In den meisten Hauptreiseländern, so auch in Tunesien, existierten keine vergleichbaren Entschädigungs-Regelungen, die ausländischen Opfern die Bewältigung der Tatfolgen erleichtern könnten. Nach dem Anschlag von Djerba fordert der Weiße Ring Bund und Länder erneut dazu auf, über die Frage von Entschädigungsleistungen bei Straftaten im Ausland nachzudenken.
Gesetzliche Sozialversicherungssysteme wie berufsständische oder betriebliche Versorgungsmodelle allein seien keine Gewähr für eine ausreichende Absicherung tatbedingter gesundheitlicher Schädigungen. Auch die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung könnten einen durch schwere Verbrechensfolgen oft entstehenden sozialen Einbruch nicht verhindern. Wenn vor der Straftat ein geregeltes eigenverantwortliches Leben auf einer gesicherten wirtschaftlichen Basis möglich war, leiden Verbrechensopfer und ihre Familien zusätzlich, wenn sie aufgrund fehlender Opferentschädigung von Leistungen der Sozialhilfe abhängig sind, so der Weiße Ring.
In Zeiten des Zusammenwachsens der Staaten müsse eine moderne sozialrechtliche Verantwortung des Gemeinwesens gegenüber den Opfern vorsätzlicher Straftaten umfassend greifen. Dies sei nicht gewährleistet, wenn die Anerkennung von Schädigungsfolgen vom Ort des Geschehens abhängig gemacht werde. Dass diese Einschränkung nicht zwingend sei, zeige das Beispiel Österreich. Dort erhalten Staatsangehörige Schutz und Entschädigung unabhängig davon, wo die Straftat erfolgt ist.
Die Europäische Kommission befasst sich in einem "Grünbuch" mit der sozialen Situation der Opfer und ihrer Rechte im vereinten Europa. Doch bis daraus für die Betroffenen geltendes Recht und spürbare Hilfe wird, bleiben immer wieder schwerst betroffenen Opfern und ihren Familien Entschädigungsleistungen verwehrt, kritisiert die Organisation. Dies gelte umso mehr für die Folgen schwerer Straftaten im außereuropäischen Ausland. Deshalb fordert der Weiße Ring den Gesetzgeber auf, innerstaatliche Regelungen zu schaffen bzw. zu ergänzen.
Der Weiße Ring bietet den Opfern und Hinterbliebenen des Anschlags von Djerba schnelle und unbürokratische Unterstützung an. In bundesweit 400 Außenstellen leisten rund 2.300 ehrenamtliche tätige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der größten deutschen Opferschutzorganisation Kriminalitätsopfern menschlichen Beistand und praktische Hilfe.