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Fachleute fehlen, Dunkelziffer hoch

Experten fordern besseren Schutz von Kindern vor sexuellen Übergriffen

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In Sachen Schutz der Kinder vor Missbrauch ist Deutschland nach Einschätzung von Experten ein "Entwicklungsland". Es fehle an kompetenten Medizinern, Therapeuten, Sozialarbeitern und Juristen, kritisierte der Münsteraner Kinderpsychiater und Ehrenvorsitzende der Gesellschaft gegen Kindesmisshandlung und -vernachlässigung (DGgKV), Tilmann Fürniss, am Donnerstag am Rande einer Fachtagung in Weimar. Der Vorstandsvorsitzende der Gesellschaft, Hans-Alfred Blumenstein, verwies darauf, dass sich die Zahl der Kindesmisshandlungen in Deutschland auf anhaltend hohem Niveau befinde.


Mediziner müssten nach Ansicht von Fürniss körperliche und seelische Verletzungen sowie ihre Ursachen besser diagnostizieren können. In der Fortbildung der Ärzte gebe es "große Lücken". Zu Kindesmissbrauch forsche keine deutsche Einrichtung. Das schlage sich auch bei der mangelhaften Therapie der Täter nieder. Vor allem die Behandlung jugendlicher Sexualstraftäter stecke noch in den Kinderschuhen. Ursache für die großen Lücken liegen nach Ansicht von Fürniss in der jahrelang praktizierten Tabuisierung von Gewalt.

Blumenstein warb für eine bessere Ausbildung von Kindergärtnerinnen, Lehrern und Sozialarbeiten. Sie sollten so geschult werden, dass Probleme noch früher erkannt werden. Zudem sei die Gründung so genannter Kinderschutzgruppen sinnvoll, die sich aus Experten verschiedener Fachrichtungen wie Ärzten und Psychologen zusammensetzen. Dadurch könne dem "unendlich hohen Beratungsbedarf" entsprochen werden.

Nach Angaben der DGgKV Gesellschaft haben jedes fünfte Mädchen und jeder zehnte Junge in der Kindheit sexuelle Übergriffe erlebt. Pro Jahr würden in Deutschland 1500 körperliche Misshandlungen sowie 13 000 bis 15 000 Fälle von sexuellem Missbrauch angezeigt. Die Dunkelziffer sei aber weitaus größer. Zum einen würden viele Übergriffe verschwiegen, zum anderen gebe es große Probleme bei der Datenerhebung und Definition von Misshandlung. Die Behandlung der Folgen einer schweren Misshandlung ein Leben lang kostet nach amerikanischen Schätzungen rund 500 000 Dollar. Neben den Gesundheitsschäden gerieten Betroffene häufiger auf die schiefe Bahn oder würden die ihnen zugefügte Gewalt an die nächste Generation weitergeben.

Die Gesellschaft gegen Kindesmisshandlung und -vernachlässigung veranstaltet in Weimar eine dreitägige Fachtagung. Den rund 450 Teilnehmern von Polizei, Justiz, Medizin, Bewährungshilfe und Sozialarbeit werden Fortbildungskurse zur Therapie von Kindern und Tätern angeboten.

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