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Prävention & Versicherung

Sozialverband fordert Krankenversicherung für alle Erwerbstätigen

Am

Der Sozialverband Deutschland (SoVD) fordert angesichts der dramatischen Finanzlage der gesetzlichen Krankenkassen die Einführung einer Erwerbstätigenversicherung. In diese müssten alle Erwerbstätigen und ihre mitversicherten Familienangehörigen einbezogen werden, sagte Verbandspräsident Peter Vetter am Freitag in Berlin. Darüber hinaus müsse die Bundesregierung die Krankheitsvorbeugung durch neue Programme verbessern. Dies müsse den Ausbau der Früherkennung ebenso umfassen wie Entwöhnungsprogramme bei Suchtmittelabhängigkeit, schlug Vetter vor.


Notwendig sei auch die rasche Einführung einer Positivliste mit verschreibungsfähigen Arzneimitteln. Weiter unterstützt der Sozialverband die Regierung bei ihrem Vorhaben, den Hausarzt zum Lotsen im Gesundheitswesen zu machen und "Scheininnovationen" aus dem Medikamentenmarkt zu verbannen. Notwendig sei darüber hinaus aber eine Halbierung des Mehrwertsteuersatzes auf Arzneien und eine deutliche Aufstockung des Apothekenrabatts an die Kassen. Auch müssten Apotheker finanziell belohnt werden, wenn sie preisgünstige Medikamente abgeben.

Um Abrechnungsbetrug der Ärzte zu bekämpfen sollte den Patienten nach Ansicht des SoVD vierteljährlich ein "einfach gestalteter und nachvollziehbarer Abrechnungsnachweis" vorgelegt werden. Weiter verlangt der Verband, die auf Verschiebebahnhöfe der Politik zurückgehenden Kostensteigerungen der Krankenversicherung endlich zu beenden. Um alle Erwerbstätigen in die gesetzliche Krankenversicherung einzubeziehen, müssten zudem die Versicherungspflichtgrenze abgeschafft und die Beitragsbemessungsgrenze angehoben werden.

Alle Punkte des Gesundheits-Sparpakets auf einen Blick

Punke des Sparpakets

Mit Sofortmaßnahmen zur Stabilisierung der Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung will Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) mehr als drei Milliarden Euro bei allen Akteuren einsparen. Ärzte, Krankenhäuser und Apotheker kündigten Proteste an. Am Donnerstag wurden die Eilmaßnahmen erstmals im Parlament in Berlin beraten. Sie sind aufgeteilt in zwei Teile. Einem Teil muss der Bundesrat zustimmen. - Ärzte, Zahnärzte und Kliniken müssen 2003 eine NULLRUNDE hinnehmen. Die Ausgaben für Honorare wie für die Krankenhäuser insgesamt sollen auf dem Stand diesen Jahres eingefroren werden. Bisher orientieren sich die Ausgaben an den allgemeinen Löhnen und Gehältern. Ausnahmen soll es unter anderem für Krankenhäuser geben, die existenziell bedroht sind, im kommenden Jahr das neue Finanzierungssystem nach Fallpauschalen einführen oder neue Arbeitszeitmodelle erproben. Auch niedergelassene Ärzte, die sich an den Spezialprogrammen für chronisch Kranke beteiligen, sollen von der Nullrunde verschont bleiben.

  • Den gesetzlichen Krankenkassen wird von diesem Donnerstag an bis Ende 2003 ein BEITRAGSSTOPP verordnet. Ihre Beitragssätze sollen sie nur noch in Ausnahmefällen anheben dürfen, beispielsweise wenn sie zur Aufrechterhaltung ihrer Leistungsfähigkeit Kredite aufnehmen müssen.
  • Pharmahersteller und Großhändler müssen den Krankenkassen höhere RABATTE einräumen. Auch die Apotheken werden zu höheren Rabatten gegenüber Krankenkassen gezwungen. Allein auf diese Weise sollen rund 1,4 Milliarden Euro mehr eingenommen werden.
  • Die Zuwendungen für das STERBEGELD werden halbiert. Ausgezahlt werden künftig nicht mehr 1050, sondern nur noch 525 Euro.
  • Die VERSICHERUNGSPFLICHTGRENZE wird für alle Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) von 3375 auf 3825 Euro angehoben. Somit ist der Wechsel von der gesetzlichen in eine private Krankenversicherung (PKV) erst ab diesem höheren Einkommen möglich.
  • Die Höchstpreise für ZAHNERSATZ werden pauschal um fünf Prozent gekürzt.
  • Für hochpreisige patentgeschützte Arzneien werden FESTBETRÄGE eingeführt. Dieser Neuerung muss der Bundesrat zustimmen.
  • Die VERWALTUNGSKOSTEN der gesetzlichen Krankenkassen werden auf dem Niveau von 2002 eingefroren. Auch diese Maßnahme bedarf der Zustimmung der Länderkammer.

Am 07-11-2002

Verbraucherschützer: Notpaket für Krankenversicherung ist sozial ausgewogen

Ärzte drohen mit Großkundgebungen wegen Sparplänen

Der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) bezeichnete den Gesetzentwurf zur Sicherung der Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung als sozial ausgewogen. Gerade im Hinblick auf die Rabatte bei Arzneimitteln und die Preissenkungen im Zahnbereich seien verbraucherfreundliche Effekte zu erwarten. Ärzte und Krankenhäuser wollen mit Großkundgebungen auf die Sparpläne von Bundessozialministerin Ulla Schmidt (SPD) reagieren. Die Apotheker planen darüber hinaus juristische Schritte. Das kündigten Verbandsvertreter am Donnerstag in Berlin an. „Überzogene Profitspannen der Leistungsanbieter des Gesundheitswesens, insbesondere der Pharmaindustrie, dürfen nicht länger aus den Beiträgen der Versicherten bezahlt werden“, so der Leiter des Fachbereichs Gesundheit und Ernährung der vzbv, Thomas Isenberg. Der Maßnahmenmix, um die Beiträge kurzfristig stabil zu halten, sei fair. Vorgesehen sind vorgeschriebene Rabatte an die Krankenkassen für Arzneimittel, die Einführung von Festbeträgen für patentgeschützte „Pseudo-Innovationen“ bei Medikamenten, die Senkung der Preise um 5 Prozent bei zahntechnischen Leistungen, weniger Sterbegeld sowie höhere Versicherungspflichtgrenzen.

Ärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe sagte, Schmidts Eilgesetze zur Stabilisierung der Finanzsituation der gesetzlichen Krankenkassen kämen "Notstandsgesetzen" gleich. "Wir bewegen uns massiv und im Eiltempo auf englische Verhältnisse zu", warnte er und fügte hinzu: "Das ist die Notglocke, die wir jetzt läuten." Bereits in der nächsten Woche wollen die Ärtze über die Auswirkungen des Vorschaltgesetzes informieren, das unter anderem eine Nullrunde für Ärzte und Krankenhäuser vorsieht. "Öffentlichkeit und Politik müssen wissen, was im Gesundheitssystem los ist", fügte Hoppe hinzu.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) plant für kommende Woche eine Demonstration vor dem Brandenburger Tor in Berlin. Damit wollten die Bediensteten Stellung gegen "Schmidts Kahlschlagpolitik" beziehen, sagte DKG-Präsident Burghard Rocke. Die Nullrunde komme einer "Katastrophe" gleich, da ihr in den Kliniken Personalkostenerhöhungen von fünf Prozent gegenüberstünden.

Die Apotheker planen nach Angaben ihres Präsidenten Hans-Günter Friese juristische Schritte gegen die vorgesehen höheren Rabatte der Apotheken an die Krankenkassen. "Eine solche Belastung würde die Existenz vieler Apotheken zerstören und zu einem massiven Stellenabbau führen", warnte er. Für die Apotheker komme diese Maßnahme einer Halbierung ihres Bruttoeinkommens gleich. Solche "enteignungsähnlichen Schritte" seien schon mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.

Die Verbraucherschützer warnten die Ärzteverbände davor, die Deckelung der Ärztehonorare zu Lasten der Patienten vorzunehmen. „Es gibt noch immer enorme Wirtschaftlichkeitsreserven bei Ärzten und Krankenhäusern“, sagte Thomas Isenberg. Die Tatsache, dass die Ausgaben für die neuen Chronikerprogramme von der Nullrunde ausgenommen sind, biete eine Chance, die die Ärzte nutzen sollten.

Der vzbv fordert gleichzeitig, langfristig wirkende, strukturelle Reformen zügig anzupacken. Verbraucher und Patienten müssten zukünftig erkennen können, wie gut ein Arzt oder ein Krankenhaus arbeitet und welche Fehlerquoten existieren. Noch immer gebe es in Deutschland kein zentrales Medizinschadensregister. „Ein Arzt, der bestimmte Behandlungen bei den Kassen abrechnen will, muss dafür künftig zertifiziert werden“, so Thomas Isenberg. Überfällig sei eine umfassende präventionspolitische Offensive, wie sie im Koalitionsvertrag versprochen wird, fordert der vzbv.

Am 07-11-2002

Paritätische Finanzierung der Krankenversicherung bleibt erhalten

Gesundheitsreform

Die Bundesregierung hat den Bericht des Nachrichten-Magazins "Stern" dementiert, wonach Bundeskanzler Gerhard Schröder einen Systemwechsel in der gesetzlichen Krankenversicherung plane. Die Bundesregierung hat nicht die Absicht, die paritätische Finanzierung durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber aufzugeben und die lohnbezogenen Kassenbeiträge durch Kopfprämien abzulösen. Der Stellvertretene Regierungssprecher Thomas Steg erklärte am 22. Januar 2003 gegenüber der Presse, der Bundeskanzler habe zur Kopfprämie eine klare Position: An der paritätischen Finanzierung in der Krankenversicherung wird festgehalten. Das Kopfprämienmodell sei sozial ungerecht und habe höchstkomplizierte Verteilungswirkungen, erklärte Steg weiter. Beispielweise müssten auch Kinder diese Kopfprämien zahlen, die bisher durch die kostenlose Mitversicherung von Familienangehörigen abgesichert seien.

Es gebe auch keinen Auftrag der Bundesregierung an die Rürup-Kommission zu einer Umgestaltung der Finanzierungsbasis der gesetzlichen Krankenversicherung. "Es bleibt bei der paritätischen Finanzierung" betonte Steg. Die Bundesregierung hält die paritätische Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer für ein zentrales Element eines zukunftssicheren sozialen Sicherungssystems.

Die nachhaltige Beteiligung großer gesellschaftlicher Gruppen bei der Absicherung sozialer Risiken diente unmittelbar dem sozialen Frieden in Deutschland. Sie stelle auch sicher, dass die großen gesellschaftlichen Gruppen ein ureigenes Interesse an einem funktionierenden Krankenversicherungssystem haben. Kopfprämien unabhängig vom Einkommen seien dagegen sozial nicht gerecht.

Am 23-01-2003

Karlsruhe: Privat versicherte Elternteile müssen weiter Kinder mitversichern

Krankenversicherung

Kinder verheirateter Eltern bleiben in bestimmten Fällen weiterhin von der kostenlosen Mitversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen. Das entschied das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch in Karlsruhe. Dieser Ausschluss von der Familienversicherung gelte dann, wenn der besser verdienende Elternteil nicht gesetzlich, sondern privat krankenversichert ist. Die Regelung betrifft rund 160 000 Kinder. Damit wiesen die Karlsruher Richter die Verfassungsbeschwerde einer Mutter und ihres Sohnes zurück. Die Mutter ist im konkreten Fall Pflichtmitglied einer Ersatzkasse, ihr Ehemann ist Beamter. Die Kläger rügten, dass die Ausschlussregelung nur bei verheirateten Eltern gilt. Kindern unverheirateter Eltern ist der Zugang zur Familienversicherung nicht verschlossen. Diese haben das Recht zu wählen, ob das Kind mit dem einen Elternteil in die private oder mit dem anderen in die gesetzliche Krankenversicherung kommt. Nach Auffassung der Karlsruher Richter ist die Ausschlussklausel mit dem Grundrecht auf Ehe und Familie und dem Grundsatz der Gleichbehandlung vereinbar.

Die Benachteiligungen seien "hinreichend gerechtfertigt", da der Ausschluss bestimmte einkommensbezogene Merkmale voraussetze. Die Vorteile einer beitragsfreien Krankenversicherung dürften von der Prüfung der sozialen Schutzbedürftigkeit der Eltern abhängig gemacht werden. Die kostenfreie Mitversicherung von Kindern sei "eine Maßnahme des sozialen Ausgleichs zur Entlastung der Familie", heißt es in dem Urteil. Der Gesetzgeber könne bei der Bestimmung des begünstigten Personenkreises auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Eltern abstellen.

Der Gesetzgeber dürfe zwar die Ehe gegenüber anderen Lebensgemeinschaften nicht diskriminieren, sagte Gerichtsvizepräsident Hans-Jürgen Papier bei der Urteilsverkündung. Eine "punktuelle gesetzliche Benachteiligung" sei allerdings hinzunehmen, wenn die allgemeine Tendenz des Gesetzes auf den Ausgleich familiärer Belastungen abziele und die gesetzliche Regelung im Ganzen betrachtet keine Schlechterstellung der Eheleute bewirkt.(Az. 1 BvR 624/01)

Am 12-02-2003

Empfehlungen zur Krankenversicherung "vertane Chance"

Kopfpauschale

Der Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverband (vzvb) und Rürup-Kommissions-Mitglied Edda Müller hat die Empfehlungen der Kommission zur Krankenversicherung als vertane Chance bezeichnet. "Die Kommission hätte der Politik Rückendeckung für schwierige aber notwendige Veränderungen im Gesundheitswesen geben müssen." Es sei klar, dass das Gesundheitssystem in der Zukunft erheblich umgebaut werden müsse, um finanzierbar zu bleiben. "Das wissen auch die Bürger und sie sind auch bereit, ihren Beitrag zu leisten.", so Müller. Die Akzeptanz auch von Zumutungen wäre aber daran gebunden, dass Reformen sozial gerecht seien und Lasten nicht allein den geringer verdienenden Arbeitnehmern aufgebürdet würden. Ein sozial gerechtes Zukunftsmodell, das auf die breite Akzeptanz der Bürger setzen könne, ist nach Ansicht des Verbandes die Bürgerversicherung. In ihrem Abschlussbericht hatte sich die Rürup-Kommission allerdings nicht auf ein Votum zugunsten einer Bürgerversicherung einigen können. Der Kommissionsvorsitzende Rürup setzte vielmehr auf Kopfpauschalen, bei denen alle Versicherten einkommensunabhängig die gleiche Pauschalsumme in die Krankenversicherung einzahlen.

Insbesondere Besserverdienende würden hierbei deutlich entlastet, kritisiert Müller. Die Bürgerversicherung dagegen würde das schon jetzt bestehende Zwei-Klassen-System der privaten und der gesetzlichen Krankenversicherung beenden. Durch das Heranziehen aller Einkommensarten werde die Einnahmesituation der Krankenversicherung deutlich verbessert und ein sozial gerechteres System geschaffen.

Anders als bei der Krankenversicherung stellte sich Müller hinter die Kommissions-Empfehlungen zur Rentenversicherung. Die geplante Anhebung des gesetzlichen Rentenalters auf 67 Jahre ab 2011 bis 2035 sei die notwendige Antwort auf die steigende Lebenserwartung der Menschen. "Es geht hier um die Kernfrage, wie wir ein langfristig finanzierbares Rentensystem schaffen", sagte Müller. Andernfalls kämen auf die Arbeitnehmer noch stärker steigende Beitragssätze zu. "Das Votum für ein höheres Rentenalter kann aber nicht bedeuten, dass Politik und Wirtschaft aus ihrer Verantwortung entlassen sind, den Menschen überhaupt erst die Möglichkeit zu geben, zu arbeiten statt ältere Arbeitnehmer vorzeitig aufs Altenteil zu schicken", so Müller.

Am 28-08-2003

Zahl der Menschen ohne Krankenversicherung gestiegen

"Risiken für gesamte Bevölkerung"

Die Zahl der Menschen ohne Krankenversicherung in Deutschland ist nach einer Studie im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung in den letzten Jahren drastisch gestiegen. Halte die aktuelle Entwicklung an, drohten gesundheitliche Risiken für die Nichtversicherten ebenso wie für die Bevölkerung insgesamt. Zudem verursachten Nichtversicherte mittelfristig möglicherweise sogar überdurchschnittliche Kosten. Der Gesetzgeber müsse der Entwicklung entgegenwirken, beispielsweise durch eine allgemeine Krankenversicherungspflicht. Anders als etwa in den USA lebe in der Bundesrepublik bislang zwar nur eine kleine Minderheit ohne Krankenversicherungsschutz, so die Gesundheitsökonomen Jürgen Wasem, Stefan Greß und Anke Walendzik von der Universität Duisburg-Essen. Doch sei diese Gruppe zwischen 1995 und 2003 deutlich gewachsen: Von 105.000 auf 188.000 Personen, wie die Forscher auf Basis der derzeit verfügbaren Daten aus dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes ermittelten. Die tatsächliche Zahl dürfte nach Einschätzung der Wissenschaftler eher noch höher liegen, da beispielsweise Migranten ohne Aufenthaltsgenehmigung in der Statistik nur selten erfasst seien.

Besonders deutlich gestiegen sei seit 1995 die Zahl der Erwerbstätigen ohne Krankenversicherung. Ihr Anteil an der Gruppe der Nichtversicherten liege mittlerweile bei über 40 Prozent. Darunter seien zahlreiche Selbständige mit kleinem Einkommen sowie geringfügig Beschäftigte, die sich weder über eine gesetzliche noch über eine private Kasse absichern.

Aus Sicht der Forscher ist diese Entwicklung "ein deutliches Indiz" dafür, dass das System der Krankenversicherung nicht mit den Veränderungen in den Erwerbsbiografien Schritt halte. So treffen ältere Beschäftigte, die sich nach einer Arbeitslosigkeit selbständig gemacht und privat versichert hatten, auf hohe gesetzliche Hürden, wenn sie zurück in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln wollen. In der Privatkasse sind sie mit hohen, risikobezogenen Prämien konfrontiert. Doch auch die gesetzliche Krankenkasse können sich viele Betroffene nicht leisten: Bei freiwillig Versicherten wie etwa Selbständigen gehen diese von einem imaginären Mindesteinkommen aus. Die Beiträge können dann höher liegen als das komplette Einkommen des Versicherungs-Interessenten. Auch Geschiedene und Ausländer stünden überdurchschnittlich oft ohne Schutz da.

Die sich vergrößernde "Versicherungslücke" sei gefährlich, warnten die Gesundheitsökonomen: So zögerten Nichtversicherte den Gang zum Arzt hinaus, was besonders bei ansteckenden Krankheiten gefährlich sei - für die Nichtversicherten wie für Dritte. Nichtversicherte ließen sich seltener impfen, würden häufiger krank und stürben früher als Versicherte. Außerdem verursachten Kranke ohne Versicherung mittelfristig möglicherweise sogar überdurchschnittliche Kosten, so die Wissenschaftler. Der Grund: Sie nähmen häufiger Notdienste in Anspruch, die keinen Patienten abweisen dürften.

Um zu verhindern, dass der Trend zur Nichtversicherung zunimmt, muss der Gesetzgeber nach Auffassung der Essener Forscher handeln. Ein möglicher Weg sei eine allgemeine Krankenversicherungspflicht nach dem Vorbild der Schweiz oder der Niederlande; Voraussetzung dafür sei allerdings ein einheitliches Versicherungssystem mit einem umfassenden Finanzausgleich.

Wenigstens teilweise ließe sich das Problem ihrer Ansicht nach lösen, wenn der Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung für einzelne Personengruppen, etwa Selbständige mit geringem Einkommen, vorgeschrieben oder erleichtert würde. Parallel dazu könne der Gesetzgeber privaten Krankenversicherern verbieten, Versicherungswillige abzulehnen. Geringverdienern müssten die Privaten dann unabhängig von deren Krankheitsrisiko günstigere Standardtarife anbieten.

Am 25-10-2005

Mehrere Krankenversicherungen erhöhen Beiträge

AOKs

Vielen gesetzlich Krankenversicherten drohen im kommenden Jahr höhere Beiträge. Mehrere Allgemeine Ortskrankenkassen (AOK) kündigten Anhebungen an. Die AOK Rheinland gab am Freitag eine Erhöhung ihres allgemeinen Beitragssatzes zum 1. Januar von 13,0 auf 13,4 Prozent bekannt. Auch die AOK Hessen und Schleswig-Holstein wollen ihre Beitragssätze steigern, von 13,9 beziehungsweise 13,6 Prozent auf jeweils 14,4 Prozent. Bereits am Donnerstag hatte der BKK-Bundesverband nicht ausgeschlossen, dass es bei einzelnen der über 200 Betriebskrankenkassen zu Erhöhungen kommt. Medienberichten zufolge planen mehr als zehn BKK eine Beitragserhöhung. Der Vorstandschef der AOK Rheinland, Wilfried Jacobs, begründete die Erhöhung mit der allgemeinen Wirtschaftsschwäche und der damit verbundenen hohen Arbeitslosigkeit. Dadurch blieben die von den Krankenkassen eingeplanten Beitragseinnahmen aus. Zudem stiegen die Ausgaben der Kassen wieder höher als erwartet, besonders für Arzneimittel. Die AOK Rheinland ist mit 2,7 Millionen Versicherten die größte gesetzliche Krankenkasse in Nordrhein-Westfalen.

Die AOK Hessen mit 1,6 Millionen Versicherten und die Kassenärztliche Vereinigung des Landes (KV) machen sich gegenseitig für den höheren Beitragssatz verantwortlich. Hessens AOK-Vorstandschef Fritz Müller hatte erklärt, die Kosten für verordnete Arzneimittel lägen bereits im dritten Jahr über dem Wert, der mit der KV Hessen vereinbart worden sei. KV-Vorstandschefin Margita Bert nannte die Äußerungen Müllers "perfide". Die AOK stelle erst ein zu knapp bemessenes Arzneimittelbudget zur Verfügung, beklage dann "lauthals" dessen Überschreitung und attackiere schließlich die verschreibenden Ärzte.

Im Bundesgesundheitsministerium wurde daran erinnert, dass die AOK-Vorstände mit im Schnitt 130.000 Euro im Jahr ein hohes Gehalt bezögen. Dafür sei im Gegenzug ein "erstklassiges Kostenmanagement" zu erwarten.

Am 21-12-2005

Privatversicherer wehren sich gegen "Einschnitte"

"Verhandlungen"

Die privaten Krankenversicherungen fürchten um ihr Geschäft. Die in einem Arbeitsentwurf zur Gesundheitsreform geplanten "Einschnitte" stoßen daher nicht auf das Wohlwollen des Verbandes der privaten Krankenversicherungen (PKV). Dem vorläufigen Gesetzestext zufolge soll die PKV laut "Berliner Zeitung" künftig nach Vorbild der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) umgestaltet werden. So sei vorgesehen, dass mit Privatversicherungen ein einheitlicher Basistarif abgeschlossen werden müsse, der auf dem Leistungskatalog der GKV beruhe. Daneben könnten Zusatzversicherungen angeboten werden. Bestehende Versicherungsverträge sollten "in den Basistarif und eine Zusatzversicherung (hinsichtlich der überschießenden Leistungen) aufgeteilt" werden. Wie bei der GKV solle es künftig auch innerhalb der PKV einen Finanzausgleich geben. Zudem sei eine "soziale Komponente" geplant: Muss ein Versicherter mehr als 20 Prozent seinen Einkommens für den Basistarif aufwenden, erhält er aus einem Fonds der Privatkassen einen Zuschuss.

Das stößt beim Verband der privaten Krankenversicherungen auf Kritik. Das Gesundheitsministerium unter Führung von Ministerin Ulla Schmidt (SPD) wolle die Privatkassen "aus purer Ideologie" zerstören, sagte Verbandsdirektor Volker Leienbach am Donnerstag dem Radiosender MRD Info. Die nun bekannt gewordenen Pläne bedeuteten für das freiheitliche System den "Weg in die Staatsmedizin". Beitragserhöhungen um bis zu 35 Prozent sollten die PKV unattraktiv machen.

Der PKV-Direktor kritisierte den Ministeriumsentwurf als "eklatanten Verstoß gegen die Koalitionsvereinbarungen". Die Pläne widersprächen zudem allen Vereinbarungen, die in den Verhandlungen zwischen Krankenkassen und Politik getroffen worden seien. Leienbach forderte, den Arbeitsentwurf "so schnell wie möglich einzustampfen". Andernfalls werde die PKV jedes Rechtsmittel ausschöpfen, bis zum Gang nach Karlsruhe.

Am 24-08-2006

Kasse muss nicht für künstliche Befruchtung zahlen

Über 50

Bei Männern im Alter von über 50 Jahren, die sich ein Kind wünschen, müssen Krankenversicherungen die Kosten für eine künstliche Befruchtung nicht tragen. Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel bestätigte am Donnerstag die gesetzliche Altersgrenze, bis zu der die Kosten übernommen werden. "Der Senat hält diese Regelung für verfassungsgemäß", sagte BSG-Präsident Matthias von Wulffen und fügte hinzu, die 50-Jahre-Grenze sei "sachlich gerechtfertigt." Geklagt hatte ein Ehepaar aus Osnabrück, das auf natürlichem Wege keine Kinder bekommen kann und bei seiner Krankenversicherung eine künstliche Befruchtung beantragte. Unter Verweis auf das Alter des Mannes - er ist mittlerweile 60 Jahre alt, seine Gattin 38 - lehnte die Kasse die Kostenübernahme ab. Dagegen zogen die Eheleute vor Gericht. Für die Altersgrenze gebe es keine medizinische Begründung. Auch bestehe kein Zusammenhang zwischen dem Alter des Vaters und dem Wohl des Kindes. Daher verstoße es gegen das Grundgesetz, wenn über 50-jährige Männer anders behandelt werden als ihre jüngeren Geschlechtsgenossen.

Dem wollte sich das Sozialgericht nicht anschließen. Medizinische Maßnahmen zum Herbeiführen einer Schwangerschaft gehörten nicht zum "Kernbereich der gesetzlichen Krankenversicherung". Der Gesetzgeber dürfe deshalb Ausschlusskriterien festsetzen - zumal sie nicht willkürlich seien: Wer mit 50 Jahren Vater werde, habe nach der durchschnittlichen Lebenserwartung gerade noch so viele Jahre vor sich, dass er den 27. Geburtstag seines Kindes miterleben könne. "Bis zum normalen Ausbildungsabschluss ist der Vater dann also noch am Leben."

Derzeit müssen Versicherte mindestens 25 Jahre alt und verheiratet sein, wenn sie von der Krankenkasse eine künstliche Befruchtung bezahlt bekommen wollen. Das Höchstalter liegt bei 40 Jahren für Frauen und 50 Jahren für Männer. Die Kosten übernehmen die Versicherungen der beiden Eheleute zu jeweils 50 Prozent. (Az.: B 1 KR 10/06 R)

Am 24-05-2007

Immer mehr Privatversicherte unzufrieden mit ihrer Krankenversicherung

Doch Wechsel in die GKV kommt für die meisten nicht infrage

Wie eine aktuelle Studie nun ergeben hat, sind immer mehr privat krankenversicherte Personen unzufrieden mit ihrer Krankenkasse. Grund für die Unzufriedenheit sind zum einen die stetig steigenden Beiträge und zum anderen die bessere Absicherung von gesetzlich versicherten Patienten.

Während sich die Versicherungsnehmer der gesetzlichen Krankenversicherungen momentan über die gute Lage freuen können, sind privat versicherte Patienten zunehmend unzufriedener mit ihrer Krankenkasse. Dies ergab nun eine neue Zufriedenheitsstudie der „Kubus PKV“, in der eine Befragung unter 10.000 Versicherten stattfand. Ausschlaggebend für diese ansteigende Unzufriedenheit sind jedoch nicht die Leistungen der Krankenversicherung, sondern vielmehr die Erhöhung der Krankenkassenbeiträge zu Beginn des Jahres.

Nur wenige Privatversicherte sind bereit in die gesetzliche Krankenkasse zu wechseln

Obwohl ein Teil der Befragten durchaus unzufrieden mit ihrer aktuellen Situation und den ständig steigenden Versicherungsbeiträgen ist, so wollen doch nur die Wenigsten zu einer gesetzlichen Krankenkasse wechseln. Dies sogar, obwohl es immer wieder negative Kritik in den Nachrichten gibt und den privaten Krankenversicherungen vorgeworfen wird, sie seien schlichtweg zu teuer und zu unwirtschaftlich.

Mehr als die Hälfte (61 Prozent) der Versicherungsnehmer der privaten Krankenversicherungen hat durchaus Verständnis für die Erhöhung der Beiträge. Dies sind insgesamt betrachtet jedoch weniger als im Jahr zuvor. Denn 2011 erschien noch 65 Prozent der Versicherten eine Beitragserhöhung als nachvollziehbar. Im Jahr 2010 waren es sogar noch 73 Prozent aller Befragten.

73 Prozent der privat Versicherten wollen bei ihrer PKV bleiben

Wie die aktuelle Umfrage ergab, wollen 73 Prozent aller Befragten trotz des Anstiegs der Unzufriedenheit bei ihrer privaten Krankenkasse bleiben. Nur etwa 14 Prozent sind gewillt, in die gesetzliche Krankenversicherung zurückzugehen.

Am 28-07-2012

Nur noch gut vier Wochen für Schuldenerlass in Krankenversicherung

Sonderhotline für Unversicherte und Versicherte mit Schulden

Das Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung trat am 1. August 2013 in Kraft. „Wegen der seinerzeitigen Urlaubszeit ist zu befürchten, dass viele Betroffene von den für sie günstigen Neuregelungen gar nichts mitbekommen haben“, sagt Andrea Heyer, Finanzexpertin der Verbraucherzentrale Sachsen. Für die Betroffenen, die aber bis Jahresende nicht handeln, wird es ab 2014 keine Nachsicht mehr geben und teuer werden.

Für säumige Beitragszahler in der privaten Krankenversicherung wurde zudem ein Notlagentarif eingeführt. Dieser enthält einen reduzierten Leistungsumfang, stellt jedoch die Akutversorgung sicher. Er kostet um die 100 € im Monat. Dieser Tarif ist für vorübergehende finanzielle Engpässe gedacht. Wenn es den Betroffenen finanziell wieder besser geht, haben sie Anspruch darauf, wieder zurück in ihren alten Vollkostentarif zu wechseln. „Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zum Basistarif“, macht Heyer aufmerksam. Die Versicherer müssen im Bedarfsfall ihre Kunden über den Notlagentarif informieren. „Uns wundert, dass es bei uns und auch in den anderen Verbraucherzentralen dazu bisher keine Verbraucheranfragen gab“, sagt Heyer. „Das lässt die Vermutung aufkommen, dass die Versicherungsunternehmen bis Ende Oktober keine schriftlichen Informationen über den Notlagentarif herausgeschickt haben.“ An der Hotline der Verbraucherzentrale Sachsen können sich Ratsuchende auch über dieses Produkt informieren.

Menschen, die sich bisher nicht krankenversichert haben, weil sie hohe Prämien- oder Säumniszuschläge fürchteten und Personen, die in der privaten Krankenversicherung schon Beitragsschulden angehäuft haben, sollten sich jetzt bei der Verbraucherzentrale Sachsen informieren, wie sie ohne solche großen finanziellen Lasten in das neue Jahr starten können. Noch bis zum 31.12.2013 besteht auf Grund einer aktuellen gesetzlichen Regelung die Möglichkeit, dass Schulden erlassen werden bzw. auf Prämienzuschläge verzichtet wird. Die Verbraucherzentrale Sachsen bietet deshalb Betroffenen am Mittwoch, dem 27.11.2013 in der Zeit von 9 bis 17 Uhr unter der Rufnummer 0180-2-55 66 11 (0,06 € pro Anruf aus dem deutschen Festnetz, Mobilfunk max. 0,42 €/Min) ihren Rat an.

Am 22-11-2013

Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) - erhebliche Mehrkosten

Zusatzbeiträge belasten Versicherte

Den deutschen Beitragszahlern drohen in den kommenden Jahren erhebliche Mehrkosten. Mit ihrem Vorstoß, den Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) die Erhebung fakultative Zusatzbeiträge zu ermöglichen, treibt die Große Koalition nach Ansicht des BDH Bundesverband Rehabilitation die Kostenspirale in der Gesundheitspolitik auf Kosten der Versicherten unnötig an. Experten rechnen mit Zusatzbeiträgen, die durchaus bei 1,5 Prozent liegen könnten und eine zusätzliche, einkommensbezogene Belastung von 17 bis zu 40 Euro im Monat nach sich ziehen. Die Vorsitzende des Sozialverbandes, Ilse Müller, warnt davor, die Weiterentwicklung der medizinischen Versorgung ausschließlich Beitragszahlern aufzubürden: „Deutschland benötigt vor dem Hintergrund seiner besonderen Demografie einen nachhaltigeren Kurs in der Gesundheitspolitik, der nur gesamtgesellschaftlich geschultert werden kann. Gegenwärtig fahren wir auf Sicht und betreiben eine Medizin nach Kassenlage, was aus unserer Sicht nicht akzeptabel ist. Mit Kürzungen der Bundeszuschüsse verlagert sich die Sparpolitik des Bundes auf die Ebene der Gesundheitsversorgung und blendet so die wachsenden finanziellen und qualitativen Herausforderung der medizinischen Versorgung der alternden Bevölkerung aus.“

Der Bonner Sozialverband plädiert für ein verstärktes Engagement des Bundes zur Förderung von Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation, wie sie in den verbandseigenen Kliniken weiterentwickelt wird. „Wir müssen verstärkt auf Präventionsangebote setzen und das frühzeitige Ausscheiden der Menschen aus dem Erwerbsleben, wo immer es möglich ist, verhindern. Für uns gilt das bewährte Prinzip: Reha vor Rente. Nur so lässt sich das jährliche Defizit in den Kassen dauerhaft reduzieren“, so Müller. In einem ersten Schritt empfiehlt der BDH die Streichung des Reha-Deckels, der einer ernst gemeinten Verankerung medizinischer Rehabilitation im Wege steht. Allerdings fehlt den Krankenkassen der finanzielle Anreiz zur Finanzierung von Reha-Maßnahmen, weshalb die Verantwortung vielfach an die Pflegeversicherung weitergereicht wird. Dem Schnittstellenproblem könne mit einem finanziellen Ausgleich zwischen Pflege- und Krankenversicherung begegnet werden, der die Aufwendungen der Kassen für Rehabilitationsleistungen kompensiert. Nach Angaben der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) liegt das jährliche Defizit der Kassen bei vier Milliarden Euro. Sie benötigen erheblich breiteren Spielraum, um das Thema der Rehabilitation gesellschaftlich verankern zu können.

Am 03-01-2014

Gesetzliche Krankenversicherung: Wer Einkommensnachweise nicht vorlegt, zahlt Höchstbeitrag

Verbraucherzentrale: ‚Strafeinstufung‘ unsozial

Hannover, 04.01.2017. – Für die Beitragsberechnung der gesetzlichen Krankenkasse ist das Einkommen maßgeblich. Legen freiwillig Versicherte keine Einkommensnachweise vor, wird automatisch der Höchstbetrag fällig. Was nach einer einfachen Regelung aussieht, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung schlicht als unsozial: Die Sanktion trifft Versicherte mit geringen Einkünften unverhältnismäßig hart. Die Verbraucherzentrale Niedersachen fordert daher eine Nachbesserung der gesetzlichen Regelung. * Gesetz sieht Höchstbetrag vor, wenn Einkommensnachweise fehlen * Belastung unverhältnismäßig für Versicherte mit geringem Einkommen * Verbraucherzentrale fordert Nachbesserung der gesetzlichen Regelung

Auch bei Personen, die nicht sozialversicherungspflichtig angestellt sind, richtet sich der Beitrag für die gesetzliche Krankenkasse nach den Einkünften. Sie sind verpflichtet, Einkommensnachweise auf Verlangen der Krankenkasse vorzulegen und Änderungen unverzüglich mitzuteilen. Kommen sie dieser Aufforderung nicht nach, sieht der Gesetzgeber eine Zwangseinstufung in die höchste Beitragsklasse vor. Für Versicherte, die regulär nur den Mindestbeitrag zahlen müssten, bedeutet dies eine rund vierfache Belastung.

Fallbeispiel: Herr P. aus Hannover zahlt seit Jahren den Mindestbeitrag der gesetzlichen Krankenkasse. Durch eine Krebserkrankung ist er gesundheitlich stark beeinträchtigt. Im Herbst 2015 kümmert er sich nicht mehr um seine Angelegenheiten, reagiert nicht auf Post. Mehrere Aufforderungen seiner Krankenkasse, Einkommensauskünfte vorzulegen, bleiben unbeantwortet. Die Folge: Ab 1. Oktober 2015 berechnet die Krankenkasse den Höchstsatz. Dieser liegt mehr als viermal so hoch wie der eigentlich zu zahlende Beitrag. Nach Besserung seines Zustandes legt Herr P. die geforderten Nachweise vor und zahlt ab März 2016 wieder den Mindestbeitrag. Seiner Bitte, rückwirkend den Beitragssatz zu reduzieren, kommt die Krankenkasse nicht nach. Herrn P. ist damit eine Mehrbelastung in Höhe von rund 2.818 Euro entstanden (3.654 statt 837 Euro).

„Die Krankenkasse hat rechtskonform gehandelt. Die gesetzliche Regelung sieht die Höchsteinstufung vor, sofern Versicherte Einkommensnachweise nicht oder verspätet vorlegen“, erklärt Kai Kirchner, Gesundheitsexperte der Verbraucherzentrale Niedersachsen.

„Unserer Ansicht nach hat der Gesetzgeber jedoch übersehen, dass diese ‚Strafeinstufung‘ Versicherte mit sehr niedrigen Einkünften besonders hart trifft“, so Kirchner. Mit steigendem Einkommen wird der Unterschied zwischen errechnetem Beitrag und Höchstsatz immer geringer – die Höchsteinstufung wird für den Versicherten damit weniger belastend. „Das Versäumnis ist in allen Fällen gleich zu bewerten. Menschen mit geringen Einkünften werden jedoch unverhältnismäßig stark sanktioniert. Hier sollte der Gesetzgeber nachbessern“, sagt Kirchner.

Eine gerechtere Lösung wäre etwa ein Strafzuschlag von 20 Prozent auf den regulären Beitrag. Zudem sollte die Berechnung auch rückwirkend nach den tatsächlichen Einkünften erfolgen, sofern Versicherte die notwendigen Unterlagen nachreichen.

Am 04-01-2017

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