauung und Behinderung verboten. Homosexuelle würden "immer noch als Bürger zweiter Klasse behandelt", weil der Grundrechtskatalog keinen ausdrücklichen Diskriminierungsschutz für Lesben, Schwule und Transgender enthalte. Es sei an der Zeit, das zu ändern, meinen die Verbände.

Am 16-12-2008

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