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Atomkraft

Experten fordern Jodtabletten für alle

Am

Die Bundesrepublik ist nach Ansicht von Experten nicht ausreichend auf einen Atomunfall innerhalb der eigenen Grenzen vorbereitet. Rainer Stephan von der Deutschen Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs forderte von der Bundesregierung eine flächendeckende Verteilung von Jodtabletten an alle Haushalte, Kindergärten und Schulen.


Auch in Deutschland sei ein Super-Gau durch einen technischen Defekt oder einen terroristischen Anschlag jederzeit möglich.

Atomtransporte nach Würenlingen erinnern an Schweizer Reaktorkatatastrophe

Castortransporte

Am 16. Oktober 2003 veröffentlicht.

Nahezu unbemerkt von der deutschen Öffentlichkeit am Hochrhein haben in den vergangenen Wochen 6 große Transporte mit Atommüll das grenznahe atomare Zwischenlager in Würenlingen (CH) erreicht, berichten Axel Mayer und Uli Faigle vom BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland). Diese Transporte kamen aus Lucens und erinnern an eines der düstersten Kapitel in der Schweizer Atom- und Umweltgeschichte, an die Kernschmelze und den Atomunfall im Versuchsreaktor (AKW) am 21. Januar 1969.

Bei diesem Unfall wurde ein Brennstoffelement überhitzt und zerstört. Dabei entwichen radioaktive Gase u.a. in die Kaverne die daraufhin so stark verseucht war, dass sie für Jahre zugemauert werden musste. Neben Tschernobyl, Sellafield und Harrisburg war dieser Atomunfall in einem Schweizer AKW einer der großen Atomunfälle in der Geschichte der Atomindustrie. Er führte nur deshalb nicht zu einer großen Katastrophe, weil der Versuchsreaktor sehr klein (9 MW) und in eine Felskaverne eingebaut war. Das radioaktive Potential war noch nicht so groß, weil der kleine Versuchsreaktor bereits kurz nach der Inbetriebnahme und nach wenigen Probeläufen durchbrannte.

Seit 1969 versucht die Atomlobby die Erinnerung an diesen Unfall in der "sicheren" Schweiz zu löschen. Atomunfälle und Kernschmelzen... das gibt es im Bewusstsein der Menschen auch in Deutschland, doch nur im "unsicheren Russland". Die schweren Unfälle in Sellafield, Harrisburg und Lucens wurden und werden auch in Deutschland gerne verdrängt. Bei der aktuellen Berichterstattung in den Schweizer Medien zum Atomtransport aus Lucens nach Würenlingen fällt auf, dass es nur in seltenen Ausnahmen zu einer kritischen Aufarbeitung dieses Atomunfalls kam.

Mit der Zwischenlagerung in der Würenlinger ZWILAG ist das Kapitel Lucens nun aber keinesfalls endgültig abgeschlossen. Der radioaktive Schrott des durchgebrannten Brennelements wird noch einige hunderttausend Jahre weiter strahlen.

Nach Unfall in Mihama

Schutz der Beschäftigten und der Allgemeinheit nicht gewährleistet

Am 10. August 2004 veröffentlicht.

Anlässlich des Unfalls in dem japanischen Atomkraftwerk Mihama fordert die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW, die deutschen Atomkraftwerke sofort vom Netz zu nehmen, weil der vom Atomgesetz geforderte Schutz der Beschäftigten nicht gewährleistet sei. In dem japanischen Druckwasserreaktor war am Montag eine Leitung des Sekundärsystems geplatzt, woraufhin Dampf in die Turbinenhalle ausströmte und mindestens fünf Arbeiter starben. Der Unfall in Japan zeige erneut, dass es zum Platzen von Rohrleitungen kommen kann. "Derartige Lecks von Rohrleitungen darf es nach der Theorie von Gutachtern, Atomkraftwerksbetreibern und Behörden eigentlich gar nicht geben", erklärte die IPPNW.

Nach dem Postulat des so genannten Bruchausschlusses und dem so genannten Nachweis der Basissicherheit könnten solche Rohre eigentlich gar nicht platzen. Der Atomunfall in Japan zeige, was von den Berechnungen und Behauptungen der Atomindustrie zu halten sei.

Der Druckwasserreaktor Mihama-3 ging ebenso wie zum Beispiel die beiden deutschen Druckwasserreaktoren in Biblis in den 70er Jahren ans Netz. Die Frischdampfleitungen des Sekundärkreises in Biblis bestehen überwiegend aus einem veralteten Stahl, sie weisen erhöhte Spannungen auf und in den Rohrbögen befinden sich rissanfällige Längsnähte. Mit zunehmendem Betriebsalter nimmt die Gefahr der Rissbildung bzw. von Rohrbrüchen zu. Ein derartiger Alterungsprozess ist nach Angaben von IPPNW der Grund für den unfall in Japan.

Auch in Biblis B ist es am 23. Februar 1995 bereits zu einer kleineren Dampfleckage im Primärsystem gekommen, bei dem 4 Tonnen Wasserdampf pro Stunde ausgeströmt sind. Leckagen im Primär- und im Sekundärkreis von Druckwasserreaktoren gehören zu den gefährlichsten Auslösern, die zu einem Super-GAU führen können.

Platzt beispielsweise eine Hauptkühlmittelleitung, dann können auch die Sicherheitssysteme den Super-GAU nicht mehr verhindern. Die deutschen Atomkraftwerke sind im internationalen Vergleich für eine Kernschmelze besonders schlecht gerüstet, weil die hiesigen Sicherheitsbehälter aus Stahl nur geringen Drücken standhalten.

"Veränderte Position nach der Bundestagswahl"

Pofalla hält Grüne Anti-Atomversprechen für unglaubwürdig

Am 15. September 2008 veröffentlicht.

Die Grünen haben offenbar ihre politische Glaubwürdigkeit völlig verspielt. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla jedenfalls nimmt es der einstigen "Anti-Parteien-Partei" nicht mehr ab, dass sie nach der nächsten Bundestagswahl ihre derzeitigen Versprechen bezüglich der Atomenergie auch einhalten werden. Pofalla prognostizierte, die Grünen würden "nach der Bundestagswahl eine veränderte Position zur Kernenergie einnehmen". Dabei gehe es ausdrücklich nicht um den Bau neuer Atomanlagen, sondern um "die Verlängerung der Laufzeiten der vorhandenen sicheren Kernkraftwerke", sagte Pofalla nach einer CDU-Vorstandssitzung am Montag (15. September) in Berlin auf die Frage, ob das Bekenntnis der Union zur Atomkraft nicht die Chancen einer schwarz-grünen Zusammenarbeit im Bund schmälere. Auch in der Kohlepolitik wackeln die Grünen, jedenfalls die Parteispitze. Unter anderem der designierte Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir hatte vorige Woche angekündigt, den Bau neuer Kohlekraftwerke erlauben zu wollen. Offiziell aber fahren die Grünen seit wenigen Jahren bundesweit eine Kampagne gegen die Errichtung neuer Kohle-Großkraftwerke. An der Parteibasis herrscht jetzt zum Teil Entsetzen über die jüngsten Äußerungen aus der Parteispitze.

Der derzeitige Grünen-Chef Reinhard Bütikofer widersprach der Prognose von Pofalla, die Grünen würden in der Atompolitik nach der Wahl umfallen. Er sagte, wer mit den Grünen kooperieren wolle, müsse "etwa" in der Atompolitik klar Farbe bekennen. "Die Union bekennt klar Farbe - aber die Farbe ist mit uns unvereinbar", so Bütikofer. Solange dies so sei, halte er Spekulationen über eine schwarz-grüne Zusammenarbeit "für vollständig überflüssig".

Bütikofer: Statt mehrerer 100.000 Jahre ist Asse noch nicht einmal 30 Jahre sicher gewesen Bütikofer nannte es am Montag in Berlin "zynisch", wenn die Union eine Festlegung auf Gorleben als Atommüll-Endlager fordere, ohne vorher einen "ergebnisoffenen Standortvergleich" vorzunehmen. Schließlich sei das "sogenannte Entsorgungskonzept für Gorleben" mit dem Debakel im Forschungsendlager Asse "eigentlich erledigt". Seitens der Atombefürworter sei stets gesagt worden, dass "der Versuchsschacht Asse das Modell sein soll für Gorleben". Statt mehrerer 100.000 Jahre sei Asse aber nicht einmal 30 Jahre sicher gewesen.

In einem einstimmig verabschiedeten Beschluss wandte sich der Grünen-Parteirat zudem "gegen eine Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke". Sie bedeuteten "erhöhte Unfallgefahr, mehr gefährlicher Strahlenmüll und weniger Investitionen in alternative Energien", heißt es in dem Papier. Auch mache "die Risikotechnologie Atomkraft weder die Energieversorgung sicherer noch leistet sie einen Beitrag zu niedrigen Strompreisen". Die Grünen wollen mit dem Thema Atomenergie Wahlkampf machen und damit ihre überwiegend atomkritischen Anhänger mobilisieren.

Vor 33 Jahren in Bohunice

Kernschmelz-Unfall in Tschechoslowakei

Am 22. Februar 2010 veröffentlicht.

Heute vor 33 Jahren ereignete sich im tschechoslowakischen Atomkraftwerksblock Jaslowske Bohunice A1 ein Kernschmelz-Unfall. Nach Angaben der atomkritischen Ärzteorganisation IPPNW schmolzen bei dem Unfall am 22. Februar 1977 mehrere Brennelemente, weil Verpackungs- und Feuchtigkeitsabsorptionsmaterial von einem Brennelement nicht entfernt worden war und dann den Kühlkanal verstopfte. Die Reaktorhalle wurde radioaktiv kontaminiert und es kam zur Freisetzung von Radioaktivität in die Atmosphäre wie auch in Oberflächengewässer. Noch heute, 33 Jahre nach dem Unfall, befinden sich Teile der hochradioaktiven Kernschmelze in der Anlage. Zuverlässige offizielle Informationen über die Folgen des Atomunfalls wurden bis heute nicht öffentlich zugänglich gemacht.

Schweiz: Lucens

Es kam schon häufiger zu Kernschmelzunfällen als gemeinhin bekannt. In der Schweiz kam es 1969 im Versuchsreaktor Lucens durch Korrosion zum Ausfall der Kühlung und somit zur Kernschmelze. Ein Brennelementebrand führte zur Freisetzung der Kernschmelze aus dem Reaktortank.

Slowakei und Italien: Bohunice, Saint-Laurent

Es folgte 1977 der Kernschmelz-Unfall im slowakischen Bohunice A1. Ein ganz ähnlicher Kernschmelz-Unfall ereignete sich 1980 im französischen Atommeiler Saint-Laurent A1.

USA: Three Mile Island bei Harrisburg

Am 28. März 1979 fiel im Kernkraftwerk auf Three Mile Island bei Harrisburg (Pennsylvania) im nichtnuklearen Teil eine Pumpe aus. Da das Versagen des Notkühlsystems nicht rechtzeitig bemerkt wurde, war einige Stunden später der Reaktor nicht mehr steuerbar. Eine Explosion konnte durch Ablassen des freigesetzten radioaktiven Dampfes in die Umgebung verhindert werden. Untersuchungen des Reaktorkerns, die unfallbedingt erst drei Jahre nach dem Unfall möglich waren, zeigten eine Kernschmelze.

Ukraine: Super-GAU in Tschernobyl

Am 26. April 1986 ereignete sich in Block 4 des ukrainischen Kraftwerks von Tschernobyl ein katastrophaler Atomunfall (Super-GAU). Nach einer Wasserstoffexplosion innerhalb des Reaktorkerns und nachfolgendem Brand des Graphits wurde eine große Menge radioaktiver Stoffe freigesetzt. Die "radioaktive Wolke" verbreitete sich über weite Teile Europas.

Deutschland: Atomkraftwerk Gundremmingen A

Der Totalschaden von Block A des Atomkraftwerks Gundremmingen im Jahr 1977 zeigt nach Auffassung der IPPNW, "dass man diese Technik auch in Deutschland keinesfalls sicher im Griff hat."

Biblis, Maanshan, Forsmark, Krümmel

Ausgesprochen gefährliche Ereignisse wie etwa 1987 in Biblis A (Deutschland), 1995 in Biblis B (Deutschland), 2001 in Maanshan (Taiwan), 2006 in Forsmark (Schweden) oder 2007 in Krümmel (Deutschland) machen laut IPPNW deutlich, dass es trotz der jahrzehntelangen Betriebserfahrung auch heute jederzeit wieder zur Atomkatastrophe kommen kann.

In Forsmark stand man nach Aussage des ehemaligen Konstruktionsleiters des Kraftwerks, Lars-Olov Höglund, 2006 kurz vor einem Kernschmelzunfall.

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